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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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wandte sich ihrer Vorgesetzten zu. »Wenn Aurora
    diesen Weg eingeschlagen hat, dann ist sie sich des Er-
    folges vermutlich sehr sicher. Über Sicherheitslücken in der Abstimmungsmaschinerie weiß sie bestens Bescheid.
    Wenn es ihr gelingt, die Käfer in ein weiteres Habitat ein-zuschleusen, muss man davon ausgehen, dass sie es auch
    erobern kann.« Baudry wirkte plötzlich so erschüttert, als hätte die Krise ihre persönliche Schmerzgrenze überschritten. »Ich fürchte, wir müssen mit dem Schlimmsten rech-
    nen.«

    Die Datenströme hielten abrupt an. Alle Armbänder
    piepsten im Chor. Das Systemmodell verschlang den Käfer und zeigte eine vergrößerte Darstellung eines der beiden bedrohten Habitate. Es hatte die Form eines nabenlosen
    Rades. »Das ist das Karussell New Brazilia«, sagte Baudry.
    »Die Kollisionsabwehrsysteme haben begonnen, auf den
    Käferstrom zu schießen. Es ist damit zu rechnen, dass Haus Flammarion in den nächsten fünfzehn Minuten ähnliche
    Angriffe startet.«
    »Wie halten sich unsere Truppen?«, fragte Aumonier.
    »Wir konnten in der verfügbaren Zeit nur drei Schiffe
    der Korvettenklasse dicht genug an Brazilia heranbringen, um etwas zu bewirken«, sagte Baudry. »Ihre zielgenauen
    Waffen sind bei der Dichte und Größe des Stroms eigentlich nahezu nutzlos. Selbst mit einer Atomrakete könnten wir nur ein paar tausend Stück ausschalten. Es ist, als wollte man versuchen, mit einem Löffel einen Tsunami aufzuhalten.«
    Aumonier blieb ruhig. »Dann brauchen wir eine strategi-
    sche Alternative.«
    »Unsere Korvetten warten nur darauf, die Käfer konzen-
    triert zu beschießen, sobald sie die Habitate erreichen. Die Kriegsroboter brauchen Zeit, um sich durch den Rumpf zu schneiden oder sich den Zugang über die Andocköffnungen zu erzwingen.«
    »Lassen Sie uns annehmen, dass wir sie nicht alle aufhalten können. Was geschieht, wenn wir Brazilia und Flam-
    marion verlieren?«
    »Beide Habitate haben eigene Produktionsanlagen.« Drey-
    fus blickte von seinem Notepad auf. »Wenn Aurora sie
    in ihre Gewalt bringt, hat sie zwei neue Standorte für die Käferfabrikation und kann weiter von Habitat zu Habitat springen.«
    »Ich habe eine Simulation im Modell vorbereitet«, sagte Baudry. »Natürlich ist dabei vieles Spekulation, aber ich kann Ihnen zeigen, wie sich die Situation auf der Basis gewisser vertretbarer Voraussetzungen entwickeln könnte.«
    »Nur zu«, forderte Aumonier sie auf.
    Baudry ließ das Bild des Karussells New Brazilia auf seine frühere Größe zurückschrumpfen, bis es nur noch einer
    von vielen Edelsteinen im gemessenen Reigen des Glitzerbandes war. Mit einer weiteren Handbewegung setzte sie
    alle Lichtpunkte bis auf vier weit auseinander liegende rubinrote Fünkchen auf Smaragdgrün.
    »Das sind die Habitate, die Aurora bis jetzt in ihrer Gewalt hat«, erklärte sie, bevor sie zwei neue rote Punkte aufleuchten ließ, die jeweils dicht an einem der vier anderen lagen. »Das sind Brazilia und Flammarion, immer vorausgesetzt, dass es Aurora gelingt, sie zu erobern. Weiterhin setze ich voraus, dass die beiden neuen Habitate zu Zentren der Käferproduktion werden und einen ähnlichen Ausstoß erreichen, wie wir ihn bereits erlebt haben. Und ich setze nach unseren bisherigen Beobachtungen voraus, dass jedes Habitat seine Käfer zu einem anderen Habitat schickt, das sich noch nicht in Auroras Hand befindet. Zuletzt lege ich zugrunde, dass ein Habitat in einem Zeitraum von sechsundzwanzig Stunden von Käfern angegriffen, unter Auro-
    ras Kontrolle gebracht werden und einen eigenen Käfer-
    strom entsenden und durch das All zu einem vorgegebenen Ziel steuern kann.«
    »Fahren Sie fort«, sagte Aumonier.
    »Damit hätten wir binnen eines Tages nicht mehr nur
    zwei, sondern vier Habitate verloren. Diese vier Habitate würden ihrerseits jeweils benachbarte Staaten infizieren, so dass wir bis zum Ende des zweiten Tages acht Infektions-herde hätten.« Während sie sprach, vergrößerte sich die Zahl der roten Lichter in geometrischer Progression. »Am Ende des dritten Tages wären es dann sechzehn Habitate.
    Zweiunddreißig am Ende von Tag Vier. Vierundsechzig
    am fünften Tag. Einhundertachtundzwanzig am Ende des

    sechsten: Das wäre bereits mehr als ein Prozent des gesamten Glitzerbandes.«
    Jetzt waren die roten Lichter schon nicht mehr zu zählen.
    Sie waren gegenüber den grünen Lichtern zwar immer noch in der Minderheit, aber die Unaufhaltsamkeit des Prozesses wurde

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