Aurum und Argentum (2) - Die magischen Avatare (German Edition)
blitzte und grollte es ohrenbetäubend. Vor Schreck fuhr Nepomuk seine Stacheln aus. „Zum Weglaufen dürfte es zu spät sein“, knurrte Orion, „aber ich verachte sinnlose Gewalt.“
Eine wirklich löbliche Einstellung, nur leider sah der Donnervogel das offenbar ganz anders. Wie ein Pfeil stürzte er vom Himmel hinab, streckte die Klauen aus und mit einem Hieb warf er den Greif zu Boden.
„Flegel!“, brüllte Kleopatra und schwang ihren Zauberstab, der starke Wind blies den Feenglanz allerdings davon. Dennoch blieb die Reaktion nicht aus. Der Donnervogel landete, wandte den Kopf und schnappte mit seinem mächtigen Schnabel. „Daneben!“, krähte Kleopatra und streckte ihm die Zunge heraus. Ein schauriges Grollen erklang aus der Adlerkehle und das Tier kniff verärgert die Augen zusammen. Trocken schluckte Leon, der gerade Orion wieder auf die Pfoten half.
„Kleo!“, schimpfte Calep. „Verschwinde!“ Doch die Fee dachte nicht im Traum daran:
„Dieser übergroße Truthahn macht mir keine Angst!“
„Dumme Kuh!“, zischte Calep und stieß die Fee zur Seite, sie landete auf ihrem Hinterteil und schimpfte wie ein Rohrspatz, hielt aber inne, als ein Blitz sich aus den Augen des Donnervogels löste. Sogleich stand Calep stocksteif in der Prärie. Sämtliche Haare standen ihm zu Berge, zum Glück war der Stromschlag nicht allzu stark gewesen.
„Wir haben dir doch gar nichts getan!“, schimpfte Flux und verwandelte sich. „Was fällt dir ein, deine Blitze auf uns zu schleudern, als wärst du der mächtige Zeus?“ Eine verbale Antwort bekam er nicht, dafür musste er mehreren elektrischen Entladungen ausweichen. „Du willst also Ärger? Den kannst du haben!“ Drac’o holte tief Luft und schickte dem Adler eine mächtige Flammenwolke entgegen. Kreischend erhob sich jener in den Himmel und postwendend stürzte ein Schwall kalten Gewitterwassers auf den Jungdrachen herab. Hustend und prustend saß er sogleich am Boden, aus seiner nun nassen Kehle kamen nunmehr keine Flammen, sondern nur noch Rauch.
„Bist du verletzt?“, fragte sein Bruder bang, doch es war nur Drac’os Stolz, der gekränkt war.
„Ruhe dich aus“, bat Orion, der inzwischen wieder auf die Füße gekommen war. „Jetzt nehme ich mir dieses Brathähnchen selber vor!“ Noch während er das sagte, spannte er die Flügel auseinander und stieß sich vom Boden ab. Mit aufgerissenem Schnabel schoss er dem Donnervogel entgegen und versetzte ihm ein paar Schläge und Tritte. Der Donnervogel kreischte und hieb mit den eigenen Fängen zurück.
„Wie furchtbar!“, jammerte Kleopatra, als Orion vom Blitz getroffen wie ein Stein zu Boden fiel. Sie selbst hatte sich verkleinert und harrte nun zwischen Nepomuks Vorderbeinen aus. Das Tosen des Gewitters schwoll an, immer mehr Entladungen zuckten herab.
„Calep! Drac’o!“, rief Leon gegen den Sturm an. „Bleibt zurück!“ Mit leicht zitternder Hand holte er den Speer hervor, zielte und schleuderte ihn. Die scharfe Spitze bohrte sich in das rechte Bein des Donnervogels und schürte seinen Zorn, im Sturzflug sauste er zu Boden, landete und mit einem Satz war er bei Leon. Drohend plusterte der Adler sich auf, hob seinen linken Fuß und trat Leon damit heftig gegen die Brust. Der Kentaur schwankte, kippte zur Seite und schon drückte ihn der Feind mit seinem Tonnengewicht zu Boden. Vor Verzweiflung begann Drac‘o zu fluchen, doch sein Feuer war noch immer erloschen.
„Hör auf du Ungetüm! Du zerquetscht ihn!“, rief er bang und ein Zittern überkam ihn. Leon ächzte und stöhnte unter dem Gewicht, das Atmen wurde immer schwerer für ihn.
„Du hast Recht“, zischte Calep, der dicht bei Drac‘o im strömenden Regen kniete. „Wir müssen etwas tun!“
„Nein!“, brüllte Orion. „Bleibt wo ihr seid!“ Obwohl auch er schon sehr angeschlagen war, gelang es ihm, sich zu erheben. Mit angelegten Ohren schlich er auf den Donnervogel zu, der sich gerade den Speer aus dem Bein zog. Mit der anderen Pranke drückte er Leon weiterhin in den aufgeweichten Boden. Verzweifelt stemmte der sich dagegen, kam aber nicht frei, sondern schluckte Schlamm und hustete.
„Lass ihn gehen!“, forderte Orion. „Tragen wir diesen Kampf untereinander aus!“ Misstrauisch schielte der Donnervogel ihn an.
„Bring dich nicht in Gefahr!“, ächzte Leon. Zwar war er kurz davor, die Besinnung zu verlieren, doch noch einmal stemmte er sich mit aller Kraft gegen den Donnervogel. In diesem Moment wünschte er
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