Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)

außer mir, was Aurora bedeuten könnte? Wenn es ein Synonym
ist, wofür könnte es stehen?“ Schweigen tat sich auf, keiner sagte ein Wort.
    „Ich möchte nun von jedem von euch wissen, was er
bei dem Begriff „Aurora“ assoziiert. Was geht euch dabei durch den Kopf?“,
stieß Hanson nach.
    „Aurora? Aurora, ist das nicht die römische
Göttin der Morgenröte?“, warf Jutta Einemann schüchtern ein.
    „Stimmt“, quittierte Hanson.
    „Der Panzerkreuzer „Aurora“ hat am 25. Oktober
1917 das Feuer auf das zaristische Winterpalais in St. Petersburg eröffnet“,
schaltete sich Haller ein, „und hat damit die Oktoberrevolution in Russland
ausgelöst“.
    „Nein, nein, das war der Panzerkreuzer „Fürst
Potemkin“, hielt Pelka aus Kiel dagegen.
    „Quatsch, Jürgen“, unterbrach Haller, „die
Matrosen der „Potemkin“ haben kurz vor dem russisch-japanischen Krieg im
Schwarzmeerhafen Odessa eine Meuterei angezettelt. Das Fanal für die
Bolschewiken zur Oktoberrevolution hat die „Aurora“ in St. Petersburg gesetzt.
Die russische Revolution war ein prägender Teil unseres Geschichtsunterrichts
in der DDR, verlass dich darauf, die Aurora hat ...“
    Die Kommissionsraumstür in Kiel öffnete sich.
Peters schlich herein und murmelte eine Entschuldigung, die aber keiner in Kiel
zu hören schien. Hansons Gedanken hingen noch Hallers Erklärungen hinterher.
    „Juri, Moment mal, was haben Sie gerade
gesagt?“, meldete sich Hanson zurück.
    „Dass die Matrosen der „Potemkin“ in Odessa
geputscht haben und die „Aurora“ das Palais des Zaren beschossen hat“.
    „Nein, nein, Sie benutzten einen Begriff für den
Beschuss“.
    „Äh, ... ’tschuldigung Chef, worauf wollen Sie
hinaus?, ich weiß nicht, was Sie meinen“.
    „Na, was hat die „Aurora“ mit den Schüssen
bewirkt?“
    „Sie hat die Revolution damit ausgelöst, hat
gleichsam das Fanal zur Revolution gesetzt“.
    „Prima, Juri, das wollte ich hören“, antwortete
Hanson erleichtert. Es war, als hätte ihm jemand eine Tür aufgestoßen. Aurora
war im gesamten Ostblock ein symbolträchtiger Begriff gewesen.
    „Chef, wir fragen uns alle, was wollten Sie
hören?“, wandte Haller mit hochgezogenen Brauen ein.
    „Na, ist doch klar. Die „Aurora“ hat das Fanal
zur russischen Oktoberrevolution gesetzt. Ich fühle es, die Protokolle sind mit
Bedacht „Aurora-Protokolle“ genannt worden. Ich fürchte, die
Nachfolgeorganisation des KGB oder eine andere rückwärtsgerichtete Kraft in
Russland will uns, der Welt oder Gott weiß wem, ein Zeichen geben, ein neues
Fanal setzen? Sowohl die Kieler Gruppe als auch die in Berlin sahen sich
verwundert an.
    In Hanson Kopf rasten die Gedanken. Wo und wie
soll das Zeichen gesetzt werden? Wird es ein politisches Fanal sein oder gar
ein militärisches? Doch wohl kein atomares Fanal. Vielleicht aber ein
biologisches oder gar ein chemisches Fanal? Gegen wen oder was wird sich dann
die Gewalt richten? Etwa gegen Städte, gegen Menschen, gegen Fabriken oder
Kraftwerke? Ist Kiel der Ort? Vielleicht ist sogar die Kieler Woche im Visier
dieser Spinner?
    Wie verletzlich ist eine
Hochtechnologie-Gesellschaft? Wie kann man sie ins Chaos stürzen? Wo setzt man
den Hebel an? Der Ausfall von Rechenzentren und Kommunikationssträngen würde
die Republik in ein Chaos versetzen. Nichts aber auch gar nichts würde mehr
funktionieren.
    „Herrschaften, ich fürchte, wir stehen erst am
Anfang unserer Ermittlungen. Die Ermordung des Staatssekretärs diente einem
völlig anderen Ziel, nämlich diesem verdammten Fanal, was in naher Zukunft noch
gesetzt werden soll. Wir wissen einfach zu wenig, um zu wissen, wie dieses
Fanal aussehen könnte und wo es wann gesetzt werden soll. Wir sollten alle
alarmiert sein. Wenn ich alle bisherigen Geschehnisse ins Kalkül mit einbeziehe
und alles noch einmal überdenke, alle Morde, auch die perfiden Giftmorde durch
den ehemaligen KGB-Oberst, unser Telefonat mit Moskau und nun die
Aurora-Protokolle und nicht zuletzt dieses siegessichere Grinsen des Agenten,
bin ich aufs Äußerste beunruhigt ...“
    Hanson hielt inne, die Ereignisse der letzten
Tage flogen nur so vorüber.
    „Alle Morde“, fuhr er fort, „fallen nicht, ich
betone nicht, in die sonst gängigen Kategorien. Ich fürchte, sie werden zu
einer internationalen Angelegenheit. Irgendwann, irgendwo wird die Büchse der
Pandora geöffnet, ich weiß es“.
    Es entwickelte sich eine leidenschaftliche
Diskussion. Einige sahen wie