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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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auf unserer Liste.«
    Sie unterbrach die Verbindung und ließ die Hand sinken.
    Dabei fiel ihr Blick auf den roten Laserstreifen über ihrer Manschette. Sie bemerkte die dünne Linie schon seit einigen Stunden immer wieder, hatte sich aber bisher nicht gestattet, sich dadurch von wichtigeren Dingen ablenken zu lassen. Jetzt allerdings hatte sich in ihrem Terminplan ein Fenster geöffnet. Die Ultraschiffe würden erst in sechs bis sieben Stunden eintreffen. Und Dreyfus würde noch länger brauchen, um Ops Neun zu erreichen.
    Sie hatte Zeit, darüber nachzudenken.
    Wieder hob sie das Armband an den Mund und sagte
    leise: »Verbinden Sie mich mit Doktor Demikoff.«
    Er meldete sich so schnell, als hätte er sie beobachtet.
    »Generalpräfekt. Was für eine Überraschung.« Aumonier
    lächelte: Demikoff mochte viele Fähigkeiten besitzen, aber als Lügner war er miserabel. »Ich hatte nicht erwartet, von Ihnen zu hören.«
    »Doktor«, sagte sie, »vielleicht irre ich mich, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie etwas mit mir vorhaben.« Sie wartete einige Sekunden und lauschte seinen Atemzügen. »Ich habe doch recht? Dieser Laser, der gestern noch nicht hier war. Die Geräusche, die Dreyfus so angestrengt zu erklären versuchte. Was steht mir bevor, Doktor?«
    Demikoff ließ sich mit der Antwort so lange Zeit, dass sie schon befürchtete, die Verbindung sei unterbrochen, doch endlich sagte er: »Es ist besser, wenn Sie es nicht wissen.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht. Schließlich hatte ich
    bisher noch keinen Anlass, an Ihrem medizinischen Urteil zu zweifeln. Dennoch habe ich Ihnen etwas zu sagen.«
    »Ich höre«, antwortete Demikoff.
    »Ich habe für die nächsten Stunden alles getan, was ich tun kann. Wenn Sie vorhaben, denn Skarabäus zu entfernen, wäre jetzt vielleicht ein guter Zeitpunkt, es zu versuchen.«
    »Es ist riskant.«
    »Ebenso riskant, wie wenn er sich weiter in meinen Na-
    cken krallt. Ich weiß, was auf dem Spiel steht, Doktor.«
    »Es besteht die Möglichkeit«, sagte Demikoff zögernd,
    »dass Sie nach dem Eingriff, an den wir denken, Ihr Amt nicht sofort wieder ausüben können.«

    »In diesem Fall wird Oberpräfekt Clearmountain die
    Amtsgeschäfte kommissarisch weiterführen. Aber nur so
    lange, bis ich selbst das Kommando wieder übernehmen
    kann. Sie dürfen mich nicht zu lange vom Geschehen fernhalten, Doktor. Alles, was ich brauche, sind ein Paar Augen und ein Mund, um Befehle zu erteilen. Einverstanden?«
    »Einverstanden«, antwortete er.
    »Dann führen Sie den Plan, den Sie vorbereitet haben,
    bitte jetzt aus. Es ist doch alles bereit, oder?«
    »Alles ist bereit.«
    »Ich gebe mich ganz in Ihre Hände, Doktor. Tun Sie Ihr
    Bestes.«
    »Wenn ich scheitere ...«, begann er.
    »Dürfen Sie sich dennoch meiner ewigen Dankbarkeit ge-
    wiss sein. Und jetzt befreien Sie mich von diesem verdammten Quälgeist in meinem Nacken.«
    »Sie befinden sich in der richtigen Position«, sagte Demikoff. »Bitte bewegen Sie keinen Muskel, Generalpräfekt.
    Nicht einmal, um mir zu antworten.«
    Jane Aumonier hielt den Atem an. Und dann hörte sie,
    wie es >Klick< machte.

    Für Doktor Demikoff entfaltete sich das Geschehen eigenartig verlangsamt, so als ließe er eine seiner Simulationen mit halber Geschwindigkeit laufen. Die Klingen durchstießen die dünner gemachten Stellen in der Wand und rasten aufeinander zu, die Schneiden bildeten einen immer kleiner werdenden Kreis, in dessen Mittelpunkt sich der Generalpräfekt befand. Aumonier schwebte reglos in der Luft, sie verzog keine Miene: Sie hatte keine Zeit, auf den Einbruch in ihren Privatbereich zu reagieren. Die Klingen kamen
    näher, berührten ihre Kehle, durchdrangen sie mühelos
    und griffen mit einer Präzision im Mikronbereich ineinander. Von jetzt an musste Demikoff zwei verschiedene Bilder verarbeiten, die von Kameras in den nun getrennten Hälften der Sphäre eingefangen wurden. Im oberen Bereich entfernte sich der Kopf des Generalpräfekten unmerklich langsam von den Klingen. In der unteren Hemisphäre schwebten ihr Körper und der Skarabäus in die entgegengesetzte Richtung davon. Wieder wie in Zeitlupe sah der Arzt, wie sich der Skarabäus gegen das gewaltsame Eindringen eines gro-
    ßen Fremdkörpers in seine Sperrzone wehrte. Die Hälfte
    von Aumoniers Hals, die sich unterhalb des Schnitts befunden hatte, zerplatzte in einer Wolke aus Rosarot und Grau.
    Aus der Wunde spritzte ein Blutstrahl so schwarz wie Tinte.
    Das Herz

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