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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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mit seinem Pangolin-Privileg die Nische zu öffnen, das Teufelsding herauszu-nehmen und eine Weile in den Händen zu halten. Dies-
    mal wählte er eine Uhr, von der er nicht glaubte, dass er sie schon einmal untersucht hatte. Dunkel und schmucklos,
    wie sie war, mochte sie bei früheren Gelegenheiten seiner Neugier entgangen sein.
    Er hörte sie hinter dem Glas ticken. Einer von Demikoffs Technikern hatte sie wohl aufgezogen.
    Dann las er das Schild:
    Uhr #115
    Gefanden: LCS, SIKM, 13.54; 17.03.15 YSZ
    Finder: Valery Chapelon
    Baadatam: Unbekannt
    Basismaterial: Gewöhnliche Eisenverbindungen
    Herkunft des Basismaterials: Unbekannt

    Uhrwerk: Doppelrad-Ankerhemmung
    Bemerkungen: Unter dem Elektronenmikroskop im
    atomaren Bereich Fraktalmuster im rechten oberen
    Bogenzwickel zu erkennen. Art der Fraktalmuster
    unklar; möglicherweise aber sichtbaren Mustern an
    Pendelaufhängung von Uhr #341 nachempfunden.
    Status: Funktionsfähig
    Bekannte Sprengfallen: Keine
    Verursachte Todesfälle: Keine
    Geschätzte
    Risikostufe: Niedrig
    Dreyfus öffnete die Glastür. Das Ticken der Uhr wurde lauter. Er griff hinein, fasste das schwarze Metallgehäuse seitlich mit beiden Händen, hob die Uhr vom Sockel und hielt sie auf Augenhöhe. Sie war wie alle Exemplare in der Galerie vollgepackt mit mechanischen Teilen und deshalb überraschend schwer, aber sie hatte keine zarten Blattgoldornamente und auch keine messerscharfen Kanten, vor denen
    man sich in Acht nehmen musste. Äußerlich wirkte diese
    Uhr im Gegensatz zur Präzision und Komplexität ihrer Mechanik primitiv und unfertig. Kein Uhrglas schützte das Zifferblatt. Die Zeiger waren kümmerliche, flachgeklopfte Me-tallstreifen, unregelmäßige Lötzinntropfen markierten die Stunden.
    Dreyfus war es zuwider, die Uhren anzufassen. Aber er
    konnte nicht widerstehen, sooft er die Wallfahrt zum Schlaflabor antrat. Die Modelle in Demikoffs Labor waren genaue Nachbildungen des Skarabäus in Jane Aumoniers Nacken,
    das Original konnte sie jedoch nur selbst berühren. Die Uhren - vierhundertneunzehn an der Zahl - waren die einzige konkrete Verbindung zu diesem Gebilde.
    Dreyfus hatte sich lange gefragt, ob die Uhren wohl eine Botschaf
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    hatten angenommen, dass es mit jeder Uhr dazu-
    lernte und immer weitere Erfindungen und Neuerungen
    einbaute.
    Inzwischen galt diese Ansicht als überholt. Eine Analyse mikroskopisch kleiner Gravuren auf dem Uhrwerk von Uhr
    Fünfunddreißig hatte ergeben, dass hier bereits Verfeinerungen - eine elegante Grashüpfer-Hemmung mit Rostpen-
    del - beschrieben waren, die erst in Uhr Dreihundertachtundachtzig realisiert wurden. Da man dem Wesen seine Werke stets sofort nach ihrer Entdeckung weggenommen
    hatte, ließ das nur einen Schluss zu: Der Uhrmacher hatte immer schon gewusst, was er tat.
    Was bedeutete, dass er seinen Amoklauf durchaus schon
    geplant haben konnte, als ihn die Forscher noch für ein harmloses Wesen von kindlicher Unschuld hielten, das
    nichts anderes wollte, als Uhren bauen zu dürfen.
    Was wiederum vermuten ließ, dass in jeder dieser Uhren
    eine Botschaft enthalten sein könnte, die erst noch zu entschlüsseln wäre: eine Botschaft, die verriet, was der Uhrmacher mit der Frau vorhatte, die am längsten mit ihm zusammengelebt hatte und ihn am besten zu kennen glaubte. Ob er sie mehr gehasst hatte als alle anderen?
    Dreyfus wusste es nicht, aber er gab die Hoffnung nicht auf, dass eine der Uhren eines Tages ihr Geheimnis preisgeben würde.
    Allerdings nicht heute.
    Er stellte Uhr Einhundertfünfzehn vorsichtig zurück und schloss die Glastür. Ringsum wurden die anderen Instrumente lauter, ihr Ticken fiel kaum merklich aus dem Takt und wieder zurück, bis ihn der Lärm so einschüchterte,
    dass er ins Schlaflabor floh.
    Seit elf Jahren war die einzige Aufgabe von Demikoffs
    Abteilung die Entfernung des Skarabäus. Jeder Quadrat-
    zentimeter des Schlaflabors hinter der Uhrengalerie (die allein schon tiefe Einblicke in die geistige Verfassung des Uhrmachers gestattete) zeugte von diesem Bemühen: Von
    Wänden und Zwischenwänden leuchteten Schnittgrafiken
    des Skarabäus und seiner Wirtin, die von den Forschern
    seit elf Jahren mit handschriftlichen Notizen und Kommen-taren bekritzelt wurden. Schädel und Nacken Jane Aumoniers waren mit

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