Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
mir nicht sagen. Ist sie noch rausgekommen? Konnten Sie von ihrer Beta-Kopie etwas retten?«
    »Alles zu seiner Zeit. Zunächst muss ich eines klarstellen.
    Ich will niemandem zu nahetreten, aber den einen sind
    Beta-Kopien heilig und den anderen nicht, und ich gehöre leider zur zweiten Gruppe.«
    »Macht nichts«, sagte Vernon und zuckte lässig die Ach-
    seln. »Mir sind Beta-Kopien auch nicht heilig.«
    Dreyfus blinzelte verdutzt. »Wie können Sie so denken?
    Sie sind doch eine.«
    »Aber meine Antworten werden, wie unzählige Male de-
    monstriert, von Vernons Überzeugungen bestimmt. Vernon
    hielt eine Beta-Simulation für eine gute Kopie, aber nicht mehr. Diese Meinung hat er lautstark vertreten. Folglich ist sie auch die meine.«
    »Gut ...« Dreyfus' Selbstsicherheit war erschüttert. »Das macht alles sehr viel einfacher.« Und dann verriet er spontan sehr viel mehr, als er normalerweise für ratsam gehalten hätte. »Wir konnten Delphine bergen. Ich habe sie noch nicht vernommen, aber meine Kollegin glaubt, es sei genug von ihr erhalten geblieben, dass sie eine brauchbare Aussage machen kann.«
    Vernon schloss die Augen und hob das Kinn, als wolle
    er der unendlichen weißen Leere der Zimmerdecke seinen
    Dank abstatten. »Das freut mich. Wenn jemand es verdient hat, der Katastrophe zu entrinnen, dann sie. Und jetzt er-zählen Sie mir, was geschehen ist.«
    »Ist Ihnen der Name Dravidian bekannt?«
    »Wenn Sie den Ultra-Captain meinen ... ja, nur zu gut.
    Was ist denn nun geschehen?«
    »Sie erinnern sich nicht?«
    »Bräuchte ich sonst zu fragen?«
    Genau wie bei Anthony Theobald, dachte Dreyfus. Keine
    Erinnerung an die letzten Ereignisse, weil die Aufzeich-nungssysteme keine Zeit mehr gehabt hatten, die Beta-Kopien im Prozessorkern zu aktualisieren. »Ihr Habitat wurde zerstört«, sagte er. »Der Captain - wir gehen davon aus, dass der Befehl dazu von Dravidian kam - hatte offenbar beschlossen, es mit seinem Triebwerk aufzuschlitzen.«
    »Dravidian hätte niemals ...« Vernon verstummte, als
    käme ihm die Abscheulichkeit des Verbrechens erst jetzt vollends zu Bewusstsein. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er eine so schreckliche Tat begangen haben soll. Das stünde doch in keinem Verhältnis. Ist es denn sicher, dass es wirklich so war?«
    »Ich bin selbst in der Ruine herumgekrochen. Wir haben
    unerschütterliche Beweise. Und einer meiner anderen Zeugen sagt, Dravidian sei nicht glücklich gewesen, als das Geschäft platzte.«
    Vernon legte die Fingerspitzen an die Schläfen und ver-
    drehte die Augen. »Ich erinnere mich, dass wir kurz vor einer Einigung standen. Dann kam diese Nachricht ... ich weiß noch, dass sie an Delphine gerichtet war.«
    »Eine Warnung, Dravidian nicht zu trauen?«
    »Ein Hinweis, wir könnten von anderer Seite ein besseres Angebot bekommen. Anthony Theobald war natürlich ver-
    ärgert: Er brauchte so dringend Geld, dass er Delphines Kunst auch zum Schrottwert verkauft hätte.« Vernon ballte die Faust, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Aber es war doch ihr Lebenswerk! Sie hatte es mit ihrem Herz-blut geschaffen. Ich konnte nicht tatenlos zusehen, wie es zu einem Spottpreis verhökert wurde.«
    »Also haben Sie und Delphine entschieden, die Verhand-
    lungen abzubrechen.«
    »Wir waren Dravidian nicht böse.«
    »Aber er nahm es nicht gut auf.«
    »Er schien außer sich, so erschüttert, als wäre er aufrichtig überzeugt gewesen, einen fairen Preis für Delphines Werke zu bieten. Er müsse sich schwer überlegen, ob er jemals wieder Geschäfte mit uns machen wolle. Es sei gegen alle Regeln, in einem so fortgeschrittenen Stadium die Verhandlungen abzubrechen.« Vernon schüttelte den Kopf.
    »Aber nur aus Enttäuschung... Delphines Heimat zu zerstö-
    ren ... nichts, was er sagte, ließ den Schluss zu, dass er so aufgebracht war. Ich meine, zwischen rechtschaffenem Ärger und mörderischer Wut besteht doch ein Unterschied.
    Oder etwa nicht?«
    »Weniger, als man denkt.«
    »Glauben Sie, dass er es getan hat, Präfekt? Trauen Sie Dravidian ein solches Verbrechen zu?«
    »Kommen wir auf Delphine zurück. War sie eine große
    Künstlerin?«
    »Für einige von uns schon.«
    »Auf welchem Gebiet?«
    »Hauptsächlich Bildhauerei. Ihre Skulpturen waren bril-
    lant. Es war ihr gutes Recht, den besten Preis dafür zu verlangen.«
    Dreyfus dachte an das Gesicht im Felsblock zurück, das
    er gesehen hatte, als er durch die Trümmer von Ruskin-
    Sartorius schwebte. Er konnte

Weitere Kostenlose Bücher