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Aus dem Leben eines Lohnschreibers

Titel: Aus dem Leben eines Lohnschreibers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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Freilassung ihres Räuberfreunds zu beschleunigen. Plötzlich schrieb ihr der verliebte Richter: »Ich habe da eine Idee, Kleines, Berim (der Angeklagte) sollte länger eingesperrt werden, damit du Ruhe hast - oder er sollte raus und nach Hause zu seiner Frau geschickt werden, wodurch Du vielleicht auch Deine Ruhe hättest.« Das war nicht ihr Ziel, also eilte die junge Frau mit dem schönen Namen Fatima zu einer Anwältin mit dem ebenfalls schönen Namen Aglaia Muth, zeigte ihr ihr Handy mit der Idee des Richters. Klarer Fall von Befangenheit. Die Anwältin legte los und dem wirklichen Richter passierte das, wovor mein erfundener Roman-Richter Angst hat: über Nacht war er weg vom Fenster. Zu Ehren des echten Ganoven und seiner Braut habe ich das Räuberpärchen in meiner Geschichte Berim und Fatima genannt. Ihnen und dem unvorsichtigen Richter habe ich zu verdanken, daß auch »Die Memoiren meiner Frau« keine unwahre Literatur sind.

Öl ist nicht so keusch wie Butter
    2002 wesentlich kürzer in einer von Christine Eichel herausgegebenen, längst nicht mehr lieferbaren Taschenbuch-Anthologie »Es liegt mir auf der Zunge« (Goldmann Verlag) erschienen. Die Herausgeberin rief mich an und bat um einen Text über Essen. Ich hatte mit Texten übers Essen und Trinken für spezielle Eß- und Trink-Publikationen so meine Erfahrungen gemacht und erzählte am Telefon abwehrend von dem Ärger den ich damit gehabt hatte. Als Feind der Feinschmeckerei könne man nicht ständig pseudoantifeinschmeckerische Alibitexte verfassen. Sie bat mich dann, die Geschichte meines Ärgers aufzuschreiben. Dies ist also eine für dieses Buch noch verlängerte und auf den Punkt gebrachte Lohnschreibergeschichte über Mißgeschicke beim Verfassen von Lohnschreibergeschichten - eigentlich nicht fast, sondern völlig wahr. Nur um wirklichen Redakteuren nicht zu nahe zu treten, habe ich die Spuren ein wenig verwischt.

Liebeskummer
    1995 für »Cottas kulinarischen Almanach« geschrieben, also wieder ein Freßtext, in dem auch schon Erfahrungen mit anderen Freßtexten fixiert sind. Nach nun mehr 13 Jahren ist mir der Ich-Erzähler einigermaßen fremd geworden. Erinnerungslücken und Diskretion gebieten, daß ich auf die erotische Getriebenheit dieses Herrn hier nicht weiter eingehe. Ein Kenner meiner nur zu einem Drittel wahren Duckwitz-Romane wird Ines und Susanne in ausführlicherem Zusammenhang kennen und weiß nun, daß der fast wahre Ich-Erzähler mehr liebesleidet als sein frivoler und weniger wahrer Romanheld. Der Colonel, der dem Ich-Erzähler empfiehlt, seinen nächsten Roman in Kuba spielen zu lassen, ist Johannes Willms. Das Verschwinden des Nürnberger Bahnhofsrestaurants haben mein Ich-Erzähler und ich noch immer nicht verschmerzt. Man muß nach Georgien fahren, um heute noch solche Stimmungen kosten zu können.

Meine Kaschmirjahre
    Zur Feier der Leipziger Frühjahrsbuchmesse 2007 für die »Süddeutsche Zeitung« geschrieben, die auch mal einen Text im Blatt haben wollte, der sich nicht mit den neuesten literarischen Strömungen befaßt. Als Lohnschreiber, der man ist, läßt man sich hierzu lieber etwas einfallen, als zu den Hervorbringungen der Kollegen.

Der Dichter mit den achtundzwanzig Büchern
    Wir, der Lektor Klaus Siblewski und ich, haben eine Weile hin und her gehadert, ob wir diesen Text in die Lohnschreibergeschichtensammlung aufnehmen sollen. Uns beiden gehen die auslandsberichterstattenden Texte deutscher Autoren aus irgendeinem Grund, den auszuführen hier nicht der Ort ist, oft auf die Nerven. Sie haben leicht etwas Hänschenkleinhaftes. Ich hoffe zum Himmel, daß diese Geschichte bei aller Hänschenkleinhaftigkeit durch eine ironische Distanz vertretbar ist. Immerhin bilde ich mir ein, nicht auf die lächerliche Bedeutung reingefallen zu sein, die einem als in der angeblich großen Welt herumgereichten Schriftsteller halbautomatisch angeheftet wird. Egal ob man vom Goetheinstitut quasi als Gesandter der deutschen Hochkultur herumgeschickt wird, oder ob einen ein PR-süchtiges überdimensioniertes Goldgräberkaff wie Schanghai aus Eigennutz einlädt. Es kommt eigentlich nur darauf an, die Blendung zu erkennen. Wobei ich glaube, daß man, wenn man nicht vom Goetheinstitut als Kulturartikel verschickt wird, mehr Chancen hat, den Fallstricken des Kulturaustausches zu entgehen. Die Reise fand im Sommer 2002 statt. Ein kleinerer Teil des Textes erschien danach in einem »Merian«-Schanghai-Heft.

Die große

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