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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Kutter und etwa achtmal so stark
    bewaffnet. Panoplias Vorschriften zufolge war es das größ-
    te Schiff, das noch von einem Präfekten gesteuert wer-
    den konnte und keinen eigenen Piloten brauchte. Dreyfus hatte die erforderliche Ausbildung, zog es aber wie immer in solchen Fällen vor, das Fliegen seinem Unterpräfekten zu überlassen, wenn sich das Schiff nicht selbst steuerte.
    »Macht nicht viel her«, sagte Sparver, als auf einem der Schirme ein vergrößertes Bild erschien. »Im Grunde nur ein großer, naturbelassener Felsbrocken mit einem Funkfeuer, das sagt: >Finger weg - ich gehöre jemandem.«
    »Genauer gesagt der Familie Nerwal-Lermontow.«
    »Sind Sie immer noch nicht dahintergekommen, woher
    Sie den Namen kennen?«
    »Jemand hat mir auf die Sprünge geholfen«, sagte Drey-
    fus und dachte an die nicht gerade freundschaftliche Unterhaltung mit Trajanowa zurück. »Ich weiß jetzt, dass die Nerwal-Lermontow eine der Familien waren, die mit den
    Achtzig in Verbindung standen.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich erinnere mich jetzt wieder. Ich war damals noch ein kleiner Junge, aber man redete im ganzen System von nichts anderem. Die Nerwal-Lermontow waren die Familie, die am meisten Stunk machte.«
    »Haben sie jemanden verloren?«
    »Eine Tochter, glaube ich. Sie wurde sozusagen zum
    Symbol für alle anderen. Ich habe ihr Gesicht vor Augen, aber ich komme nicht auf den Namen. Er liegt mir auf der Zunge...«

    Sparver zog ein Notepad zwischen seinen Knien hervor
    und reichte es Dreyfus. »Ich habe meine Hausaufgaben
    schon gemacht, Boss.«
    »Bevor die Turbinen ausfielen?«
    »Die brauchte ich gar nicht. Erinnern Sie sich noch an
    den Fall, an dem wir vor zwei Jahren arbeiteten? Ein Streit um die Besitzrechte an einem Karussell, das einer der Familien gehörte. Ich hatte damals stapelweise Material in Zusammenhang mit den Achtzig auf mein Notepad kopiert,
    und alles ist noch drauf, einschließlich der Aktenauszüge über alle Mitspieler.«
    »Auch über die Nerwal-Lermontow?«
    »Sehen Sie selbst.«
    Gehorsam vertiefte sich Dreyfus in die Geschichte von
    Chasm City. Der Artikel war mehrere tausend Zeilen lang, und Sparver hätte die Übersicht mit anderen Textfiltern leicht um das Zehn- oder gar Hundertfache aufblähen können. Die großen Familien des Systems waren mehr als um-
    fassend dokumentiert.
    Dreyfus suchte die Achtzig. Ein Name sprang ihm über
    fünfundfünfzig Jahre hinweg entgegen.
    »Aurora«, sagte er fast andächtig. »Aurora Nerwal-Lermontow. Sie war noch sehr jung - erst zweiundzwanzig Jahre alt, als sie sich Cals Maschinen auslieferte.«
    »Armes Kind. Kein Wunder, dass die Familie stinksauer
    war.«
    Das war sie tatsächlich gewesen, Dreyfus erinnerte sich.
    Und wer nicht? Calvin Sylveste hatte seinen neunundsiebzig Freiwilligen versprochen, sie vollkommen unsterblich zu machen. Ihre Bewusstseine sollten bei subneuronaler Auflösung gescannt und die gewonnenen Strukturen in Maschinen hochgeladen werden, die nicht zerstört werden konn-
    ten. Nach ihrer Abbildung in der Computerrealität sollten Calvins Transmigranten nicht nur statische Schnappschüsse sein, sondern auch weiterhin denken und fühlen können.

    Echte Simulationen der Alpha-Stufe sollten sie werden, mit geistigen Prozessen, die von denen eines Menschen aus
    Fleisch und Blut nicht zu unterscheiden wären. Der einzige Haken bei der Sache war, dass das Scannen so rasant und so detailgetreu erfolgen musste, dass es alles zerstörte. Das Bewusstsein wurde Schicht für Schicht auseinandergerissen, bis kein Rest von klarem Verstand mehr übrig blieb.
    Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn der Plan
    funktioniert hätte. Eine Weile war alles gut gegangen, aber kurz nach dem Tod des letzten Freiwilligen - die achtzigste Versuchsperson war Calvin Sylveste selbst gewesen - traten bei den ersten Simulationen Probleme auf. Sie blockierten, verfingen sich in pathologischen Schleifen oder koppelten sich in autistischer Manier mehr oder weniger stark vom äußeren Universum ab. Dem Verfahren fehlte ein wichtiges Detail, ein animierender Impuls.
    »Glauben Sie an Zufälle, Sparver?«
    Sparver bediente die Steuerdüsen. Der Felsen war jetzt
    doppelt so groß, die Runzeln in der aschgrauen Oberfläche wurden deutlicher. Der kartoffelförmige Asteroid war an der dicksten Stelle mehr als zwei Kilometer breit.
    »Warum fragen Sie?«
    »Weil mir bereits vorher aufgefallen war, dass die Familie Sylveste bei meinen Ermittlungen ständig

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