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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lager, ließen die alte Lagerleitung bestehen und pflanzten nur einen jungen Captain in die Kommandanturbaracke, der deutsch sprach, sehr freundlich war und bei seinem Antritt eine Rede vor allen Flüchtlingen hielt.
    »Meine Eltern wurden in Auschwitz vergast«, sagte er. »Aber ich weiß, – ihr armen Schweine könnt nichts dafür. Wenn ihr Sorgen habt, – kommt ruhig zu mir.«
    Für Lübeck, das Flüchtlingslager und die Leute aus Adamsverdruß war der Krieg zu Ende. Sie hatten ihn überlebt.
    »Jetzt geht es los«, sagte Paskuleit an einem Morgen zu der Familie Kurowski. »Jetzt beginnt der Kampf um ein Plätzchen an der Sonne –«

7
    Der erste Versuch, aus dem Lagerleben auszubrechen, mißlang.
    »Ich schreibe nach Krefeld«, sagte Erna Kurowski, als die Familie die naheliegendsten Möglichkeiten durchgesprochen hatte. »Tante Elfriede bewohnt dort ein großes Haus, – sie kann uns alle aufnehmen. Wenigstens die erste Zeit.«
    »Zwei Monate höchstens.« Paskuleit klatschte in die Hände. »Wir suchen uns einen Schuppen, bauen ihn aus und machen eine Werkstatt auf. Es hat noch nie eine Zeit gegeben, in der man einen Handwerker nicht brauchte. Also auf nach Krefeld.«
    Nach einer Woche traf ein Brief von Tante Elfriede ein. Die Sache war hoffnungslos.
    »Ihr wißt doch«, schrieb die Tante, »daß Onkel Adolf einen hohen Posten in der Partei hatte. Nun haben ihn die Sieger verhaftet und in ein Lager nach Darmstadt gebracht. Unser Haus, das noch gut erhalten war, haben sie auch beschlagnahmt … ich lebe jetzt bei meiner Freundin Monika auf einem Zimmer und warte und bete, daß Onkel Adolf wieder nach Hause kommt. Ihr wißt doch, – Adolf war immer ein guter Mensch, er war nur fehlgeleitet, er ließ sich immer so schnell begeistern … das hat er nun davon. Ich weine Tag und Nacht …«
    »Essig!« sagte Opa Jochen. »Das kann lange dauern, bis der Adolf Hammes aus dem Lager zurückkommt. Braune Uniform und dann noch mit Vornamen Adolf … das kann eine Ewigkeit dauern. So lange warten wir nicht. Streichen wir Krefeld. Ehrlich, – wir hätten auch nicht in die stinkfeine Villa gepaßt. Also sehen wir uns hier um. Lübeck ist 'ne schöne Stadt, und die Ostsee ist die gleiche See wie an der Nehrung. Direkt heimatlich ist das.«
    Der dicke Lagerleiter von Lager V war der einzige, der Schwierigkeiten machte. Warum er ausgerechnet die Familie Kurowski unter Beschuß nahm, wußte nur Opa Jochen, aber der verriet es nicht. Es war nämlich am vierten Tag nach ihrer Ankunft in Lübeck, als der Dicke bei Julia Rambsen in der Remise erschien und zuschaute, wie sie ihren Hengst ›Goldener Sommer‹ fütterte.
    »So 'ne hübsche Frau und geht mit Hengsten um«, sagte er gemütlich. »Aber das Futter wird knapp werden.«
    »Wir werden sammeln gehen«, antwortete Julia Rambsen und putzte dem Hengst die Nüstern aus. »Er wird einmal der Stammvater einer neuen Trakehnerzucht werden.«
    »Ein Glückspilz.« Der Fette lachte dröhnend. »Der darf immer. Der muß sogar. Kriegt die schönsten Stuten hingestellt. Warum sollen wir Menschen schlechter leben?« Er klatschte Julia auf die Hüften und sah sie lüstern an.
    »Lassen Sie das!« sagte sie gefährlich leise.
    »Ich weiß, wo man vier Fuder Heu und 'ne Menge Hafer bekommt.« Der Dicke betrachtete mit offenem Wohlgefallen Julias schöne Brüste und leckte sich schnell über die Lippen. »Es gibt da nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird mal der Gaul eines Tages abgestochen, weil einige Hundert hier im Lager mit ihrem knurrenden Magen Musik machen können … oder wir holen gemeinsam das Heu und den Hafer. Dann passe ich auf das Vieh auf. Aber das geht nur gemeinsam, schöne Frau … verstehen wir uns? Gemeinsam!«
    »Da gibt's auch noch 'ne dritte Möglichkeit!« hatte Opa Jochen gebrüllt. Er war gerade beim letzten Satz unbemerkt in der Remise erschienen. »Wenn 'n Esel bockt, tritt man ihn in den Arsch!« Und ehe der Dicke wußte, was da geschah, wurde er mit kräftigen Tritten und Faustschlägen aus dem Unterstand gejagt. Seitdem hatte die Lagerleitung die Familie Kurowski wie einen Balken im Auge und versuchte alles, diesen Fremdkörper loszuwerden.
    »Das hier ist kein Dauerlager, sondern ein Durchgangslager«, sagte der Dicke zwei Monate nach Kriegsende zu Paskuleit, – es war die siebente Ermahnung dieser Art. »Immer neue Flüchtlinge kommen aus den russischen Gebieten herüber. Wir brauchen Platz! Man hat Ihnen Zeit gelassen, sich zu kümmern. Sie müssen in

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