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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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und sah sich hilflos um.
    »Hallo, Präfekt.« Eine mollige Frau mit roten Apfelbäckchen trat vor die Gruppe hin. Ihre Stimme schwankte ner-vös, als sei sie nicht gewöhnt, vor Publikum zu sprechen.
    »Willkommen im Haus der Mitte. Wir hätten Sie gern an der Andockstation empfangen, aber wir waren alle schon lange nicht mehr in Schwerelosigkeit.«
    Thalia stellte den Zylinder ab. »Das macht nichts. Ich bin gewöhnt, mich auch allein zurechtzufinden.«
    Ein schlaksiger Mann mit hängenden Schultern hob die
    Hand. »Hat Wundervogel Ihnen alles gesagt, was Sie wissen müssen?«
    »Die Eule gehört Ihnen?«

    »Oh ja«, strahlte der Mann und hob den gebeugten
    Arm. Die Eule flatterte aus dem Fahrstuhl an Thalia vorbei auf die Gruppe zu und landete zielsicher auf seinem Ärmel.
    »Ich bin ein vortrefflicher Vogel«, sagte die Eule.
    »Mein Hobby«, sagte der Mann und streichelte das Tier
    unter dem gegliederten Hals. »Ich baue mechanische Tiere und verwende dabei nur Verfahren, die schon den Prä-Calvinisten bekannt waren. Das bewahrt mich vor Dummheiten, sagt meine Frau.«
    »Wie schön für Sie«, bemerkte Thalia.
    »Sie wollten einen von Bascombes Automaten schicken,
    aber dann fiel ihnen wieder ein, was beim letzten Mal passierte, als einer von denen eine Panne hatte. Und so rückte Wundervogel auf der Liste ganz nach oben.«
    »Was für eine Liste?« Thalia sah sich die seltsame Gesellschaft an. Kein einziges Mitglied der Gruppe wirkte zer-lumpt oder schlampig - alle waren gut angezogen, bunt,
    aber nicht geschmacklos, gepflegt, ja, gediegen -, aber der Gesamteindruck war alles andere als harmonisch. Wie eine Zirkustruppe, dachte sie, nicht wie eine Abordnung von
    Bürgern. »Wer sind Sie eigentlich?«
    »Wir sind das Empfangskomitee«, sagte die Mollige.
    »Das hat mir die Eule gesagt.«
    Jetzt trat ein streng wirkender Herr in aschgrauem, haut-engem Anzug vor. Von seiner Nase zu seinen Mundwinkeln
    zogen sich tiefe Falten, sein weißgraues Haar war dicht und störrisch und an den Schläfen kurz geschoren. Die knochigen Hände waren fest ineinander verschränkt. »Vielleicht wäre eine Erklärung angebracht. Sie befinden sich in einem der egalitärsten Staaten im Glitzerband.« Seine Stimme war leise und sehr beruhigend, sie ließ Thalia an dunkles, knorriges Holz denken, das über Generationen von vielen Händen geglättet worden war. »Vergleichsweise wenige Staaten leben im eigenen Haus in dem Sinn nach wahrhaft demar-eh istischen Grundsätzen, dass sie alle Regierungsstrukturen und alle offiziellen gesellschaftlichen Kontrollorgane abschaffen. In Haus Aubusson ist dagegen genau das der
    Fall. Sie haben womöglich einen protokollarischen Emp-
    fang durch mehr oder weniger aufgeblasene Würdenträger
    von unterschiedlichem Rang erwartet.«
    »Mag sein«, gab Thalia zu.
    »In Aubusson gibt es keine Würdenträger. Es gibt keine
    Obrigkeit, nur die transparente Herrschaft des Gemein-
    schaftswillens. Alle Bürger verfügen über das gleiche Maß
    .111 politischer Macht und können sie über die Mechanismen der demokratischen Anarchie einsetzen. Sie fragen, wer wir sind. Ich werde es Ihnen sagen. Beginnen wir mit mir selbst.
    Ich heiße Jules Caillebot und bin Landschaftsgärtner. Zuletzt habe ich an der Neugestaltung des botanischen Gartens in dem Viertel gearbeitet, das an das Freilufttheater in Valloton angrenzt, einer Gemeinde zwischen der fünften und sechsten Fensterreihe.« Er wies auf die mollige Frau, die als erste gesprochen hatte.
    »Ich bin ein völliger Niemand«, sagte sie mit fröhlichem Trotz. Ihre Nervosität war wie weggeblasen. »Von Jules
    haben wenigstens einige Leute in Aubusson schon gehört, aber mich kennt nun wirklich keiner. Ich bin Paula Thory.
    Ich züchte Schmetterlinge, und nicht einmal besonders seltene oder schöne Exemplare.«
    »Hallo«, sagte Thalia.
    Paula Thory gab dem Mann, der die Eule gebaut hatte,
    einen Rippenstoß. »Na los!«, sagte sie. »Erzähle es ihr endlich. Ich weiß doch, dass du es kaum erwarten kannst.«
    »Ich bin Broderick Cuthbertson. Ich baue mechanische
    Tiere. Das ist mein ...«
    »Hobby, ja. Das sagten Sie bereits.« Thalia lächelte höflich.
    »Die Automatenbauer bilden eine sehr lebendige Subkultur in Aubusson. Natürlich spreche ich von richtigen Auto-matenbauern. Streng prä-calvinistisch. Alles andere ist einfach Betrug.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Meriel Redon.« Eine junge, gertenschlanke Frau hob
    zaghaft die Hand. »Ich baue

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