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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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heißt, knalle ich erst auf die Bretter.«
    Die Verhandlung vor der III. Strafkammer fand an einem Freitagmorgen im Februar 1951 in Köln statt. Die Familie Kurowski mit Busko und Ellerkrug, den man jetzt dazuzählte, war vollständig erschienen, wieder als Zuschauer. Presse und Rundfunk waren da, dafür hatte Busko sorgen können … es war immerhin ein Prozeß, in dem drei Entnazifizierungsrichter von dem Vorwurf politischer Idiotie gereinigt werden sollten. Als sich alle Anwesenden beim Eintritt des Gerichtes erhoben, blieb Busko der Mund vor Staunen offen. »Das ist doch nicht möglich –« sagte er leise zu Erna, die neben ihm stand. »Meesterin, sehen Se sich mal den Vorsitzenden an. Erkennen Se den?«
    »Nein«, flüsterte Erna zurück. Sie betrachtete den großen, schweren, würdevollen Herrn genauer. Er sah sehr verschlossen aus, sehr unnahbar, sehr gesetzlich. Er winkte hoheitsvoll, alles setzte sich, nur Franz Busko blieb stehen. Als ihn ein strafender Blick des Richters traf, beugte er sich zu Erna hinunter. »Meesterin –«, sagte er leise. »Erinnern Se sich … der Treck, der junge Oberleutnant mit dem Ritterkreuz, der Oberfeldrichter, der ihn am Baum aufhängen ließ, der Kerl, der nachher auf dem Flüchtlingsschiff war … Opa hat uns die Namen aufgeschrieben, und der Meester Julius hat den Zettel gehabt, wir alle, die Kinder, ick und Se ooch, Meesterin. Warten Sie … ick hab den Zettel noch in der Brieftasche, Opa hat jesagt: Vergeßt nie den Namen, und wenn ihr hundert Jahre alt werdet, – hier is er, Meesterin …« Busko holte einen aus einem Heft gerissenen, vergilbten, zerknitterten Zettel aus der Brieftasche … die kräftige Schrift von Opa Jochen, auf einer Kiste im Leiterwagen geschrieben, bei Schneesturm und Frost, vor sich die zugefrorene Ostsee, im Rücken die vordringenden russischen Regimenter. »Dr. Eberhard Bollow, det is er, Meesterin. Det da is der Oberfeldrichter Bollow. Und der will meinen Meister Kurowski verurteilen? Det ham wir gleich …«
    Busko verließ den Gerichtssaal. Er machte es bewußt laut, und Dr. Bollow brüllte auch prompt: »Ruhe! Was ist das für ein Benehmen? Ich eröffne die Verhandlung gegen …« Die Tür klappte hinter Busko zu. Zehn Minuten später – Kurowski wurde gerade zur Person befragt – wurde der Herr Landgerichtsrat Dr. Bollow hinausgerufen.
    Er kam nach fünf Minuten wieder, bleich, schwitzend, sehr zerknittert, und vertagte die Verhandlung wegen eines plötzlichen Unwohlseins des Gerichtes. Dann drehte er sich um und verließ schnell das Zimmer. Es sah wie eine Flucht aus.
    Acht Tage später wurde das Verfahren eingestellt. Wegen Geringfügigkeit, wie es hieß.
    »Was nun«, fragte Kurowski. »Wie geht's weiter, Franz?«
    »Wie immer, Meester.« Busko grinste übers ganze Gesicht. »Die Spruchkammer hat sich geirrt. Sie werden zum Mitläufer eingestuft.«
    »Das stimmt.« Kurowski nickte bitter. »Ich bin bis nach Sibirien mitgelaufen. Es ist zum Kotzen, daß wir es schon wieder nötig haben, mit Tricks zu unserem Recht zu kommen! Die Menschen lernen doch an gar nichts … selbst 55 Millionen Tote waren nicht genug, um ihre Gehirne durchzublasen. Ein Hund, der irgendwohin pißt, wo er nicht darf, bekommt Schläge und meidet diese Ecke … aber der Mensch macht immer wieder dasselbe! Das soll einer begreifen!«
    »Warum darüber nachdenken, Meester«, sagte Busko mit echter politischer Begabung. »Det Leben geht weiter –«
    Es ging weiter. Fünf erfolgreiche Jahre lang. Ewald Kurowski schrieb in sein Tagebuch – »Ich schreibe es für die späteren Generationen«, sagte er, »obwohl ich weiß, daß das später keiner mehr lesen will« – unter anderem:
    »Wenn man sagen kann, Gott hat einen gesegnet, so sind wir von ihm gesegnet. Jetzt, am 12. Juli 1955, habe ich neunzehn Schuhgeschäfte, einen Großhandel mit einer Lagerhalle von 3.000 qm, 144 Verkäufer, Angestellte, Buchhalter, Lagerarbeiter, Fahrer, 10 Lastwagen, ein Landhaus in Everkotten, zwei Autos und ein Bankkonto, von dem man sagen kann: Kurowski ist so etwas wie ein Millionär. Ich bin nicht stolz darauf, sondern nur dankbar … dankbar meinem Schwager Julius Paskuleit, der den festen Grundstein zu allem legte, dankbar meinem Freund Ellerkrug, dankbar meinen guten Kindern, dankbar Franz Busko, der tatsächlich im Bundestag sitzt und in Bonn Reden hält, und vor allem dankbar meiner Frau Erna … der besten, tapfersten, herrlichsten Frau dieser Erde …«
    Am 14. Juli fuhr

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