Aurum und Argentum (2) - Die magischen Avatare (German Edition)
und sie dazu zwingen, sie zu verhätscheln, zu bedienen, für sie zu singen und zu musizieren! Diese Mistechse hat es tatsächlich gewagt, einen Kentauren zu versklaven? Dafür wird sie im Topf schmoren, mit Ananas und Essig!“
„Wie?“, Leon verstand kein Wort, derweil bäumte sich die wütende Kentaurin auf.
„Komm’ her, du Monster! Keine Bange, Fremder. Dein Leiden wird gleich ein Ende haben!“ Ihre Vorderhufe kamen auf Flux zugeschnellt, doch statt ihm trat sie Leon in die Seite, der sich dazwischen warf. „Himmel!“, erschreckte sich das Fräulein. „Hat dich dieses Mistvieh auch noch abgerichtet, ihn zu schützen, ja?“ Sie ballte wieder die Fäuste, kam aber nicht mehr dazu etwas zu tun, denn Leon richtete sich ruckartig auf und umfasste ihre Handgelenke.
„Drac’o ist mein Bruder. Seine Familie hat mich adoptiert.“ Erschüttert starrte ihn die Kentaurin aus ihren blauen Augen an.
„Euch kann man aber auch keine fünf Minuten alleine lassen!“, wetterte Kleopatra und kam herangeschwirrt. „Muss ich Orion wecken? Er schnarcht noch.“
„Eine Fee?“
„Ja, doch!“, erwiderte Kleopatra und sah an der Kentaurin hinauf und wieder hinunter. Die schwarzen Tupfen auf dem weißen Fell des Pferdekörpers sahen ganz hübsch aus, wie bei einem Knabstrupperpferd. Die überlangen Haare an Kopf und Schweif fand sie allerdings etwas übertrieben, obwohl ihre eigenen genauso üppig waren.
„Eine gute oder eine böse Fee?“, hakte die Kentaurin nach.
„Natürlich eine gute!“, kam es zickig zurück. „Würde sich eine schlechte Fee so geschmackvoll kleiden? Nein!“
Leon ließ das Mädchen los und es zupfte ihr moosgrünes Oberteil zurecht. „Geschmackvoll?“, sie musterte die pinke Garderobe der Fee. Ein lautes Gähnen erscholl und Orion nahte. Sofort wurde das hellhäutige Kentaurenfräulein noch blasser. „Pferdefresser!“, kreischte sie, packte Leon am Arm und wollte ihn mit sich fort ziehen, doch er blieb stehen, stur wie ein Esel. „Ja, willst du denn gefressen werden? Bist du von allen guten Geistern verlassen?“
„Das ist doch nur Orion, der frisst keine Kentauren.“
„Richtig“, wichtigtuerisch rückte der Greif wie üblich an seiner Sehhilfe, „du brauchst keine Angst zu haben, Fräulein. Wie ich sehe, bist du eine Pterokentaurin.“ Als solche wiesen sie jedenfalls ihre Flügel aus.
„Vier Beine, zwei Arme, zwei Flügel“, zählte Kleopatra auf, „ganz schön übertrieben.“
Wütend stemmte das Mädchen die Hände in die Hüften. „Die Flügel und die Fellzeichnung habe ich von meinem stolzen Vater geerbt, damit du es nur weißt! Die schwarzen Haare auch und überhaupt …“ Sie holte tief Luft. „Er war ein großer Herdenanführer und ein wahrer Krieger. Er fürchtete sich vor keinem Ungeheuer … auch nicht vor Drachen!“ Ihr Selbstbewusstsein war nur mäßig gespielt, denn sie ging einen Schritt rückwärts.
„Fürchte dich nicht“, bat Orion, „ich werde nicht versuchen, dir ein Leid zuzufügen. Bei meiner Ehre.“
Misstrauisch legte die Pterokentaurin die Stirn in Falten. „Ein Greif, der keine Kentauren frisst und ein Kentaur, der behauptet, einen Drachen zum Bruder zu haben. Dazu auch noch eine freche Fee. Was seid ihr eigentlich für ein komischer Haufen?“
„Also ich bin Drac’o“, riss jener das Wort an sich, „aber in dieser Gestalt nennt man mich Flux. In Wahrheit bin ich ein Smaragddrache und damit du es nur weißt, die Erdschatzdrachen sind friedlich, wir fressen keine Zweibeiner oder Kentauren.“
„Sehr richtig“, gab Orion ordentlich seinen Senf dazu, „allgemein unterscheidet man die Erdschatzdrachen – kurz Erddrachen – von ihren westlichen Verwandten A) durch ihre Größe, Erddrachen werden nur wenig mehr als zwei Meter hoch. B) Westliche Drachen haben kein äußeres Ohr. C) Erdschatzdrachen haben fünf Finger und Zehen, Drachen des Westens nur je vier. D) …“
„Ich habe ja verstanden!“, fiel ihm die Kentaurin ins Wort. „Ist ja schon gut – mein Fehler. Ich dachte er sei ein junger Westlicher Drache … von den anderen habe ich nie auch nur eine Schwanzspitze je gesehen.“ Leon atmete erleichtert auf und rieb sich die Rippen, er würde sicher schöne blaue Flecke dort bekommen, wo sie ihn getroffen hatte.
„Du bist also nicht sein Sklave, sondern sein Bruder.“ Wahrheitsgemäß nickte Leon. „So, so und was stellt ihr anderen dar?“
Kleopatra hob die Nase hoch in den Wind. „Damit du es ja weißt: wir
Weitere Kostenlose Bücher