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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Möbel aus Holz.«
    »Cyrus Parnasse«, sagte ein anderer Mann, ein kräftiger bäuerlicher Typ mit rotem Gesicht und hartem Akzent, der geradewegs dem Mittelalter hätte entstiegen sein können.
    »Ich bin Kurator im Museum der Cybernetik.«
    »Ich dachte, das Museum der Cybernetik befinde sich in
    Haus Sylveste?«
    »Unseres ist nicht so groß«, sagte Parnasse. »Auch nicht so protzig und auf die breite Masse zugeschnitten. Aber uns gefällt es.«
    Nacheinander stellten sich auch alle anderen vor. Als der letzte der zwölf gesprochen hatte, wandten sich alle wie von einem Prozess der kollektiven Entscheidungsfindung gesteuert, der so subtil war, dass Thalia ihn nicht bemerkte, wieder Jules Caillebot zu.
    »Wir wurden willkürlich ausgewählt«, erklärte der. »Als man uns mitteilte, dass ein Agent von Panoplia hierher
    kommen würde, mischte der Votenprozessor die Namen
    aller achthunderttausend Bürger und zog dann die zwölf, die jetzt vor Ihnen stehen. In Wirklichkeit war es noch etwas komplizierter. Unsere Namen wurden nämlich den Wählern vorgelegt, die mehrheitlich über unsere Eignung für diese Aufgabe entscheiden sollten. Die meisten stimmten mit >kein Einwand<, aber einer der ursprünglichen zwölf wurde von einem Prozentsatz von Bürgern, der zu groß
    war, als dass ihn der Prozessor ignorieren konnte, rundweg abgelehnt. Offenbar ein Schürzenjäger. Er hatte sich jedenfalls so viele Feinde gemacht, dass er seine einzige Chance, jemals berühmt zu werden, vergab.«
    »Wenn du das unter Berühmtheit verstehst«, sagte Par-
    nasse, der Museumskurator, geringschätzig. »In zwei Stunden haben Sie Aubusson wieder verlassen, junge Frau,
    und wir sinken wieder in wohlverdiente Vergessenheit
    zurück. Es ist doch nur ein Besuch dieser Art? Wenn es
    »ich um einen Ausschluss handelt, hat uns niemand ge-
    warnt.«
    »Davor wird auch nicht gewarnt«, versetzte Thalia tro-
    cken, ohne auf seinen mürrischen Unterton einzugehen.
    »»Aber nein, ein Ausschluss ist nicht vorgesehen, es geht nur um ein Routine-Update des Votenprozessors. Und ob
    Sie nun stolz darauf sind, diesem Empfangskomitee an-
    zugehören oder nicht, ich bin Ihnen jedenfalls dankbar
    für die freundliche Aufnahme.« Sie hob den Zylinder auf und genoss vor dem Eintritt in die volle Schwerkraft noch einmal sein geringes Gewicht. »Eigentlich brauche ich nur jemanden, der mich zum Votenprozessor führt, ich kann
    mir den Weg aber auch selbst suchen, wenn Ihnen das lieber ist. Sie können gern alle mitkommen, aber nötig ist es nicht.«
    »Möchten Sie sofort zum Prozessor?«, fragte Jules Caillebot. »Das ist natürlich möglich. Wir können aber auch zuvor eine Tasse Tee und ein paar Erfrischungen zu uns nehmen und dann vielleicht einen kleinen Spaziergang durch einen der Gärten machen.«
    »Dreimal dürft ihr raten, welche Gärten er meint«, ki-
    cherte jemand.
    Thalia hob beschwichtigend die Hand. »Sehr freundlich
    von Ihnen, aber meine Vorgesetzten in Panoplia werden
    ziemlich ungemütlich, wenn ich mich nicht rechtzeitig zu-rückmelde.«
    »Wir können in zwanzig Minuten am Prozessor sein«,
    sagte Jules Caillebot. »Er ist gleich hinter der zweiten Fens-lerreihe. Sie können ihn sogar von hier aus sehen.«
    Thalia hatte erwartet, dass der Prozessor in der Außen-
    hülle der Welt vergraben wäre wie ein subkutanes Implantat. »Tatsächlich?«

    »Ich werde es Ihnen zeigen. Das Gebäude, in dem er sich befindet, ist neu und sehr elegant, auch wenn man sich
    nicht selbst loben sollte.«
    »Das ist eine Meinung«, polterte Parnasse gerade so laut, dass Thalia es hören konnte.
    Sie wurde an das Fenster geführt. Vor ihr erstreckten
    sich, sanft abfallend, die letzten zwei Kilometer der Endkappe, danach begann das ebene Gelände des Haupt-
    zylinders. Caillebot, der Landschaftsgärtner, trat an ihre Seite und streckte die Hand aus. »Da«, flüsterte er. »Sehen Sie die erste und die zweite Fensterreihe? Nun richten Sie den Blick auf die weiße Brücke, die gleich neben dem nierenförmigen Teich über die zweite Reihe führt. Folgen Sie dieser Brücke etwa zwei Kilometer weit bis zu einem Ring von Gebäuden, die einen hohen schmalen Turm umgeben.«
    »Ich hab's«, sagte Thalia. Der Turm lag genau vor ihr und war trotz der Kreisform des Habitats so genau an ihrer eigenen Lokalvertikalen ausgerichtet, dass es kein Zufall sein konnte. Vermutlich hatte man sie bereits zu der Fahrstuhl-anlage geführt, die für Besuche des Votenprozessors

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