Aus Dem Dunkel
los war, als sie ihm eröffnet hatte, dass er im Arbeitszimmer schlafen würde.
»Okay«, sagte sie und holte zitternd Luft. »Du bist lange weg gewesen«, fuhr sie fort. »Ein ganzes Jahr. Man hat uns glauben lassen, du wärst tot.«
Sie wartete auf eine Reaktion. Doch nichts geschah. Er saß so still da, als wäre er ein Teil des Stuhls, doch er beobachtete sie genau mit seinen gelbgrünen Augen.
Sie knetete ihre Hände. »Bevor du gegangen bist, waren wir doch auch nicht besonders glücklich, Gabe. Wir haben nie irgendetwas zusammen unternommen. Dir ist es immer nur um deine Arbeit gegangen. Mal und ich sind ständig nur auf Zehenspitzen um dich herumgeschlichen und haben versucht, dir nicht im Weg zu sein.« Sie hielt inne und wartete darauf, dass er irgendetwas sagte, irgendetwas tat.
Doch er regte sich immer noch nicht.
Also redete sie weiter. »Die Dinge haben sich verändert, während du fort warst. Ich habe einen neuen Job, und er macht mir Spaß. Mir war vorher noch nie aufgefallen, dass ich es auch allein schaffen kann. Aber jetzt weiß ich es, und … und ich glaube, es war ein Fehler, dass wir geheiratet haben.«
Bei dem Wort »Fehler« blinzelte er kurz, und sie fragte sich, ob er zumindest innerlich irgendeine Reaktion verspürte, denn sein Gesichtsausdruck verriet absolut nichts. »Du hast jemand anderen kennengelernt?«, fragte er leise.
War es Enttäuschung, die sie da in seiner Stimme hörte, oder Eifersucht?
»Nein!«, erwiderte sie entschieden. Als ob ein anderer Mann jemals Gabes Platz würde einnehmen können. »Gott, nein!« Von Männern hatte sie für eine ganze Weile die Nase voll.
Zwischen beiden entstand eine bedrückende Stille.
Helen schluckte. Gabe starrte sie auf genau dieselbe Weise an, die sie immer weiche Knie hatte bekommen lassen und die ihr die Röte ins Gesicht getrieben hatte. Und auch diesmal war es nicht anders. Sie wünschte, er würde irgendetwas sagen, um die Anspannung zu lösen.
»Und was nun? Möchtest du, dass ich sofort das Haus verlasse?«, erkundigte er sich, und diesmal schwang in seiner Stimme eine Schärfe mit, die einen gewissen Ärger verriet.
»Natürlich nicht«, versicherte sie ihm und wischte sich den Schweiß von den Handflächen. »Du kannst herzlich gern hierbleiben, bis dein Gedächtnis wieder in Ordnung ist. Ich … wollte nur … du weißt schon … dir erklären, warum du im Arbeitszimmer schlafen wirst und nicht … « in meinem Bett. Sie brachte die Worte einfach nicht über die Lippen.
Er ließ seinen Blick über ihren Körper schweifen. Es war, als spürte sie ihn wie feine Nadelstiche, bis hinunter in die Zehen. Es war offensichtlich, dass er sie im Geiste auszog.
Als er ihr wieder in die Augen sah, war ihm das Bedauern deutlich anzusehen. »Ich verstehe«, sagte er. »Du willst damit sagen, dass wir uns trennen sollten, sobald es mir wieder gut genug geht, dass ich für mich selbst sorgen kann.« Er sagte es mit deutlicher Selbstironie.
Helen befeuchtete ihre trockenen Lippen mit der Zunge. So, wie er es sagte, klang es plötzlich kalt und herzlos. »Es besteht überhaupt kein Grund zur Eile«, versicherte sie ihm. »Mir ist wichtig, dass du dich wieder vollkommen erholst. Ich weiß, ein SEAL zu sein, ist dein Leben, und ich möchte, dass du wieder in dein Leben zurückfindest.«
Plötzlich flackerte in seinen Augen Verärgerung auf. Sie kannte diese Anzeichen, sein aufbrausendes Temperament, und konnte sich gerade noch zurückhalten, diese Wut nicht wie gewöhnlich im Keim zu ersticken. Sein Zorn war nun sein Problem, nicht mehr das ihre. »Es tut mir leid«, fügte sie hinzu und schob das Kinn vor. »Ich habe nicht gewollt, dass es so endet.«
Und bevor der Mut sie verließ, entschuldigte sie sich leise und zog sich in ihr Schlafzimmer zurück, wo sie sich zitternd von innen gegen die Tür lehnte. Sie wartete auf das Gefühl der Erleichterung. Schließlich hatte sie es getan. Sie hatte Gabe ihre Entscheidung mitgeteilt. Leila, ihre beste Freundin, würde stolz auf sie sein.
Aber warum konnte sie selbst sich überhaupt nicht darüber freuen?
Mit dem Gefühl, eine Kugel in den Bauch bekommen zu haben, saß Gabe wie gelähmt auf dem Barhocker in der Küche. Erst nach und nach konnte er sich von seiner Überraschung erholen, und der Schmerz der Erkenntnis bohrte sich wie Glassplitter unter seine Haut, direkt in sein Herz. Deswegen also war er nie jemand anderem nähergekommen. Helen übte eine unglaubliche Anziehungskraft auf
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