Aus Dem Dunkel
hatte ihm bereits klargemacht, dass er ausziehen würde, sobald er sein Erinnerungsvermögen zurückerlangt hätte.
Aber dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um darauf herumzureiten. Die höchste Priorität lag darin, dass Gabe sich wieder erholte. Außerdem hatte sie ohnehin keine Probleme mit dem Mann, der gerade vor ihr stand. Dieser Gabe war einfach umwerfend. Er hielt ihre Tochter von irgendwelchen Versuchungen fern. Und selbst mit den Narben auf seiner Brust sah er in seinen tief sitzenden Shorts immer noch aus wie ein junger Gott.
Ja, es war riskant, ihre unvermeidbare Trennung hinauszuzögern. Aber sie konnte nicht so herzlos sein und einen Mann hinauswerfen, der von irrationalen Ängsten geplagt wurde und dem jede Erinnerung fehlte. Sobald der alte Gabe wieder an die Oberfläche trat, würde sie wissen, dass ihre Arbeit getan war.
Es war ohne Zweifel ein undankbarer Job. Aber Gabe war ein stolzer und unabhängiger Mann gewesen, ein wahrer Patriot und ein wichtiges Mitglied des Militärs. Sie schuldete es der Welt, ihm wieder zu alten Ehren zu führen, selbst, wenn das bedeutete, erneut auf die Wärme zu verzichten, in der sie nun förmlich baden konnte.
»Also«, schlug sie vor, »dann räumt schnell zusammen. Reggie, möchtest du gern mit uns essen?«
Während Reggie mit Mallory darüber stritt, wie heftig sein Sonnenbrand war, trat Gabe näher zu Helen. Er roch nach Schweiß und Mallorys Erdbeer-Duschgel. Am liebsten hätte sie ihre Nase an seine nackte Brust gedrückt, seinen Duft aufgesogen und ihn angefasst, ohne sich darüber Sorgen machen zu müssen, dass er ihr eines Tages wieder das Herz brach.
»Danke«, sagte er und schaute sie forschend an. Es war offensichtlich, dass er sich fragte, warum sie bereit war, Zeit mit ihm zu verbringen.
»Dr. Terrien hatte die Idee«, gestand sie, weil sie ihm keine falschen Hoffnungen machen wollte. »Er möchte, dass ich dich an Orte bringe, die wir schon einmal zusammen besucht haben.«
»Ah.« Das Strahlen in seinen Augen verschwand schlagartig wieder. Er schenkte ihr ein bittersüßes Lächeln und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren an ihr vorbei die Treppe hinunter, um sein Werkzeug zu verstauen.
Helen wünschte sich auf einmal, sie hätte ihre Worte zurücknehmen können, nur um nicht noch einmal dieses desillusionierte Lächeln sehen zu müssen.
Sie hätte doch lieber eine Virgin Margarita nehmen sollen. Helen hatte geglaubt, dass ein starker Cocktail sie gegenüber Gabes Anziehungskraft unempfänglich machen würde. Doch weit gefehlt. Stattdessen hatte sie schmutzige Gedanken, während sie seinen kräftigen, braun gebrannten Hals betrachtete, sein markantes Kinn, seine sinnlichen, leicht geschwungenen Lippen. Sie konnte nur noch daran denken, wie verzweifelt sie es sich wünschte, dass er sie noch einmal küssen würde.
Aber es lag nicht allein am Tequila. Es war auch Gabes Schuld. Ganz im Gegensatz zum vergangenen Abend, als er offensichtlich Angst gehabt hatte, einen Schritt vor die Tür zu machen, wirkte er heute geradezu unbezwingbar.
Gabe hatte eine Sitzecke im hinteren Teil des Restaurants ausgewählt und setzte sich mit dem Rücken zur Wand, sodass er den Raum im Auge behalten konnte. Er war ruhig und aufmerksam, was Helen ganz nervös machte und unwillkürlich an Sex denken ließ. Gleichzeitig gelang es ihm, sich charmant mit ihr zu unterhalten, so wie in jener Zeit, als er noch um sie geworben hatte. Wie hypnotisiert lauschte sie seinen klugen Bemerkungen, genoss seinen leicht sarkastischen Humor, bewunderte sein Wissen zu fast jedem existierenden Thema.
Es war nicht verwunderlich, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Sie erwischte sich bei diesem Gedanken. Oh, nein, sie war gerade dabei, genau das zu tun, was sie eigentlich nicht tun wollte! Sie gab ihre Abwehrhaltung auf, ließ es zu, dass Gabe wieder um sie warb, obwohl sie wusste – sie wusste es einfach – , dass er sie emotional wieder verhungern lassen würde. Sobald sein Erinnerungsvermögen zurückkehrte, sobald er wieder ein SEAL wäre, würde er ihr den Rücken kehren, erneut verschwinden und ihre Liebe mit einem Schulterzucken hinter sich lassen, als hätte sie ihm nie etwas bedeutet.
Mallory, die direkt neben Gabe saß, schien genauso aufgeregt zu sein wie Helen. Ihre Augen strahlten, und sie lächelte unablässig, während sie von ihrem Stundenplan erzählte, der morgens in der Post gewesen war.
Das Essen wurde noch brutzelnd serviert und passte perfekt zu den
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