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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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das zu gefährlich.«
    »Ich bin dafür, dass wir uns einfach Thesigers Gendar-
    men ausliefern«, erklärte Caillebot. »Was schert es uns, ob es Maschinen oder Menschen sind? Sie werden uns schon
    In ihre Obhut nehmen.«
    »Sagen Sie es ihnen«, verlangte Parnasse und nickte Thalia zu.
    Ihr Mund war trocken. Sie wünschte sich in Gedanken
    weit weg von hier, fort aus dieser beklemmenden Lage, in der sie nur eine kaputte Hundepeitsche hatte, um sich und Ihre Begleiter zu schützen.
    »Was soll sie uns sagen?«, fragte Meriel Redon mit ängstlicher Stimme.
    Thalia wischte sich die Hände am Saum ihrer Uniform-
    lacke ab. Graue Kiesstaubflecken blieben zurück. »Wir sind In Schwierigkeiten«, sagte sie. »In größeren Schwierigkei-len, als ich Ihnen bisher eingestehen wollte. Aber Bürger Parnasse hat recht - ich kann es Ihnen nicht länger verheimlichen.«
    »Was denn?« fragte Redon.
    »Ich glaube nicht, dass Thesiger die Lage unter Kontrolle hat. Das ist nur eine List, damit die Bürger die Maschinen akzeptieren. Ich vermute, Thesiger ist entweder tot, man hat ihn festgenommen, oder er kämpft um sein Leben. Ich glaube nicht, dass in Aubusson noch menschliche Gendarmen aktiv sind.«
    »Was heißt das?«, beharrte die Frau.
    »Die Maschinen haben das Sagen. Die Servomaten sind
    die neue Obrigkeit. Und sie haben angefangen zu morden.«
    »Das können Sie nicht wissen.«
    »Oh doch.« Thalia strich sich das schweißfeuchte Haar
    aus der Stirn. »Ich habe gesehen, wie sie die Leichen entsorgen. Ich habe einen Mann gesehen ... er war tot. Eine dieser Maschinen hatte ihn getötet. Abgeschlachtet. Und er wurde versteckt, damit wir ihn nicht finden sollten.«
    Cuthbertson holte tief Luft. »Aber ... unser Versuch, von hier wegzukommen ... das war dann doch das Richtige.
    Oder nicht?«

    »Doch«, sagte Thalia. »Aber ich hatte mich geirrt, das
    sehe ich jetzt ein. Ohne Waffen außer einer einzigen Hundepeitsche hätten wir es niemals geschafft. Es war ein Fehler. Mein Fehler, und es tut mir leid. Wir hätten den Turm nicht verlassen sollen.«
    Alle schauten zu der schlanken Säule zurück. Die Kugel
    mit dem Votenprozessor glänzte unverändert vor dem dunstig blauen Pseudohimmel der gegenüberliegenden Habitat-
    wand.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Caillebot.
    »Wir fahren wieder hinauf« sagte Thalia. »So schnell wie möglich, bevor weitere Roboter eintreffen. Und dann verschanzen wir uns.«
    Wenn ihnen das Glück beim Verlassen des Museumsge-
    ländes nicht hold gewesen war, so lächelte es ihnen jetzt.
    Sie standen bald wieder in der schattig kühlen, stillen Eingangshalle, und kein Servomat hatte ihnen den Weg ver-
    sperrt oder sie zu den anderen Gefangenen auf den Rasen getrieben. Für Thalia schienen seit dem Ausfall der Abstraktion und den ersten Hinweisen darauf, dass es sich nicht nur um eine technische Panne handelte, viele Stunden vergangen zu sein. Doch als sie auf die Uhr schaute, stellte sie bestürzt fest, dass sie erst vor knapp vierzig Minuten mit der Installation des Updates fertig geworden war. Für Panoplia wäre sie noch nicht überfällig, es gäbe keinen Anlass, sich Sorgen zu machen. Irgendwann mochte Hilfe kommen,
    aber zunächst - und womöglich für die nächsten Stunden -
    war Thalia ganz auf sich allein gestellt.
    Wie um zu verdeutlichen, wie wenig Zeit verstrichen war, wartete die Fahrstuhlkabine noch immer in der Eingangshalle. Thalia winkte die anderen hinein, die Türen schlossen sich. Sie war ausgebrannt, zu Tode erschöpft. Mit rauer, verwaschener Stimme sagte sie:
    »Hier Unterpräfekt im Außendienst Thalia Ng. Erkennung
    erbeten.«

    Nach einer quälend langen Pause - die in Wirklichkeit
    höchstens den Bruchteil einer Sekunde andauerte - antwortete die Tür:
    »Stimmmuster erkannt, Unterpräfekt Ng.«
    Bring uns nach oben.«
    Nichts geschah. Thalia wartete mit angehaltenem Atem
    sehnsüchtig darauf, dass ihr der Boden mit einem Ruck entgegenkäme. Doch es geschah immer noch nichts.
    »Gibt es Probleme?«, fragte Caillebot.
    Thalia fuhr wie von der Tarantel gestochen zu ihm herum.
    Ihre Müdigkeit war verflogen. »Wonach sieht es denn aus?
    Der Fahrstuhl bewegt sich nicht.«
    »Versuchen Sie's noch einmal«, sagte Parnasse ruhig.
    Könnte sein, dass er Sie beim ersten Mal nicht verstanden hat.«
    »Hier spricht Thalia Ng. Bitte hochfahren.« Aber der
    Fahrstuhl blieb, wo er war. »Hier spricht Unterpräfekt im Außendienst Thalia Ng«, wiederholte sie. »Erkennung

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