Aureol: Nefilim KI 5 (German Edition)
meinen Gewohnheiten entsprach. Am nächsten Morgen suchte ich sie in der Krankenstation auf und freute mich über ihren Zustand. Sie sah um einiges besser aus und saß aufrecht im Bett, als ich den Raum betrat.
»Die Medi-Liege will mich rauswerfen. Ich soll im Laufe der nächsten Tage täglich zur Untersuchung kommen, aber ich habe die Nachwirkungen des Giftes überstanden.« Sie machte eine Pause und legte die Ohren an. Ein unverständlicher Fluch zischte zwischen ihren Lippen hervor. »Ein Berührungsgift? Dieser ...« Sie gab einen Kraftausdruck von sich, der mir geläufig war und sich auf die Unterstellung der wiederholten Ausübung autoerotischer Praktiken bezog.
»Was war das überhaupt für eine Schachtel?«
Sieraas Gesicht zeigte einen Ausdruck, den ich als verletzlich einstufte. »Sie enthielt ein Schmuckstück, das ich ihm vor langer Zeit geschenkt hatte, das er mir bei seinem letzten Besuch zurückgab.«
»Rache?«
»Mehr als das. Sterbe ich hier, wird er eine Wiedererweckung durchführen.«
Ich schürzte die Lippen und sah Sieraa in die Augen. Sie hielt meinem Blick stand und nickte dann resignierend, meine Gedanken erratend.
»Ja. Es ist möglich, dass er eine zweite Version von mir wiedererweckt, ohne dass ich ...« Sie machte eine flatternde Bewegung mit der Hand.
»Was dann? Ich meine, was bedeutet das für dich, von den emotionalen Konsequenzen mal abgesehen.«
Sieraa überlegte. »Er könnte behaupten, dieser Körper hätte einen irreparablen Defekt und ich wäre nicht zurechnungsfähig. Das würde mich aus der Bruderschaft ausschließen und meine neue Inkarnation an meine Stelle setzen. Ich würde alles verlieren, meine Stellung, meinen Einfluss, selbst Ranupa.«
Sieraa hielt sich die Hände vor das Gesicht und gab einen wimmernden Laut von sich. Ihre Schultern bebten, sie schien förmlich in sich zusammenzusinken. Ich setzte mich auf die Bettkante. Nach einer Weile schien sie sich wieder gefangen zu haben, wirkte aber leer und erschöpft.
»In der Luftschleuse ... du warst nahe dran, einfach deinen Helm zu öffnen, oder?«
Sieraa ließ den Kopf zur Seite sinken und sah mich nicht an, als sie sprach. »Ich spürte das Gift, bevor es seine Wirkung vollständig entfaltete und wusste, was er getan hat. Ich war nicht bei Sinnen und erinnere mich kaum daran, was mir dann durch den Kopf ging.«
»Wie wäre es damit: Wir bringen dich in deine Kabine, wo du in Ruhe schlafen kannst und wenn du morgen aufwachst, zeige ich dir, was ein Frühstück im Bett ist.«
Sie grinste schief. »Ein was?«
»Lass dich überraschen!«
Ich half Sieraa von der Liege und sie ging mit wackeligen Schritten neben mir. Ich bot ihr meinen Arm, aber sie bestand darauf, es alleine bis zu ihrer Kabine zu schaffen. Als sie den Weg mit Mühe gemeistert hatte, sackte sie erschöpft in ihr Bett. Ich befahl Zweiundvierzig, ihre Vitalfunktionen zu überprüfen, sie bei Problemen sofort in die Krankenstation zu bringen und mich zu alarmieren. Als ich die Kabine verließ, hatte sie sich bereits unter der Decke zu einer Kugel zusammengerollt und die Augen geschlossen.
Nach der künstlichen Schiffsnacht, die durch eine veränderte Beleuchtungseinstellung in der gesamten Dilisa bemerkbar gewesen war, erwachte ich nach wenigen Stunden unruhigen Schlafs und eilte mit einem Becher Kaffee in der Hand auf die Brücke. Wir näherten uns der Welt Huu, dem fünften Planeten im System. Die kleine grüne Kugel war teilweise von weißen Wolken überdeckt und noch zu weit weg, so dass die Sensordaten der Dilisa keine eindeutigen Aussagen zuließen. Funkaktivitäten hatte ich bisher keine festgestellt und meine Hoffnung, hier auf meine Gefährten zu treffen, war nicht besonders hoch, nachdem eigentlich nichts für ihre Anwesenheit sprach. Dann ertönte ein akustisches Signal in der Funkstation. Sofort eilte ich dorthin und verschüttete etwas Kaffee auf dem Weg. Hektisch flogen meine Finger über die ungewohnten Bedienelemente, bis ich den Grund für die Warnung sah.
»Ein Notrufsignal?«
Irrationale Ängste schwappten aus den Tiefen meiner Seele hoch und überfluteten meinen Verstand mit Bildern von Susannah und den anderen in einer Notsituation. Ohne langes Überlegen richtete ich die Sensoren aus und versuchte mehr über die Quelle des Signals herauszubekommen. Bei der Funkmodulation handelte es sich um einen Standard, der auch in der Claifex bekannt war, was meine Ängste zusätzlich schürte. Ich atmete tief durch und beruhigte
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