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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zu schweigen.
    »Ich begreife nicht...«, begann er.
    »Das war ich«, sagte die Frau. »Ich habe sie abgeschnitten. Ich habe sie alle abgeschnitten.«
    »Warum?«, fragte Dreyfus.
    »Um sie zu essen«, sagte sie, und es klang erstaunt. »Aus welchem anderen Grund hätte ich so etwas tun sollen?«

    Wieder stand Thalia vor einem wartenden Votenprozes-
    sor. Der Raum mit der Anlage befand sich irgendwo in der hundert Meter großen Kugel: Nach seinen Ausmaßen zu
    urteilen wahrscheinlich ungefähr in der Mitte. Ein Ring von riesigen Bullaugenfenstern durchbrach die beigefarbe-nen Wände mit den weißen Labyrinthmustern, die frühen
    Schaltplänen nachempfunden waren. Für Besucher standen
    Tische und Stühle bereit. Alle Möbel bestanden zur Sicherheit aus träger Materie; man ließ außer dem unentbehrlichen Minimum, das für seine Funktion erforderlich war,
    keine Aktivmaterie in die Nähe eines Votenprozessors. Der Prozessor selbst, ein perlweißer, von einem niedrigen Metallgitter umgebener Zylinder, wuchs in der Mitte aus dem Boden und durchbohrte die Decke. Auf einem massiven
    Sockel außerhalb des umzäunten Bereichs stand ein Glas-
    kasten mit einem überaus präzise gefertigten Architekturmodell des Museums der Cybernetik.
    Thalia hatte erklärt, was sie zu tun hatte; wenn alles nach Plan ginge, wäre sie in weniger als zwanzig Minuten wieder unterwegs; ihre Gastgeber müssten mit einer lediglich unterschwellig wahrnehmbaren Unterbrechung der Abstrak-
    tion rechnen. Sie hatte auch den Prozessor bereits untersucht und sich vergewissert, dass nach dem Öffnen des
    Zugriffsfensters keine Überraschungen zu erwarten waren.
    »Eigentlich«, sagte sie mit gut gespielter Bescheidenheit,
    »ist es nicht weiter interessant. Wenn es eine große Sache wäre, hätte man nicht nur einen einzigen Außendienstprä-
    fekten geschickt.«
    »Nun stellen Sie mal Ihr Licht nicht unter den Scheffel«, sagte Caillebot, der in einem klobigen blauen Sessel lümmelte und ein Bein über das andere geschlagen hatte.
    »Ich meine nur, wenn Sie nicht hier herumsitzen wollen, während ich ein paar langweilige Beschwörungen murmle,
    bin ich Ihnen nicht böse. Ich weiß jetzt, wie ich wieder nach unten komme. Wenn Sie an den Goldfischteichen warten,
    stoße ich zu Ihnen, sobald ich fertig bin.«
    »Wenn es Sie nicht stört, würden wir wohl alle lieber
    hierbleiben«, sagte Paula Thory und sah die anderen Unterstützung heischend an. »Man hat nicht oft Gelegenheit, das schlagende Herz der Abstimmungsanlage so offen vor sich zu sehen.«
    Thalia zerrte an ihrem feuchten Kragen. »Ich habe nichts dagegen, wenn Sie zuschauen. Ich bin fast so weit.«
    »Dann lassen Sie sich nicht aufhalten, Präfekt«, ermun-
    terte sie Thory.
    Sie spürte die Blicke der Zuschauer, als sie ihren Zylinder öffnete und den letzten der vier Einmalschlüssel entnahm.
    »Ich werde jetzt drei Zauberworte sprechen. Sie geben mir für sechshundert Sekunden Zugriff auf den Prozessor.
    Wenn ich das Fenster geöffnet habe, gibt es kein Zurück mehr, ich muss Sie also bitten, mich nur in dringendsten Fällen zu unterbrechen. Natürlich werde ich Sie über das Geschehen auf dem Laufenden halten.«
    »Das ist sehr freundlich. Bitte setzen Sie Ihre Arbeit fort und kümmern Sie sich nicht weiter um uns«, sagte Caillebot.
    Thalia trat durch eine Öffnung im Absperrgitter, stellte den Zylinder ab und wandte sich der flimmernden Säule
    zu. Sie räusperte sich. »Ich bin Unterpräfekt im Außendienst Thalia Ng. Bestätige Abschaltung der Sicherheitsfunktionen unter Hickory Dämmerung Elfenbein.«

    »Abschaltung bestätigt«, antwortete der Prozessor. »Sie haben jetzt für sechshundert Sekunden freien Zugriff, Unterpräfekt Ng.«
    Thalia holte die letzte Update-Diskette aus ihrem Zylinder.
    »Die werde ich in den Prozessor einführen«, erklärte sie. »Sie enthält neue Softwareanweisungen zur Schließung einer
    kleinen Sicherheitslücke, die von Panoplia entdeckt wurde.«
    Sie verlangte vom Prozessor einen Port zur Dateneingabe.
    Dann schob sie die dicke Diskette in die Säule und trat zu-rück, während die Anlage den Inhalt auslas. Thalia war
    ungeduldig, aber nicht nervös. Sie war im Karussell New Seattle-Tacoma auf Schwierigkeiten gestoßen, aber alle ihre Instinkte versicherten ihr, dass sie hier nichts dergleichen zu befürchten hatte.
    »Die Diskette enthält ein Datenfragment«, sagte der Prozessor. »Wie soll ich mit diesem Datenfragment verfahren?«
    Bevor Thalia

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