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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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dann die Bettdecke ab, zog sich an, packte seine Sachen – was nicht lange dauerte – und setzte sich mit dem Gesicht zur Tür auf einen der Schaumgummisessel. Er registrierte kurz, daß der andere Sessel offenbar immer noch leicht vom Gewicht des armen Papu Rapawa leicht eingedrückt und der Bezug zerknittert war.
    Um Viertel nach zehn schloß Kelso, den Koffer in einer Hand und den Regenmantel über dem Arm, seine Zimmertür auf, nahm die Kette ab, vergewisserte sich, daß der Gang leer war, nahm seine Tasche auf und fuhr dann mit dem Fahrstuhl hinunter in das Gewimmel im Erdgeschoß.
    Er gab seinen Schlüssel an der Rezeption ab und war gerade im Begriff, sich abzuwenden und auf den Ausgang zuzusteuern, als ein Mann »Professor!« rief.
    Es war O’Brian, der vom Zeitungsstand herbeieilte. Er trug immer noch die Kleidung wie zuvor – die Jeans allerdings nicht mehr ganz so unzerknittert und das T-Shirt nicht mehr ganz so weiß. Unter seinem Arm klemmten zwei Zeitungen. Er hatte sich nicht rasiert. Im Tageslicht wirkte er irgendwie größer.
    »Morgen, Professor. Was gibt’s Neues?«
    Kelso unterdrückte ein tiefes Stöhnen und schaffte es irgendwie, ein Lächeln aufzusetzen. »Ich reise ab.« Er hielt Koffer, Tasche und Mantel hoch.
    »Das ist aber wirklich schade. Ich werde Ihnen mit dem Gepäck helfen.«
    »Nicht nötig.« Er wollte um O’Brian herumgehen.
    »Wirklich.«
    »Nun seien Sie mal nicht so.« Die Hand des Amerikaners schoß vor, packte den Koffergriff und drängte dabei Kelsos Finger beiseite. In Sekundenschnelle hatte O’Brian den Koffer. Er beförderte ihn mit einer flinken Bewegung in die andere Hand und hielt ihn von Kelso weg. »Wohin, der Herr? Nach draußen?«
    »Was zum Teufel soll das?« Kelso folgte ihm. Die Leute im Foyer schauten ihnen interessiert nach. »Geben Sie mir meinen Koffer wieder…«
    »War doch gestern eine tolle Nacht, was? Dieses Lokal! Diese Mädchen!« O’Brian schüttelte im Gehen den Kopf und grinste.
    »Und dann ziehen Sie los und finden diese Leiche und all das – muß ein gewaltiger Schock für Sie gewesen sein. Passen Sie auf, Professor, jetzt geht’s hinaus.«
    Er ließ sich von der Drehtür hinausschieben, und Kelso folgte ihm nach kurzem Zögern. Als er an der anderen Seite herauskam, hatte O’Brian eine ernste Miene aufgesetzt.
    »Okay«, sagte der Amerikaner, »wir wollen nicht länger um den heißen Brei herumreden. Ich weiß, was Sache ist.«
    »Ich nehme meinen Koffer jetzt selbst, vielen Dank.«
    »Ich habe mich gestern abend dazu entschlossen, vor dem Robotnik herumzulungern. Auf die Freuden des Fleisches zu verzichten.«
    »Meinen Koffer…«
    »Sagen wir, ich hatte eine Vorahnung. Habe gesehen, wie Sie mit der Frau verschwunden sind. Habe gesehen, wie Sie sie geküßt haben. Habe gesehen, wie sie Sie geschlagen hat – worum ging es dabei eigentlich? Habe gesehen, wie Sie in ihren Wagen eingestiegen sind. Habe gesehen, wie Sie in den Wohnblock gegangen sind. Habe gesehen, wie Sie später wieder herausgerannt kamen, als wären die Höllenhunde hinter Ihnen her. Und dann habe ich gesehen, wie die Polizei kam. Oh, Professor, Sie sind schon ein komischer Kerl. Sie stecken voller Überraschungen.«
    »Und Sie sind ein Widerling.« Kelso versuchte, möglichst unbeteiligt zu wirken, und zog sich seinen Regenmantel über.
    »Was wollten Sie überhaupt im Robotnik? Und sagen Sie bloß nicht, daß Sie nur rein zufällig dort waren.«
    »Ich gehe öfter ins Robotnik«, sagte O’Brian. »So mag ich nun einmal meine Beziehungen: auf rein geschäftlicher Basis. Weshalb eine Frau für umsonst, wenn man für eine bezahlen kann, so sehe ich das.«
    »O Mann.« Kelso streckte die Hand aus. »Und jetzt geben Sie mir meinen Koffer.«
    »Okay, okay.« O’Brian warf einen Blick über die Schulter. Der Bus parkte am üblichen Ort und wartete darauf, die Historiker zum Flughafen zu befördern. Moldenhauer machte ein Foto von Saunders mit dem Hotel im Hintergrund. Olga beobachtete sie wohlwollend. »Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, es war Adelman.«
    Kelso kniff ungläubig die Augen zusammen. »Adelman? «
    »Ja, gestern beim Symposium, in der Frühstückspause, habe ich Adelman gefragt, wo Sie wären, und er hat mir gesagt, Sie wären hinter irgendwelchen Papieren von Stalin her.«
    »Das hat Adelman gesagt?«
    »Sie wollen doch nicht etwa behaupten, Sie hätten Adelman vertraut?« O’Brian grinste. »Wenn ihr Leute einen Knüller wittert, dann laßt ihr die

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