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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nicht leugnen, dass ihn das Bildnis sehr beeindruckt hatte, im Bericht der Spurensicherung hatte allerdings nichts Brauchbares darüber gestanden.
    »Arbeitete sie zum Zeitpunkt des Angriffs an einem be-
    stimmten Projekt?«

    »Nicht direkt, aber sie war seit etlichen Monaten mit
    einem großen Werk beschäftigt. Es gehörte zu ihrer Lascaille-Serie.« Der junge Mann zuckte die Achseln. »Sie war da gewissermaßen in einer Phase.«
    Der Name >Lascaile< war Dreyfus nicht völlig fremd, auch das Gesicht im Fels war ihm bekannt vorgekommen, aber
    auch beides zusammen brachte nicht sofort die Erleuch-
    tung. Es war nur ein Kunstwerk, doch alles, was Einblick in Delphines Denken gewährte, konnte helfen, ihre Rolle im Ablauf der Ereignisse zu klären. Er nahm sich vor, der Sache genauer nachzugehen.
    »Woher kannten Sie sie?«, fragte er. »Waren Sie verheira-tet?«
    »Wir wollten heiraten. Ruskin-Sartorius war in finanziellen Schwierigkeiten, und Anthony Theobald glaubte, die
    Probleme der Blase lösen zu können, indem er seine Tochter an jemanden aus einem anderen Habitat verkuppelte.
    Beziehungen zu Macro Hektor Industrial bestanden bereits: Wir hatten ihm die Kollisionsabwehrsysteme eingebaut,
    und er war uns noch Geld schuldig. Ich entstamme einer
    der mächtigsten Dynastien auf Industrial. Die Verhandlungen wurden hinter unserem Rücken geführt. Delphine und
    ich waren davon nicht sehr angetan.« Er lächelte traurig.
    »Aber das hinderte uns nicht, uns tatsächlich ineinander zu verlieben.«
    »Anthony Theobald bekam also, was er wollte?«
    »Nicht unbedingt. Meine Familie machte sich Hoffnun-
    gen, dass ich als Partner in das Geschäft mit den Abwehr-anlagen einsteigen würde. Leider hatte ich andere Pläne.
    Ich beschloss, mich von meiner Familie und vom Unternehmen zu trennen, Industrial zu verlassen und zu Delphine in die Blase zu ziehen. Sie hatte mich mit ihren Arbeiten inspiriert, ich war überzeugt, etwas von dieser Genialität schlum-mere auch in mir. Es dauerte etwa drei Monate, bis ich erkannte, dass ich keinerlei unentdeckte Talente besaß.«

    »Manche Leute brauchen dafür ihr ganzes Leben.«
    »Aber ich erkannte auch, dass ich Delphine helfen konnte.
    Ich wurde ihr Agent, ihr Werbemanager, ihr Mittelsmann, nennen Sie es, wie Sie wollen. Und deshalb zögerte ich, Dravidians Angebot anzunehmen.«
    »Ich nehme an, Anthony Theobald war weder begeistert
    davon, dass Sie die Brücken zu Ihrer reichen Familie abbra-chen, noch, dass Sie das Geschäft mit Dravidian zum Platzen brachten.«
    »Es gab einige Reibungspunkte, das ist richtig.«
    »Könnte er so aufgebracht gewesen sein, dass er seiner
    eigenen Tochter und seiner ganzen Familie nach dem Leben trachtete?«
    »Nein. Anthony Theobald und ich waren vielleicht nicht
    immer einer Meinung, aber ich weiß, dass er seine Tochter liebte. Er hätte sich an einem solchen Anschlag nicht beteiligt.« Vernon Tregent sah Dreyfus eindringlich an. »Warum suchen Sie eigentlich nach einer anderen Erklärung, wenn Sie Dravidian doch schon haben?«
    »Ich will nur sichergehen, dass ich nichts übersehen habe.
    Wenn Ihnen noch etwas einfällt, müssen Sie es mir unbe-
    dingt sagen. Versprochen?«
    »Gewiss.« Doch dann glitt ein Schatten des Misstrauens
    über die Züge des jungen Mannes. »Natürlich nur, wenn ich überzeugt bin, dass ich Ihnen auch vertrauen kann.«
    »Warum sollten Sie mir nicht trauen können?«
    »Wer sagt mir denn, dass Sie wirklich Präfekt sind oder dass Ruskin-Sartorius tatsächlich zerstört wurde? Ich könn-te schließlich auch von Datenpiraten entführt worden sein.
    Ich habe keine Beweise, dass dies Panoplia ist.«
    »Nichts, was ich Ihnen zeigen oder sagen könnte, würde
    daran etwas ändern.«
    Vernon überlegte eine Weile, dann entgegnete er: »Ich
    weiß. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich genug gesehen oder gehört habe, um mir ein fundiertes Urteil zu bilden.«

    »Wenn Sie etwas wissen, was für die Ermittlungen nütz-
    lich sein könnte, sollten Sie es mir jetzt sagen.«
    »Ich möchte mit Delphine sprechen.«
    »Kommt nicht in Frage. Sie sind beide wichtige Zeugen.
    Ich kann nicht zulassen, dass Sie sich gegenseitig beeinflussen. Dann wären Ihre Aussagen wertlos.«
    »Wir lieben uns, Präfekt.«
    »Ihre menschlichen Originale liebten einander. Das ist
    ein Unterschied.«
    »Sie glauben wirklich nicht an uns, nicht wahr?«
    »Sie doch auch nicht.«
    »Aber Delphine hat den Glauben, Präfekt. Und das allein zählt für mich.«

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