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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Bauanleitungen
    vorausgesetzt, nicht mehr als sechs bis acht Stunden«, antwortete Baudry. »In den Zeiträumen, von denen wir spre-
    chen, durchaus machbar.«

    »Aber jetzt sieht es so aus, als würden sie nicht nur Waffen herstellen«, sagte Dreyfus.
    Das Bild zeigte drei Viertel von Haus Aubusson, es war
    von einer Überwachungskamera aufgenommen, die weit
    außerhalb der Angriffsdistanz der Kollisionsabwehrsys-
    teme des Habitats postiert war. Man sah nicht die Andockstation, wo Crissel vermutlich sein Ende gefunden hatte, sondern das andere Ende des Zylinders mit den Produktionsanlagen. In der Kuppel der Endkappe entfalteten sich kilometerlange, blütenblattähnlich geschwungene Türen,
    und durch die sternenförmige Öffnung leuchtete der blau-goldene Schein hektischer Fabrikationstätigkeit.
    »Diese Türen ... sind sie im ursprünglichen Bauplan des Habitats enthalten?«, fragte Aumonier.
    Baudry nickte. »Als das Habitat noch die Kapazität und
    den Kundenstamm für den Bau ganzer Raumschiffe hatte,
    brauchte man sie, um die Schiffe ins All zu entlassen. Aber nach unseren Aufzeichnungen wurden sie seit mehr als
    einem Jahrhundert nicht mehr geöffnet.«
    »Und warum öffnen sie sich jetzt?«
    »Deshalb«, sagte Dreyfus.
    Etwas strömte durch die Lücken zwischen den Türenfin-
    gern, eine hauchdünne, schwarz wogende Masse. Ein ge-
    waltiger Wespenschwarm. Eine Wolke aus Tausenden von
    Einzelelementen.
    Dreyfus' und Baudrys Armbänder piepsten im Chor.
    »Da ist noch jemand aufgewacht«, sagte Baudry.
    »Was geht da vor?«, fragte Aumonier. Sie hatte ein flaues Gefühl im Magen. Bis dahin hatte die Krise aus einer Geiselnahme bestanden, bei der Panoplia die Kontrolle über vier Habitate zu verlieren drohte. Vier Habitate, das war unverzeihlich, die schlimmste Katastrophe seit elf Jahren, aber im Verhältnis zur überwältigenden, unvorstellbaren Zahl zehntausend immer noch eine Kleinigkeit. Überschaubar,
    dachte sie. Aber diese schwarze Wolke sagte etwas anderes.

    Jane wusste noch nicht, was sie davon zu halten hatte, aber sie wusste mit tödlicher Sicherheit, dass es nichts Gutes war und dass die vermeintliche Krise, in der sie Panoplia bisher gesehen hatte, nicht zu vergleichen war mit der Katastrophe, die sich da entwickelte.
    »Wir müssen wissen, was das für ein... Schaum ist«, sagte sie mühsam beherrscht. »Wir brauchen Zahlen und technische Gutachten. Wir müssen wissen, was das Zeug kann
    und wohin es unterwegs ist.«
    »Auch in Szlumper Oneill öffnen sich Türen«, las Baudry von einem Bericht auf ihrem Armband ab. Während sie
    sprach, vergrößerte sich ein Fenster, drängte die anderen beiseite und zeigte eine Fernaufnahme des anderen Habitats. Unweit eines der Andockkomplexe an den Polen quoll aus länglichen Schlitzen eine schwarze Wolke, blähte sich auf und verschwamm.
    »Mir scheint, das ist das gleiche Material«, sagte Aumonier.
    »Unbedingt«, sagte Dreyfus. »Die Frage ist, was geschieht in den beiden anderen Habitaten?«
    »Weder im Karussell New Seattle-Tacoma noch im Stun-
    denglas Chevelure-Sambuke wurde ein Anstieg thermischer Emissionen festgestellt«, sagte Baudry. »Aber nach unseren Informationen verfügt keines dieser Habitate über Produktionsanlagen irgendwelcher Art.«
    Dreyfus kratzte sich im Nacken. »Thalias Update mag verseucht gewesen sein, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie die vier Habitate nach ihren eigenen Kriterien selbst ausgewählt hat.«
    »Und das heißt?«, fragte Aumonier.
    »Das heißt, dass Aurora möglicherweise nicht steuern
    konnte, welche Habitate sie unter ihre Kontrolle bekam. Bei vieren hatte sie gute Chancen, dass zumindest eines in irgendeiner Form über Produktionskapazitäten verfügte. Aber eine Garantie gab es nicht. Sieht jedenfalls so aus, als hätte sie zwei Nieten gezogen. Sie hat sie zwar erobert, kann aber im Moment nichts mit ihnen anfangen.«
    »Ich werde keines dieser Habitate aus den Augen las-
    sen.«
    »Einverstanden. Immerhin sehen wir, dass Aurora nicht
    alle Fäden in der Hand hält. Sie musste mit den Karten spielen, die Thalia ausgegeben hatte.« Dreyfus lächelte traurig.
    »Ich will nicht sagen, dass mich das überglücklich macht, aber...«
    »Leider kann es sein, dass wir ihr die Arbeit schon abgenommen haben.«
    »Ich kann nur hoffen, dass dem nicht so ist.« Dreyfus
    nickte dennoch, zum Zeichen, dass er Aumoniers Befürch-
    tungen teilte. »Aber Sie haben recht. Wir müssen uns genauer ansehen, was diese

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