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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Barmann zeigte Interesse. »Wo kann ich Rapawa finden«, schrie Kelso.
    Der Schein wurde sorgfältig zusammengefaltet und verschwand in der Brusttasche des Barmanns. »Später«, sagte der junge Mann. »Okay? Ich sage Bescheid.«
    »Wann?«
    Aber der junge Mann grinste nur und bewegte sich ans andere Ende der Bar.
    »Haben Sie versucht, den Barmixer zu bestechen?« sagte eine amerikanische Stimme neben Kelso. »Das ist clever. Damit Sie vorrangig bedient werden und Eindruck auf die Damen machen? Hallo, Dr. Kelso. Erinnern Sie sich an mich?«
    Das flackernde Licht warf Farbflecke auf ein gutgeschnittenes Gesicht, und Kelso brauchte ein paar Sekunden, bevor er es einordnen konnte. »Mister O’Brian«, sagte Kelso. Ein Fernsehreporter. Großartig! Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
    Sie gaben sich die Hand. Die Handfläche des jungen Mannes war fleischig und feucht. Er trug seine Freizeituniform – gebügelte Bluejeans, weißes T-Shirt, Lederjacke –, und Kelso registrierte breite Schultern, einen entsprechenden Brustkorb und dichtes Haar, das pomadig schimmerte.
    O’Brian deutete mit seiner Flasche auf die Tanzfläche. »Das neue Rußland«, brüllte er. »Man kauft sich, was immer man haben will, und es ist immer jemand da, der es verkauft. Wo wohnen Sie?«
    »Im Ukraina.«
    O’Brian verzog das Gesicht. »Dann empfehle ich Ihnen, Ihr Geld für später aufzuheben. Sie werden es noch für Bestechungen brauchen. Im alten Ukraina sind die Sitten sehr streng. Und diese Betten dort…!« O’Brian schüttelte den Kopf und leerte seine Flasche. Kelso lächelte und trank ebenfalls.
    »Sonst noch Ratschläge?« schrie er.
    »Massenhaft, wenn Sie schon fragen.« O’Brian bedeutete ihm, näher zu kommen. »Die Guten verlangen sechshundert. Bieten Sie zwei. Einigen Sie sich auf drei. Und wir reden hier von der ganzen Nacht, vergessen Sie das nicht, also halten Sie einen Teil des Geldes zurück. Sagen wir, als weiteren Anreiz.
    Und hüten Sie sich vor den ganz tollen Mädchen, denn die könnten jemandem gehören. Wenn der andere Mann Russe ist, dann Hände weg. Das ist sicherer, und es gibt massenhaft andere – schließlich reden wir hier nicht von Partnerinnen fürs Leben. Ach ja, und sie machen keine Dreier. Grundsätzlich nicht. Das sind anständige Mädchen.«
    »Ach, wirklich?«
    O’Brian sah ihn an. »Sie kapieren nicht, was, Professor? Das hier ist kein Bordell. Anna hier« – er legte den Arm um die Taille eines blonden Mädchens, das neben ihm stand, und benutzte seine Bierflasche als Mikrophon –, »Anna, erzähl dem Professor, womit du dir deinen Lebensunterhalt verdienst.«
    Anna sprach feierlich in die Flasche. »Ich vermiete Büros an skandinavische Firmen.«
    O’Brian küßte sie auf die Wange, knabberte an ihrem Ohr und gab sie dann frei. »Galina dort drüben – die Magere in dem blauen Kleid –, die arbeitet an der Moskauer Börse. Wen gibt es sonst noch? Verdammt, wenn man ein paarmal hier gewesen ist, sehen sie alle gleich aus. Natalja, die, mit der Sie draußen gesprochen haben – o ja, ich habe Sie beobachtet, Professor, mir können Sie nichts vormachen –, Anna, Darling, was macht Natalja?«
    »Comstar, R. J.«, sagte Anna. »Natalja arbeitet doch für Comstar, schon vergessen?«
    »Nein, natürlich nicht. Und wie heißt das kluge Kind, das an der Universität studiert? Die Psychologin, du weißt doch…«
    »Alissa.«
    »Alissa, richtig. Ist Alissa heute abend hier?«
    »Jemand hat sie erschossen, R. J.«
    »Großer Gott! Wirklich?«
    »Weshalb haben Sie mich draußen beobachtet?« fragte Kelso.
    »Das gehört wohl zum Geschäft. Wenn man Geld machen will, muß man Risiken eingehen. Dreihundert pro Nacht. Sagen wir, drei Nächte pro Woche. Macht neunhundert Dollar. Davon gehen dreihundert für Protektion ab. Bleiben immer noch sechshundert. Zwanzigtausend Dollar im Jahr – das ist nicht schlecht. Wieviel ist das? – das Siebenfache des durchschnittlichen Jahreslohns? Und keine Steuern. Dafür muß man gelegentlich bezahlen. Risiken eingehen. Das ist ungefähr dasselbe, wie wenn man auf einer Ölbohrinsel arbeitet. Ich spendiere Ihnen ein Bier, Professor. Weshalb hätte ich Sie nicht beobachten sollen? Schließlich bin ich Reporter. Jeder, der hierher kommt, beobachtet alle anderen. Was heute nacht an Kunden hier ist, ist ungefähr eine halbe Milliarde Dollar schwer. Und das sind nur die Russen.«
    »Mafia?«
    »Oh, nur Geschäftsleute. Genau wie überall auf der Welt.«
    Die Tanzfläche war

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