Aurora
machen.« Aumonier schloss die Augen und nahm einen tiefen, reinigenden Atemzug, bevor sie sie wieder öffnete. »Können wir
jetzt vielleicht über mich sprechen? Sie sagen, ich bekomme meine Stellung uneingeschränkt zurück?«
»Wenn Sie wollen.«
»Natürlich will ich, verdammt nochmal. Nur das erhält mich am Leben.«
»Es könnte Sie auch töten. In nächster Zeit ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Lage entspannt. Sind Sie sicher, dass Sie das schaffen? Ich wüsste niemanden, den ich in Krisenzeiten lieber an der Spitze dieser Organisation sähe, aber Sie haben Panoplia in den vergangenen elf Jahren
mehr als genug gegeben. Niemand würde Ihnen einen Vor-
wurf machen, wenn Sie diese Runde aussetzen wollten.«
»Ich führe das Kommando.«
»Gut«, rief eine Stimme von der noch immer geöffneten
Zugangswand her. Aumonier erkannte Baudry, die draußen
gewartet hatte.
»Hallo, Lillian«, grüßte sie zurückhaltend.
Baudry machte sich ihrerseits an einer Sicherheitsleine fest und schwebte in den Raum. An Dreyfus' Seite angelangt, orientierte sie sich an seiner Lokalvertikalen. »Ich muss Ihnen etwas sagen, Generalpräfekt. Ich habe Sie im Stich gelassen. Ich kann nicht für Michael Crissel sprechen, aber ich hätte mich an der Intrige, die sich in diesem Raum abspielte, niemals beteiligen dürfen.«
»Präfekt Dreyfus sagte mir, Sie hätten an Rücktritt gedacht.«
»Das ist richtig. Und wenn Sie es wünschen, lege ich mein Amt sofort nieder.«
Aumonier ließ sie warten, bis die Stille so aufgeladen war wie die Luft vor einem Gewitter. »Ich billige nicht, was Sie getan haben, Lillian. Gaffney mag seinen Teil zu der Entscheidung beigetragen haben, mich zu entmachten, aber
Sie hätten sich widersetzen müssen. Es gereicht Ihnen nicht zur Ehre, dass Sie es nicht getan haben.«
»Es tut mir leid«, flüsterte Baudry.
»Das sollte es auch. Und wenn Crissel noch unter uns
wäre, müsste ich ihm das Gleiche sagen.«
»Wir glaubten, das Richtige zu tun.«
»Und dass ich ausdrücklich darum bat, im Amt bleiben
zu dürfen - das konnte Sie gar nicht berühren?«
»Gaffney warnte uns davor, auf Ihre Bitten zu hören, insgeheim sehnten Sie sich danach, endlich abtreten zu dürfen.« In Baudry erwachte der Widerstand. »Wir haben unser Bestes getan. Ich sagte bereits, dass ich mich schäme. Aber damals wusste ich noch nicht, was ich heute über Sheridan weiß. Im Rückblick sieht alles ganz anders aus.«
»Das reicht«, sagte Aumonier und hob beschwichtigend
die Hand. Sie dachte an die vielen harten Jahre, die Lillian Baudry hinter sich hatte. Stets hatte sie, ein tüchtiger und loyaler Oberpräfekt, in ihrem, Janes, Schatten gestanden.
Nie hatte sie Gelegenheit bekommen, ihr Können zu zei-
gen, sich als Führerin zu bewähren. Kein einziges Mal hatte sie es gewagt, eine von Aumoniers Entscheidungen zu hin-terfragen oder zu umgehen. »Was geschehen ist, das ist geschehen. Wenigstens wissen wir jetzt beide, wo wir stehen.
Nicht wahr?«
»Sie haben meine Entschuldigung gehört. Nun warte ich
entweder auf die Aufforderung zum Rücktritt oder auf neue Befehle.«
»Sie könnten sich beide diese Übertragung ansehen«,
sagte Dreyfus. »Bevor Sie vorschnelle Entscheidungen treffen, meine ich.«
»Was für eine Übertragung?«, fragte Baudry.
»Er meint wohl die Fernüberwachung von Haus Aubus-
son«, sagte Aumonier. »Dort tut sich etwas, nicht wahr?«
Dreyfus nickte. »Es hat gerade angefangen.«
»Wir überwachen seit einigen Stunden die thermischen
Emissionen aller vier Habitate«, erläuterte Baudry und fiel dabei mühelos in den sachlichen Tonfall professioneller Neutralität zurück. »Bei zweien, Aubusson und Szlumper
Oneill, wurde Aktivität in den Produktionsanlagen festgestellt. Es scheint, als wären die Montageeinrichtungen auf volle Leistung hochgefahren worden, seit Aurora die Macht übernommen hat. Bisher konnten wir nur vermuten, was
das zu bedeuten habe. Jetzt wissen wir immerhin, dass
Crissels Schiff von mehr Geschützen beschossen wurde, als nach den Plänen, die Aubusson bei Panoplia hinterlegt hat, vorhanden sein dürften. Demzufolge lautet eine Theorie, dass die Anlagen neue Verteidigungssysteme produzieren, um Auroras Kontrolle über die Habitate noch weiter zu festigen.«
»Wie lange würde es dauern, neue Waffen herzustellen
und einzubauen, wenn die Produktionsanlagen mit Stan-
dardleistung arbeiten?«
»Das Vorhandensein von Rohstoffen und
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