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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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aufgerissen und neues Material in den Raum geschleudert. Vier Stöße hintereinander zeigten an, dass die Korvette ihre Projektilwerfer in Stellung brachte und Raketen in die Gegen-richtung spie wie harte Traubenkerne. Die Geschosse mit den Schaumphasensprengköpfen suchten sich ihre Ziele
    selbst und schlugen hundert Meter breite Krater in die
    Kruste.
    Die Gatling-Kanonen nahmen das Feuer wieder auf.
    Erschreckend plötzlich trat Stille ein. Nur hin und wieder prallte noch ein kleinerer Felsbrocken gegen das Schiff.
    »Ich befinde mich weiterhin in maximaler Kampfbereit-
    schaft«, meldete die Korvette so verwirrend gelassen und ohne Eile, als liefere sie den Wetterbericht. »Laut Situations-analyse wurde das gegnerische Objekt auf Bedrohungssta-
    tus Gamma zurückgefahren. Diese Analyse kann fehlerhaft sein. Wenn Sie dennoch auf mittlere Kampfbereitschaft zu-rückgehen wollen, erteilen Sie bitte den entsprechenden Befehl.«
    »Du kannst zurückgehen«, sagte Dreyfus.
    Der Kokon gab ihn frei. Er fühlte sich wie ein einziger Bluterguss und hatte höllische Kopfschmerzen. Aber er war immerhin noch am Leben, und seine Knochen schienen
    heil geblieben zu sein.
    »Ich glaube, wir haben das Stadium der Randermittlun-
    gen soeben verlassen«, stellte Sparver fest.
    Dreyfus spuckte blutigen Speichel aus. Irgendwann im
    Verlauf des Angriffs musste er sich auf die Zunge gebissen haben. »Wie steht es um das Schiff?«, erkundigte er sich.
    Sparver warf einen Blick auf eine der Statusanzeigen.
    »Die gute Nachricht ist, wir haben noch Energie und Luft, und das Lageregelungssystem ist intakt.«

    »Und die schlechte?«
    »Die Sensoren sind zerschossen, und die Fernkommuni-
    kation funktioniert offenbar auch nicht mehr. Ich glaube nicht, dass wir nach Hause telefonieren und Verstärkung anfordern können.«
    Dreyfus ärgerte sich. Die Situation war absurd. Sie befanden sich immer noch im Glitzerband, mitten im Gewimmel
    der menschlichen Zivilisation, nicht mehr als tausend Kilometer vom nächsten bewohnten Habitat entfernt. Und doch waren sie so hilflos, als trieben sie weit außerhalb des Systems im interstellaren Raum.
    »Können wir sonst jemanden erreichen?«, fragte er. »Wir haben immer noch die Signallaser. Wenn wir ein optisches Signal an ein vorbeifliegendes Schiff absetzen, können wir es vielleicht auf uns aufmerksam machen.«
    Sparver hatte bereits ein Navigationsdisplay aktiviert, das alle Schiffe in einem Radius von fünftausend Kilometern zeigte. Dreyfus starrte es wie gebannt an, aber das kugelförmige Display war gestört, die Schäden der Korvette erzeugten irritierende Phantombilder.
    »Viel ist da draußen nicht unterwegs«, bemerkte Sparver.
    »Jedenfalls nicht in Reichweite manueller Signale.«
    Dreyfus tippte mit dem Finger auf ein Dauerecho, das
    langsam durch den gescannten Raum glitt. »Das ist ein echtes Objekt, und es sieht auch so aus, als wäre es in der Nähe.
    Was ist es?«
    »Der Transpondermarkierung nach ein Robotfrachter.
    Wahrscheinlich auf dem Heimweg von einer der Hoch-
    Energie-Produktionsanlagen auf Marcos Auge.«
    »Er wird uns in dreitausend Kilometern Abstand passie-
    ren. Das ist hier draußen so gut wie gar nichts.«
    »Aber er wird nicht antworten, selbst wenn wir ihn mit
    dem Laser direkt treffen. Ich fürchte, uns bleibt nichts anderes übrig, als nach Hause zu humpeln und zu hoffen,
    dass uns niemand über den Haufen fliegt.«

    Dreyfus nickte kläglich. Bei den dichten Verkehrsströ-
    men im Glitzerband war ein Schiff mit eingeschränkter Sen-sorfunktion akut gefährdet. Erst recht ein stark getarntes Schiff, das nahezu unsichtbar war.
    »Wie lange werden wir brauchen?«
    Sparver schloss die Augen und rechnete. »Neunzig Minu-
    ten, vielleicht etwas weniger.«
    »Und eine weitere Stunde, bis wir vernünftigerweise da-
    mit rechnen können, mit einem neuen Schiff hierher zu-
    rückzukommen. Noch mehr, wenn es erst von einem ande-
    ren Einsatz umgeleitet werden muss.« Dreyfus schüttelte den Kopf. »Das dauert mir zu lange. Jede Faser meines Körpers sagt mir: Geh nicht weg.«
    »Dann setzen wir eben eine Überwachungsdrohne ab.
    Wir haben eine an Bord.«
    »Eine Drohne nützt uns nichts, wenn jemand die Flucht
    ergreift, solange wir außer Reichweite sind.«
    »Ich glaube nicht, dass da unten jemand ist.«
    »Aber wir wissen es nicht.« Dreyfus lockerte die Gurte so weit, dass sich seine Rückenmuskeln nach den mörderi-schen Schwenks der Korvette etwas entspannen

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