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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Stunden am Tag beschatten können. Sie sind keine Profis, aber er ist einer. Ich mache mir Sorgen, Juri Semjonowitsch. Sie haben wahrscheinlich nicht die leiseste Ahnung, verfolgt zu werden, bis er zuschlägt.«
    Arsenjew stöhnte.
    »Haben Sie ein Telefon dabei?«
    »Natürlich.« Suworin griff in seine Tasche und zog es heraus.
    »Abhörsicher?«
    »Angeblich.«
    »Rufen Sie bitte mein Büro an.« Suworin tippte die Nummer ein.
    »Wo ist die Rapawa?« sagte Arsenjew.
    »Ich habe sie von Bunin nach Hause bringen lassen. Ich habe einen Wachtposten abgestellt, zu ihrem Schutz. Sie ist in keiner guten Verfassung.«
    »Das hier haben Sie vermutlich gesehen?« Arsenjew zog ein Exemplar der neuesten Ausgabe der Aurora aus der Sitztasche. Suworin sah die Schlagzeile: GEWALT IST UNVERMEIDLICH.
    »Ich habe es in den Nachrichten gehört.«
    »Sie können sich bestimmt vorstellen, wie freudig das aufgenommen worden ist…«
    »Hier«, sagte Suworin und streckte ihm das Telefon entgegen.
    »Ihr Büro.«
    »Sergo?« sagte Arsenjew. »Ich bin’s. Können Sie mich mit dem Büro des Präsidenten verbinden?… Richtig. Benutzen Sie die zweite Nummer.« Er legte die Hand über die Sprechmuschel. »Sie sollten sich jetzt auf den Weg machen. Nein. Warten Sie. Sagen Sie mir, was Sie noch brauchen.«
    Suworin spreizte die Hände. Er wußte kaum, wo er anfangen sollte. »Vielleicht könnte die Miliz oder sonst jemand da oben in Archangelsk sämtliche Safanows oder Safanowas ausfindig machen, bevor ich ankomme. Das wäre ein Anfang. Ich brauche ein paar Leute, die mich am Flughafen in Empfang nehmen. Und dann brauche ich einen Wagen. Und einen Unterschlupf.«
    »Geht in Ordnung. Seien Sie vorsichtig, Felix Stepanowitsch. Ich hoffe…« Aber Suworin erfuhr nie, was der Oberst hoffte, weil Arsenjew plötzlich warnend einen Finger hob. »Ja… Ja, ich bin bereit.« Er holte tief Luft und zwang sich ein Lächeln ab; wenn er hätte aufstehen und salutieren können, dachte Suworin, dann hätte er auch das getan. »Guten Tag, Boris Nikolajewitsch…«
    Suworin stieg leise aus dem Wagen.
    Der Tanker war von dem kleinen Flugzeug abgekoppelt worden, und der Schlauch wurde aufgerollt. Unter den Tragflächen waren irisierende Ölpfützen zu sehen. Aus der Nähe betrachtet sah die verbeulte, rostgeplagte Tupolew sogar noch älter aus, als er erwartet hatte. Mindestens vierzig Jahre. Sogar noch älter als er. Heilige Muttergottes, was für eine Kiste!
    Zwei Mann vom Bodenpersonal beobachteten ihn ohne eine Spur von Neugierde.
    »Wo ist der Pilot?«
    Einer der Männer deutete mit dem Kopf auf das Flugzeug. Suworin kletterte die Trittstufen hinauf und in den Rumpf. Drinnen war es kalt und roch wie in einem alten Bus, der seit Jahren nicht mehr bewegt worden war, Die Tür zum Cockpit stand offen. Er konnte sehen, wie der Pilot Schalter hoch und niederdrückte. Er zog den Kopf ein, ging nach vorn und tippte ihm auf die Schulter. Der Flieger hatte ein dickliches Gesicht, dessen tiefporiges, trübäugiges, blutunterlaufenes Aussehen auf einen starken Trinker schließen ließ. Großartig, dachte Suworin. Sie gaben sich die Hand.
    »Wie ist das Wetter in Archangelsk?«
    Der Pilot lachte. Suworin konnte den Alkohol riechen: Er hatte nicht nur eine Fahne aus dem Mund, er schwitzte den Alkohol förmlich aus. »Wenn Sie’s riskieren wollen, tue ich es auch.«
    »Sollten wir nicht einen Navigator oder einen Kopiloten dabeihaben?«
    »Es ist niemand verfügbar.«
    »Großartig. Klasse.«
    Suworin ging nach hinten und setzte sich. Ein Triebwerk hustete und sprang an, indem es schwarzen Qualm ausstieß, das andere folgte. Er stellte fest, daß Arsenjews Limousine bereits verschwunden war. Die Tupolew wendete und rollte über das leere Vorfeld auf die Startbahn zu. Dann wendete sie abermals, das sägeartige Heulen der Propeller wurde erst leiser, dann lauter, lauter, immer lauter. Der Wind peitschte den Regen wie schmutzige Wäsche in waagerechten Bahnen über den Beton. Er konnte die schmalen Stämme von Silberbirken am Rande des Flugplatzes sehen, so dicht beieinander, daß sie aussahen wie eine weiße Palisade. Er schloß die Augen – es war töricht, Angst vor dem Fliegen zu haben, aber so war es nun einmal, die hatte er schon immer gehabt –, und jetzt schossen sie auch schon los, rüttelten und schwankten die Rollbahn entlang, er wurde in seinen Sitz gepreßt, dann noch ein Schlingern, und sie hatten abgehoben.
    Er öffnete die Augen. Das Flugzeug stieg über

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