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Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers

Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers

Titel: Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: FUEGO
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allem nicht, dass Google an mir verdient. In meinem Straßennamen kommt das Wort Ring vor, und deshalb werden natürlich Anzeigen von Juwelieren neben dem Google-Street-View-Bild meines Hauses auftauchen oder die Jubiläumsausgabe von »Herr der Ringe« wird beworben. Dafür zahlen die Juweliere und Verlage Geld an Google, aber Google gibt mir nichts davon ab. So wird mein Sozialneid immer größer, und bevor ich mich schwarzärgere, lasse ich lieber mein Haus schwärzen.
    Die Angst scheißt mit
    Ich habe mich daran gewöhnt, dass man Autobahntoiletten nur noch nach Einwurf von 70 Cent durch ein Drehkreuz betreten kann. Dafür erhalte ich einen Gutschein im Wert von 50 Cent, mit dem ich innerhalb eines Jahres in der Raststätte meine Currywurst bezahlen kann. Warum aber bekommt man nur fünfzig Cent zurück, was macht der Toilettenbetreiber Sanifair mit den übrigen zwanzig Cent? Die Antwort ist ganz einfach und augenscheinlich: Er kauft dafür Defibrillatoren.

    Im Eingangsbereich der Sanifair-Anlagen hängen diese Dinger seit einiger Zeit herum und beunruhigen mich zutiefst. Ein Text belehrt mich, es handele sich um »Laien-Defibrillatoren. Das sind Geräte mittels derer auch Sie bei der deutschlandweit häufigsten Todesursache, dem plötzlichen Herztod, sofort Hilfe leisten können. Die Geräte sind absolut selbsterklärend und sicher in der Anwendung.« Sanifair behauptet, jeder 500. Erwachsene erleide einen plötzlichen Herztod. Das bedeutet, ich muss erst mal warten, bis 500 Erwachsene vor mir aufs Klo gegangen sind, damit ich nicht der unglückliche 500. bin, den es auf der Autobahntoilette erwischt. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass vor meinen Augen jemand einen Herzschlag kriegt, z.B. wenn er 70 Cent einwirft und nur einen Gutschein über 50 Cent zurückbekommt.
    In diesem Fall müsste ich den Griff des Defibrillators ziehen, und dann fängt das Gerät an, sich selbst zu erklären. Es wird von mir verlangen, die Brust des oder der Herztoten frei zu machen und selbstklebende Elektroden darauf zu platzieren. Dann stellt das Gerät fest, ob ich es überhaupt mit einer Herztoten zu tun habe oder ob es vielleicht die Zombiefrau von der Autobahn ist. Wenn es sich um eine echte Herztote handelt, fordert mich das Gerät auf, den Defibrillationsknopf zu drücken. Dann heißt es »Defibrillation Marsch!«, und damit schicke ich einen Stromstoß durch den Körper der Herztoten. Das kennt man aus Emergency Room und ähnlichen Serien, aber da schrie George Clooney immer: »Weg vom Tisch!« Im Sanifairbereich haben sie keinen Tisch, aber es soll trotzdem funktionieren. Nachdem der Defibrillator sein segensreiches Werk getan hat, schlägt die ehemalige Herztote die Augen auf und haucht: »Du hast mir das Leben gerettet, mein tapferer Defibrillator«, die Umstehenden klatschen ergriffen Beifall und stecken mir ihre Toilettengutscheine zu.
    Warum die Saurier ausgestorben sind
    In Frankfurt findet in der Nähe der Messe eine Ausstellung mit dem Titel »Gigasaurier – Die Riesen Argentiniens« statt. Das dient anscheinend zur Einstimmung auf die Buchmesse, deren Gastland Argentinien ist. Es werden aber nicht die Skelette gigantisch bedeutender argentinischer Schriftsteller wie Jorge Luis Borges oder Julio Cortazar gezeigt, sondern man kann die Knochen des Argentinosaurus, des Gigantosaurus und des Eoraptors sehen. Der Argentinosaurus war »mit einer Länge von 40 Metern und einem Gewicht von 80.000 kg das größte Landtier aller Zeiten. Ein Pflanzenfresser, der bequem in ein Fenster im dritten oder vierten Stock eines Hauses hätte schauen können.« Er war also das Google Street View der Kreidezeit. Das Skelett dieses ehrfurchtsgebietenden Tieres füllt den größten Raum des Ausstellungszeltes. Ein kleines Mädchen steht daneben, spricht in ihr Handy und fotografiert damit den Saurier. Ein altes Ehepaar betrachtet versonnen den Nachbau eines Eoraptors, der vor ca. 230 Millionen Jahren lebte. Die beiden machen den Eindruck, als hätten sie ihn noch persönlich gekannt. Die Saurier stehen auf Podesten mit der Aufschrift »Bitte das Podest nicht betreten«. Sind die Saurier ausgestorben weil man damals ständig die Podeste betreten hat, auf denen sie lebten? Oder hatten sie damals einfach nicht genug Defibrillatoren?

    Die Ausstellung ist schlecht besucht, das Interesse an Sauriern scheint nachzulassen, obwohl man immer gigantischere Exemplare findet. Am Ausgang hat man menetekelnd einen jüngst ausgegrabenen

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