Aus dem Jenseits verfolgt (German Edition)
bringen.«
Addams versuchte einen faulen Witz und sagte: »Randy hatte zu Lebzeiten nie viel Geist. Das Bisschen, was nach seinem Tod übriggeblieben ist, wird mir nicht viel schaden können.« Er sah, wie Phoebe das Gesicht verzog, und entschuldigte sich gleich: »Verzeihung, das war geschmacklos von mir. Schließlich war er dein Bruder. – Nein, Phoebe, ich fürchte den Spuk nicht.«
»Dann nehme ich deine Hilfe dankend an. Solche Nachbarn könnte ich noch mehr gebrauchen.«
3. Kapitel
Die Spurensicherungsexperten suchten an der Unfallstelle gleich nach Spuren. An sich waren sie wegen der Brandursache hergekommen, aber da sie nun schon einmal vor Ort waren, konnten sie auch diese Arbeit erledigen. Sie fanden keinerlei Fährten, so sehr sie auch suchten.
»Das gibt es nicht«, sagte der Detektiv, der die sechs Mann unter sich hatte. »Der Traktor kann nicht von selbst umgefallen sein. Sie müssen zu schnell gefahren und zu rasant in die Kurve gegangen sein, Miss Starr.«
»Erstens bin ich nicht zu schnell gefahren. Ich habe Mais abgeerntet und an keiner Rallye teilgenommen.« Phoebe war wütend über so viel Ignoranz. »Und zweitens wollte ihr hier überhaupt noch nicht wenden.«
Der Detektiv war zu höflich, um einzuwenden, Phoebe könnte das Steuer verrissen haben. Er dachte es aber.
»Seltsam«, sagte er deshalb nur.
»Zudem habe ich diese Stimme gehört«, sagte Phoebe.
Sie hatte sich rasch erholt und konnte schon wieder stehen. Hinkend ging sie zum Landrover und stieg mit dem Spurensicherungsteam ein. Ted Addams saß auf dem Traktor. Das Schneidegerät war wieder angesetzt worden. Es funktionierte einwandfrei. Der Farmer winkte zum Landrover, der abfuhr. Phoebe fragte sich, wo Frank Addams wohl steckte. Auch Old Grub, der Pit Bull, war nicht wiedergekommen.
*
Old Grub stellte sich bald darauf beim Farmhaus ein. Der Pit Bull war das verkörperte schlechte Gewissen. Fast auf dem Bauch kroch er an Phoebe heran und war sicher, ausgescholten zu werden, weil er seine Herrin im Stich gelassen hatte. Die Farmerin schimpfte ihn jedoch nicht.
Frank Addams erschien nicht. Dabei wäre es längst die Zeit fürs Mittagessen gewesen, das Phoebe jeweils im Mikrowellenherd rasch zubereitete. Bei der vielen Arbeit, die sie auf der Farm zu verrichten hatte, konnte sie sich nicht auch noch stundenlang an den Herd stellen.
Auch an dem Tag musste sie noch die Schweine füttern und einiges andere erledigen. Die Arbeit auf der Farm duldete keine Pause, und es gab weder Sonn- noch Feiertag. Auch an diesen Tagen musste das Vieh gefüttert und mussten die Kühe gemolken und die Milch zum Abtransport für die Molkerei bereitgestellt werden. In der Erntezeit gab es sowieso kein Verschnaufen.
Mit Urlaub war es auch so eine Sache. Phoebe hatte sich bisher so geholfen, dass sie im Winter, wenn die Feldarbeit ruhte, vierzehn Tage weggefahren war. Frank Custer und Randy, der sowieso nirgends hinfuhr, weil er sich anderswo nicht wohl fühlte, hatten dann auf die Farm aufgepasst und erledigt, was zu erledigen war.
Allmählich wurde Phoebe unruhig, weil Frank Custer sich noch immer nicht blicken ließ. So fleißig war er auch wieder nicht, dass er durchgearbeitet hätte. Phoebe sattelte ein Pferd und ritt über die Felder zum Lupinenacker, den der Knecht hatte abernten sollen.
Schon von weitem sah die junge Frau den Minitraktor stehen. Er tuckerte immer noch – der Diesel im Tank reichte noch für eine ganze Weile – und verpestete mit seinen Abgasen die Luft. Old Grub war mit Phoebe losgelaufen, zur Westecke der viereinhalb Hektar großen Farm.
Der Pit Bull lief umher und bellte.
Phoebe sah nur Custers Spuren auf dem Acker. Sie führten ins Kleefeld. Dort war der Klee niedergedrückt, als ob jemand am Boden gelegen hätte. Das konnte nur der Farmhelfer gewesen sein. Doch wie er weggekommen war, konnte Phoebe nicht feststellen. Ratlos schaute sie sich um.
Schließlich konnte ihr Knecht sich nicht in Luft aufgelöst haben oder davongeflogen sein. Die Farmerin schaute übers wogende Kornfeld mit der Vogelscheuche, deren ausgefranster Zylinder auf einer Stange steckte.
»Frank?«, rief sie, so laut sie konnte. »Bist du irgendwo in der Nähe, Frank?«
Sie erhielt keine Antwort. Nur ihr Pferd schnaubte, und der Pit Bull kläffte. Phoebe überlief es eiskalt. Sie vermutete sofort, dass auch ihr Knecht eine Attacke des Geistes erlebt hatte. Aber wo war Frank Custer, und wie sollte sie ihn finden?
Old Grub
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