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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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oberen Atmosphäreschichten von Yellowstone. Sie zogen keinen Feuerschweif hinter sich her wie Paula Saavedra, die mit hoher Geschwindigkeit in die Atmosphäre eingetaucht war, sondern sanken langsam in immer dichtere Luftschichten hinab, wobei der Kutter mit seinen Triebwerken gegensteuerte, um die aerodynamische Reibung zu vermindern. Ein flüchtiger Beobachter musste sie für eines der vielen Passagierschiffe halten, das von einem Ausflug in die verführerische Glitzerwelt der Or-bitalgemeinden zurückkehrte.
    Dreyfus merkte, dass er eingenickt war. Manticore machte schläfrig, während es auf das Bewusstsein einwirkte. Als er erwachte, fühlte er sich nicht viel anders als vorher, doch als er das Notepad wieder aufnahm, merkte er, dass er dem Textverständnis einen weiteren Schritt näher gekommen
    war. Gelegentlich tauchten nun ganze Phrasen auf, nur um wie Tiere, die durch hohes Gras streiften, gleich wieder zu verschwinden. Er las:
    Sylveste-Institut für Künstliche Mentalisierung...
    Einleitung von Notstandsmaßnahmen während der
    Uhrmacher-Krise...
    Prototyp eines Ramscoop-Schiffes, eingemottet, aber ansonsten intakt...
    Technisches Einsatzkommando ging an Bord und
    übernahm den Befehl...
    Kolonistenschiff Atalanta für flugtauglich erklärt...
    Eindämmungswirkung des Magnetfelds...
    Risiko ziviler Opfer vermindert, aber nicht beseitigt...
    Verluste unvermeidlich...
    Übertragung von Notstandsbefugnissen auf
    Außendienstpräfekt Tom Dreyfus genehmigt von
    Generalpräfekt Albert Dusollier...
    Mit einem Mal öffnete sich in seinem Bewusstsein eine Tür, eine Art schwerer Klappe, die elf Jahre lang geschlossen und von allen vergessen worden war. Er sah Valery, die das Gesicht zu ihm emporwandte und ihn anstrahlte wie ein
    Kind. Sie kniete auf dem Boden und war damit beschäftigt, Blumen auf einem Beet zu ordnen.
    Und er wusste, dass er seiner Frau etwas Schreckliches
    angetan hatte.
    Mercier verfolgte die Prozedur aus dem Beobachtungsraum oberhalb von Demikoffs Operationssaal. Der Saal war von Anfang an vollständig eingerichtet gewesen, dennoch hatte man ihn die ganze Zeit über kaum benützt. Demikoffs Team hatte gelegentlich eine Operationstechnik geübt, aber im Allgemeinen war man davon ausgegangen, dass der Skarabäus mit konventionelleren Mitteln entfernt und Aumo-
    nier nur oberflächliche Verletzungen erleiden würde. Erst seit kurzem hielt man den Saal rund um die Uhr besetzt, und das Chirurgenteam bereitete sich auf den zunehmend
    wahrscheinlicheren Fall vor, dass Plan Zulu in Kraft treten müsste.
    Wenn Mercier nicht mit eigenen Patienten beschäftigt
    war, hatte er bisweilen zugesehen, wie die Chirurgen an täuschend echten medizinischen Modellen mikrochirurgi-sche Verfahren zur Wiederverbindung von Kopf und Kör-
    per übten. Manchmal war der Körper unterhalb des Halses unverletzt gewesen, aber man war auch von der Annahme
    ausgegangen, dass durch die Entfernung des Skarabäus unterschiedlich schwere Verletzungen entstünden. Der reale Fall, mit dem sie jetzt zu tun hatten, war irgendwo zwischen den Simulationen angesiedelt. Der Kopf war mit
    schier übermenschlicher Präzision abgetrennt worden, aber die drei Halswirbel unterhalb der Schnittstelle hatten durch den Skarabäus stark gelitten. Die Schäden waren nicht irre-parabel - man brauchte dem Generalpräfekten keinen neuen Körper zu züchten -, aber die notwendigen Restaurations-arbeiten waren sehr umfangreich.

    Von der Operationstätigkeit selbst konnte Mercier nicht viel sehen. Rumpf und Kopf, die im Moment in einem Meter Abstand voneinander auf zwei Tischen lagen, waren von
    blassgrünen Medizin-Servomaten umlagert. Die riesigen
    Maschinen wirkten unbeholfen, bis man sich auf die Manipulatoren konzentrierte, die mit unglaublicher Geschwindigkeit Gewebeteile miteinander verbanden. Die Geheim-
    nisse des Fleisches waren wie hinter einer flirrenden Wand aus antiseptischem Metall verborgen. Hin und wieder
    drehte sich einer der schwanenhalsigen Servomaten rasch um und tauschte einen Manipulator gegen einen anderen
    aus. Das verlieh der Szene eine verhaltene Komik, als sähe man sich einen Film im schnellen Vorlauf an. Demikoffs
    menschliche Mediziner standen mehrere Meter von den ra-
    send schnellen Maschinen entfernt, sie trugen Kittel und Maske, hatten aber keinen direkten Kontakt mit der Patientin, sondern standen vor hohen Podesten und studierten
    Tafeln mit anatomischen Darstellungen. Ihre Aufgabe be-
    stand weniger in der

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