Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
Gehäuse war in tausend dolchspitze Scherben zersprungen, viele
    davon steckten in den Wänden. Dreyfus konnte sich nicht vorstellen, welche Kraft es erfordert hatte, den gepanzerten Mantel zu sprengen, der aus dem gleichen glasartigen Material bestand wie die Rümpfe von Raumschiffen. Von der Apparatur, die sich hinter dem Glas gedreht hatte, bevor sie sich losriss, war nur Staub geblieben, der sich zentimeter-dick auf allen Oberflächen abgesetzt hatte und wie beißender blaugrauer Rauch in der Luft hing. Die Turbine - samt ihren Stapelspeichern und den wirbelnden Suchrotoren -
    hatte sich so gründlich pulverisiert, dass nichts über Grieß-
    korngröße übrig geblieben war. Das war so vorgesehen,
    erinnerte sich Dreyfus. Im Fall einer Eroberung Panoplias sollten dem Feind keine Informationen in die Hände fallen.
    Nicht vorgesehen war allerdings, dass die Selbstzerstörung im Normalbetrieb erfolgte.
    Er betrachtete die anderen Turbinen. Der Mantel des Zy-
    linders, der am dichtesten bei der zerstörten Anlage gestanden hatte, wies mehrere tiefe Sprünge auf. Die Turbine wurde heruntergefahren, die Rotoren im Innern drehten
    sich deutlich langsamer. Auch bei den beiden anderen war die Notabschaltung ausgelöst worden, obwohl deren Ge-häuse offenbar keinen Schaden erlitten hatten.
    Dreyfus machte einen weiten Bogen um die Sanitäter, die in der Halle Techniker mit leichteren Verletzungen durch umherfliegende Glas- und Turbinensplitter versorgten - die Schwerverletzten hatte man bereits hinausgetragen -, und arbeitete sich zu Trajanowa vor, den für die Archive zuständigen Präfekten. Trajanowa galt als überaus kompetent, und Dreyfus schloss sich dieser Meinung an, aber er konnte die Frau nicht leiden und wusste, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie war einmal einer seiner Unterpräfekten gewesen, und er hatte sich von ihr getrennt, weil ihr für den Au-

    ßendienst der nötige Instinkt fehlte. Das hatte sie ihm nie verziehen, und wenn sie sich, selten genug, über den Weg liefen, redeten sie kaum ein Wort miteinander. Dreyfus war dennoch froh, als er sah, dass sie, abgesehen von einer Platzwunde an der Wange, keine äußeren Verletzungen da-vongetragen hatte. Sie drückte schon ihren Ärmel auf die Wunde, damit die Uniform Desinfektions- und Gerinnungs-mittel abgeben konnte. Die Kopfhörer hatte sie sich um den Hals gehängt und die Brille auf die Stirn geschoben. Ihre Kleider und ihre Haut waren von einer feinen blaugrauen Staubschicht überzogen.
    Trajanowa hatte offenbar seinen Blick bemerkt. »Sparen
    Sie sich die Frage, ich habe keine Ahnung, was da eben passiert ist.«
    »Ich wollte mich erkundigen, wie es Ihnen geht. Waren
    Sie hier drin, als es geschah?«
    »Hinter dem vierten Speicher, der von der hochgegange-
    nen Anlage am weitesten entfernt ist. Ich war gerade dabei, die Suchgeschwindigkeit zu kontrollieren.«
    »Und?«
    »Er verschwand einfach. Gerade eben drehte er sich noch, und gleich darauf war er nicht mehr da. Hätte ich die Kopfhörer nicht aufgehabt, ich wäre jetzt taub.«
    »Sie hatten Glück.«
    Sie runzelte die Stirn und hob den Ärmel von der Wunde.
    Dreyfus sah das geronnene Blut auf der Manschette. »Ko-
    misch. In meinen Augen war es eher Pech, überhaupt hier gewesen zu sein.«
    »Wurde jemand getötet?«
    »Ich glaube nicht. Jedenfalls nicht unwiderruflich.« Sie rieb sich die vom Staub geröteten Augen. »Jedenfalls war hier die Hölle los. Das Glas hat den meisten Schaden angerichtet. Es ist aus Hyperdiamant, Dreyfus. Das bricht nicht so leicht. Man könnte meinen, hier wäre eine Bombe hoch-gegangen.«

    »War es eine Bombe? Ich meine, im Ernst: Könnte eine
    Bombe für all das verantwortlich sein?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Die Apparatur hat sich einfach wie aus heiterem Himmel losgerissen. Kein Knall, kein Blitz, keine Vorwarnung.«
    »Die Dinger laufen nahe an der kritischen Bruchgeschwindigkeit, nicht wahr?«
    »Dafür sind sie gebaut. Wir lassen sie so schnell rotieren, wie es geht. Wären sie langsamer, Sie wären der Erste, der sich wegen der Verzögerungen beim Datenabruf beschwe-ren würde.«
    »Könnte die Anlage zu schnell geworden sein?«
    Ihr Blick war Antwort genug. »Das gibt es nicht.«
    »Wie ist es mit Materialermüdung?«
    »Die Anlagen werden turnusmäßig nacheinander dero-
    tiert und gewartet. Sie merken das gewöhnlich nicht, weil wir die Belastung auf die drei anderen Turbos verteilen. Die Anlage, die jetzt versagt hat, gab

Weitere Kostenlose Bücher