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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ewald Kurowski nach Bad Neuenahr zur Kur.
    Der Arzt hatte ihn gründlich untersucht, nicht nur Herz und Lunge abgehorcht, Blutdruck gemessen und dann gesagt: »Sie müssen sich ausruhen!«, sondern man zapfte Kurowski eine Menge Blut ab, schickte es in ein Labor und erhielt nach drei Tagen die Werte zurück.
    »Jetzt haben wir den Salat –«, sagte der Hausarzt laut. Anders war mit Kurowski nicht zu reden. Er hatte schon Julius Paskuleit behandelt und die gleichen Predigten gehalten, die nun Kurowski anhören sollte. Genutzt hatten sie wenig, was Paskuleits Tod auf der Straße bewiesen hatte. Aber dieser Tod war eine immerwährende Warnung für Erna. Sie war es auch, die ihren Mann zum Arzt getrieben hatte, wie eine Dompteuse, die einen dressierten, aber störrischen Bären hinter sich herzieht. Vieles deutete darauf hin, daß Kurowski seine unverwüstliche Gesundheit angeschlagen hatte … er war dicker geworden, kurzatmiger, hatte rote Flecken auf den Backen und bekam ab und zu akute Gichtanfälle. Dann schwoll das Gelenk der großen Zehe um das Doppelte an, er konnte nicht mehr laufen, schluckte gläserweise Tabletten, bis Ludwig, der älteste Sohn, sagte: »Mach man so weiter, Vater. Damit ruinierst du deine Leber!«
    »Was für'n Salat?« knurrte Kurowski jetzt. »Ich bin gesund.«
    »Das sagen Sie noch, wenn man Ihren Sargdeckel zuschraubt, was?«
    »Die Gefangenschaft bleibt nicht in den Kleidern hängen –«
    »Die Gefangenschaft ist längst vorbei und schon Geschichte! Daß Ihre Generation immer noch mit Krieg und Sibirien kokettiert! Da drinnen läuft das Uhrwerk falsch!« Der Hausarzt tippte auf Kurowskis Bauch.
    »Waren Sie in Sibirien?« fragte Kurowski stur.
    »Ja. Sogar Lagerarzt. Wieviel haben Sie zugenommen?«
    »Vielleicht dreißig Pfund.«
    »Und das nennen Sie normal, was?«
    »Ich hatte allerlei nachzuholen, Doktor.«
    »Und nun ist der Blutfettstoffwechsel im Eimer. Sie haben 190 Blutzucker, eine massive Hypotonie und einen so hohen Harnsäurespiegel, daß die Gicht sich in den Gelenken breitmacht. Wie lange wollen Sie noch leben?«
    »Ich will hundert Jahre alt werden.« Kurowski lachte schief.
    »So wie es jetzt steht, werden Sie keine fünfzig! Ist das deutlich genug?«
    »Ja, nur glaube ich's Ihnen nicht.« Kurowski zog sein Hemd wieder an. Diese Ärzte, dachte er. Immer klingeln sie Alarm, wie die Feuerwehr, aber das gehört anscheinend zu ihrem Beruf. Ich fühle mich wohl, ich habe mich noch nie so wohl gefühlt. Und was heißt hier Zucker? Dann lassen wir eben die Schokolade weg und die abendlichen Plätzchen beim Fernsehen. Das genügt.
    »Ihr Schwager Paskuleit hat es auch nicht geglaubt –«, sagte der Arzt grob. »Dann hing er am Baum!«
    »Aha!« Kurowski grinste breit. »Meine Frau hat Sie aufgestachelt, Doktor. Denk an Julius … das höre ich täglich ein paarmal! Eine alte Platte.«
    »Und woran denken Sie?«
    »An meine neunzehn Geschäfte –«
    »Gut.« Der Arzt lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück. »Machen Sie, was Sie wollen! Ich kann Sie nicht narkotisieren, – aber wenn es nach mir ginge, sausten Sie schon morgen nach Bad Neuenahr in eine Klinik, wenn's sein muß, mit Gewalt.«
    »Das möchte ich sehen!« sagte Kurowski und verließ das Sprechzimmer.
    Man sah es! Keiner in der Familie wußte, wie es Erna fertiggebracht hatte … schon zwei Tage später machte sich Kurowski auf nach Bad Neuenahr. Sohn Ludwig fuhr ihn hin, im Fond saß Franz Busko als zusätzliche Bewachung. »Der kriegt es fertig und springt während der Fahrt 'raus!« hatte Erna gesagt. »Franz, laß ihn nicht aus den Augen, bis er in der Klinik ist.«
    Als Kurowski wegfuhr, stand seine Familie auf der Straße und winkte.
    Erna, blond und von einer rührenden Mütterlichkeit; Sohn Peter, mittelgroß, untersetzt wie sein Onkel Paskuleit, noch etwas schlacksig und mit 15 Jahren mit sich und seiner ganzen Umwelt unzufrieden, und Inge, mit 13 Jahren blond wie ihre Mutter, körperlich fast schon erwachsen, hübsch und schon daran gewöhnt, daß nicht nur die Jungen ihr nachpfiffen, sondern auch ältere Männer sie ansprachen und einluden.
    Und dann Ludwig, der Älteste, der Fahrer, Medizinstudent in Köln, vorher Abitur mit ›sehr gut‹, ruhig, ausgeglichen, schon eine Persönlichkeit. »Er schlägt aus der Art –«, hatte Kurowski einmal gelacht. »Ruhe und Intelligenz, das hat's zusammen bei uns noch nie gegeben …«
    Kurowski winkte zurück, lehnte sich dann zurück und sagte laut zu

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