Aureol: Nefilim KI 5 (German Edition)
zu vermuten. Es sind keine weiteren Maßnahmen nötig.«
Ich stöhnte auf und taumelte zurück. Ich ließ mich auf einer ausklappbaren Sitzfläche nieder und sah auf Sieraas lebloses Gesicht. Die Medi-Liege hatte ihre Augenlider geschlossen. Es war nicht so, dass ich ihr zu diesem Zeitpunkt ein Gefühl besonderer Art entgegenbringen wollte oder auch nur konnte. Nicht, nach allem, was in der Vergangenheit zwischen ihrer anderen Inkarnation und mir geschehen war. Doch der Gedanke, sie zu verlieren, versetzte mir einen Stich. Ich fühlte mich ohnehin allein und verlassen, doch Sieraas Nähe hatte diese Stimmung erheblich besser aufgefangen, als mir bisher bewusst gewesen war. Erst jetzt, wo ich sie verlieren mochte, wurde mir dies klar.
8. Kapitel
Abschied, Wiedersehen und die Momente dazwischen
Der Sprung aus dem Metaraum brachte die Dilisa in das Huu-System. Ich hatte die letzten zwei Tage damit verbracht, mich durch das Bordbuch zu lesen und diverse interaktive Trainingsprogramme durchzuführen. Sieraas Schiff flog sich kinderleicht. Es wäre ein Vergnügen gewesen, stünde nicht ihr baldiger Tod in Aussicht. Ihre Lebenszeichen hatten sich nicht verbessert und nach einer Programmierung der Sensorstation und Funkanlage, die eine automatische Suche nach der Charybdis und anderen Aktivitäten in Gang setzte, verließ ich die Brücke, um zur Krankenstation zu gehen. Sieraas Zustand war unverändert. Das Gift war immer noch nicht vollständig aus ihrem Körper entzogen worden. Selbst ihre enormen Selbstheilungskräfte und die Maßnahmen der Medi-Liege, die höher entwickelt war, als jedes Modell, dass ich je gesehen hatte, kämpften mit jedem Atemzug um ihr Leben. Ich hatte mich in der Datenbank über das Gift informiert und herausgefunden, dass es zu den tödlichsten Substanzen zählte, die über Hautkontakt übertragen werden konnten. Hätten die Gegenmaßnahmen auch nur fünf Minuten später eingesetzt, wäre sie unweigerlich über die letzte Grenze gegangen.
Ich saß lange dort auf dem unbequemen Klappsitz und musste irgendwann eingenickt sein. Nach einem traumlosen Tiefschlaf schreckte ich auf und starrte auf eine leere Medi-Liege.
Verlassen.
Was hatte die verfluchte Maschine getan?
»Status!«
»Lebenserhaltungs-Maßnahmen beendet.«
Ich glotzte fassungslos auf das Gerät, die leere Liege, unfähig, den Sinn hinter der Aussage zu begreifen.
Wo war Sieraa?
Eine Stimme hinter mir ließ mich herumwirbeln. »Ich lass dich nicht in Frieden, bis du richtig zu essen gelernt hast«, krächzte Sie.
Ich lachte erleichtert und musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie sah mehr tot als lebendig aus, aber ihre Augen machten den körperlichen Eindruck wieder wett. Sie lächelte schwach und lehnte an einer Wand, eine Decke um die Schultern gewickelt.
»Was turnst du hier herum? Auf die Medi-Liege mit dir!«
»Ich musste dringend und hatte dieses verdammte Gerät leid, dass ...«
»Schon gut, ich verstehe.«
Ich half ihr dabei, auf die Medi-Liege zurückzuklettern und wickelte sie in die Decke ein, die sie einem Wandfach entnommen hatte. Ich holte ein Kissen daraus hervor und stützte ihren Kopf.
»Kannst du mir etwas Wasser bringen?«
»Hast du Hunger?«
»Ja, aber mir ist übel. Ich warte lieber noch, bis das wieder weg ist.«
Ich orderte eine Wasserflasche mit Trinkhalm im Replikator und half ihr beim Trinken. Der Blick, den sie mir dabei zuwarf, war eigenartig.
»Was ist es bloß mit euch Kalimbari oder soll ich Kzistaha sagen?«
»Was meinst du?«
»Essen und so weiter.«
»Lies es nach. Keine Lust auf Erklärungen.«
Sie fiel in einem tiefen Schlaf und ich ließ sie in Ruhe. Unendlich erleichtert verließ ich die Krankenstation und suchte meine Kabine auf. Ich orderte ein kräftiges Gericht, das von einem schwarzen Loch in meiner Magengegend aufgesogen wurde, und setzte mich danach mit einem Kaffee in der Hand vor einen Sichtschirm. Die Datenbank vermittelte mir eine verwirrende Menge an Informationen zum Thema Essen und Kzistaha. Es schien, dass es eine starke Verbindung aus sozialen Aktivitäten und Nahrungsaufnahme gab, die von Feindschaft bis Paarung reichte und so ziemlich mit jedem Bereich der Kultur der Kzistaha und damit auch der Kalimbari verbunden war. Ich war nach zweistündigem Lesen kaum schlauer als zuvor, fragte mich aber, wie Sieraa zu unserem gemeinsamen Abendessen stand. Womöglich sah sie es aber auch nicht so eng, schließlich hatte sie versucht, mir einen Rahmen zu geben, der
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