Aurora
Überwachung der Maschinen als darin, sie im Bedarfsfall zu beraten und anzuleiten. Dazu brauchten sie nicht unbedingt im gleichen Raum zu sein, aber
sie hielten sich bereit, um im unwahrscheinlichen Fall eines schweren Maschinenversagens sofort eingreifen zu können.
Mercier wusste ziemlich genau, was da unten vor sich
ging. Die Maschinen suchten in beiden Teilen des Körpers nach durchtrennten Nervenfasern und verglichen sie miteinander. Dazu wurden mithilfe von Inversfeld-Trawls bestimmte Bereiche von Jane Aumoniers Gehirn stimuliert,
besonders im sensomotorischen Kortex. Sobald die Maschinen die Funktion eines Nervs bestimmt hatten, stülpten sie einen mikroskopisch kleinen, mit regenerativer Aktivmaterie präparierten Zylinder darüber. Die Nervenbündel, die aus Aumoniers Rumpf ragten, wurden mit myoelektrischer
Stimulation vermessen. Wenn man den Kopf wieder auf
den Hals aufsetzte, sollten sich die Zylinder an beiden Enden des gleichen Nervs gegenseitig erkennen und da-für sorgen, dass sich das Gewebe fehlerlos zusammenfügte.
Auch dann gab es noch viel zu tun - es war damit zu rechnen, dass Aumonier für einige Zeit nach der Operation ganz oder teilweise gelähmt sein würde -, aber Demikoff war zuversichtlich gewesen, in dieser ersten Operationsphase die grundlegenden Vitalfunktionen wiederherstellen zu können.
Mercier sah zu, bis er sicher sein konnte, dass alles unter Kontrolle war. Demikoffs Team arbeitete schnell, aber nicht mit einer Hektik, die auf besondere Schwierigkeiten hätte schließen lassen. Die Ärzte hatten sich auf diesen Tag vorbereitet und trafen offenbar auf nichts, womit sie nicht gerechnet hätten.
Zögernd wandte sich Mercier von dem Spektakel ab. Er
wollte den Moment der Wiedervereinigung von Kopf und
Rumpf nicht verpassen, aber er musste sich um seine ei-
gene Arbeit kümmern. Er hatte erfahren, dass Thalia Ng
mit einer Gruppe von Bürgern aus Haus Aubusson entkom-
men war. In der Meldung war nicht von Schwerverletzten
die Rede gewesen, aber wenn der Systemkreuzer an Pano-
plia andockte, mussten sicher alle Passagiere medizinisch versorgt werden, auch wenn Mercier schlimmstenfalls Schnitt-wunden und Prellungen zu behandeln hätte.
Er kehrte in seine Klinik zurück. Durch das Fenster der Trennwand sah er seinen derzeit einzigen Patienten schlafend auf dem Bett liegen. Mercier schob die Wand beiseite, trat ein und stellte sich, ein Notepad in der Armbeuge, neben Gaffneys Bett. Mit einem Eingabestift rief er einen Bericht über die Genesungsfortschritte des Oberpräfekten seit der Entfernung der Hundepeitsche und der darauf folgenden Befragung mithilfe des Trawls ab.
Mercier fand es nicht richtig, dass Dreyfus darauf bestanden hatte, seinen Patienten so bald nach der belastenden Entfernung des Objekts aus seiner Kehle zu scannen. Gaffney war zwar physisch gut in Form gewesen, traumatisiert, aber ansonsten ohne schwere Verletzungen, doch Mercier
hatte sich grundsätzlich über das Ansinnen geärgert. Jetzt allerdings musste er zugeben, dass sein Patient keiner weiteren medizinischen Betreuung mehr bedurfte. Er konnte
in eine normale Gefängniszelle irgendwo in Panoplia verlegt werden. Man würde jedes Bett brauchen, wenn Thalia und ihre Gruppe eintrafen.
»Sheridan«, sagte er leise. »Können Sie mich hören? Sie müssen jetzt aufwachen.«
Zunächst regte Gaffney sich nicht. Mercier wiederholte
seine Aufforderung. Gaffney murmelte etwas und öffnete
langsam und widerwillig die Augen.
»Ich habe fest geschlafen, Doktor Mercier«, krächzte er mit immer noch rauer Stimme.
»Ich muss mich entschuldigen. Sie brauchen noch Ruhe.«
Wieder tippte Mercier mit dem Eingabestift auf das Notepad und rief einen Satz Diagnoseberichte ab. »Leider erwarte ich ein Schiff mit einer noch unbekannten Anzahl
von verletzten Bürgern an Bord. Ich muss dieses Bett bald-möglichst frei machen.«
»Sie wollen mich entlassen?«, krächzte Gaffney.
»Nicht unbedingt. Ich habe Anweisung, Sie nach wie vor
hinter Schloss und Riegel zu halten, aber es gibt keinen Grund mehr, Sie nicht in eine normale Arrestzelle zu verlegen.«
»Erstaunlich, dass Dreyfus nicht hier ist, um Ihnen be-
hilflich zu sein.«
»Dreyfus ist unterwegs«, sagte Mercier.
»Wie schade. Kann allerdings nicht behaupten, dass ich
ihn und seinen Umgang mit Patienten vermisse. Sie haben nicht zufällig gehört, wohin er wollte?«
»Nein«, sagte Mercier nach kurzem Zögern.
»Wir wollen hoffen, dass ihm nichts
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