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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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für einen Augenblick das Gefühl, diese Macht wehrte sich, sei vielleicht müde – aber der Wunsch, mehr über dieses Wunder zu erfahren, trieb ihr jede Hemmung aus. Sie flehte mit aller Kraft, weiter abgebremst zu werden.
    Und zögernd, aber rechtzeitig, kam die Reaktion. Einmal war die Bremsung so abrupt, daß der Gleitflug der Calgary fast instabil wurde. Sie fiel wie ein Stein, bis CP das Schiff mit einem letzten Schubstoß wieder ausrichtete. Sie versuchte, genaue Bilder ihrer Bedürfnisse zu schicken. Sie waren beinahe unerfüllbar – die Calgary brauchte eine Art kahlen, ebenen Landeplatz, groß genug, um ihre Geschwindigkeit abzufangen. Wenn sie nur diese Wunder sehen durfte! Egal, wie verletzt sie war, sie wollte nur mit diesen Wundern vor Augen sterben.
    Vor ihr lag nichts als der Tod, aber CP war begeistert wie noch nie in ihrem Leben.
    Sie ließ die Kontrollen für einen Augenblick los und breitete die Arme aus. »Ich nenne dich den Planeten der Schweinefrau!« sagte sie zu Auln. (Auln? Woher kam dieser Name?) Aber nein, sie stürzte nicht auf den Satelliten einer Sonne. »Ich nenne dich die Dunkle Sonne der Schweinefrau!«
    Das paßte, dachte sie wehmütig, als sie die Kontrollen wieder übernahm. All die langweiligen Flugstunden auf der Erde machten sich jetzt bezahlt. Sie lenkte das klobige alte Schiff über das bleiche Feuer des uferlosen Meeres. Sie war inzwischen zu tief, um hinter den weit entfernten Horizont zu sehen und Land zu suchen. Sie konnte nur noch geradeaus fliegen und der Krümmung des Planeten folgen, bis sie den Kontinent erreichte, an den sie sich erinnerte.
    Heftige Winde warfen sie hin und her, drückten sie manchmal so tief, daß die Calgary beinahe die Wellenkämme streifte – und einmal wäre sie beinahe kopfüber hineingetaucht, als sie eine seltsame Lebensform mit dunklem Körper in den Wellen spielen sah. Sie ignorierte resolut alle Wunder und konzentrierte sich darauf, in der Luft zu bleiben und über diese Welt zu fliegen, die aus Feuer zu bestehen schien. Der Horizont war so seltsam hoch. Diese Welt war gewaltig.
    Und dann tauchte vor ihr am Horizont eine Linie aus hellerem Feuer auf, fast über ihr. Das Ufer! Aber von einem Wald bewachsen, erkannte sie jetzt. Diese strahlenden Umrisse waren eine massive Wand aus Bäumen – und sie raste einem tödlichen Aufprall entgegen. Sie malte sich hektisch aus, was sie brauchte – und dann sah sie, daß der Wald nicht massiv war, sondern eine große Öffnung besaß, eine Art Bucht, die sich vor ihr ausbreitete. Sie lenkte die Calgary mitten hinein; sie konnte jetzt sehen, daß es kein breiter Fluß war, sondern ein relativ schmaler Wasserlauf, sumpfig und fast ohne Bäume. Perfekt. Aber er kam so schnell heran, viel zu schnell – wenn sie nur Gegenwind hätte! Sie war inzwischen zu allem bereit und war kaum noch verwundert, sondern nur dankbar, als plötzlich Wind von der Küste her aufkam und sie weiter abbremste.
    Sie hielt auf die Öffnung zu, wo die Bäume am dünnsten standen. Dann prallte der Bauch der Calgary auf schlammiges Marschland, das Metall kreischte laut, das Schiff drehte sich zweimal um sich selbst, CP wurde in den Gurten herumgeworfen, der Rumpf wühlte sich trudelnd und spritzend durch den Schlamm und verlor einen Flügel. Und schließlich, kaum zu glauben, hörte die Bewegung auf.
    CP sah sich benommen in der Kabine um. Keine Wände geborsten, kein Glas zertrümmert, der Luftdruck blieb konstant. Die Kabine schien intakt. Intakt. Sie war sicher gelandet! Und von ein paar Prellungen abgesehen, sogar unverletzt.
    Die Druckveränderung hatte ihre Ohren betäubt. Als sie wieder hören konnte, bemerkte sie nur das Knacken des abkühlenden Metalls und das Knistern eines kleinen Feuers hinter den Düsen, das bald erlosch. Kein Zischen von entweichender Luft. Aber die Stille draußen hatte die unverkennbare Dichte und Resonanz, die ihr verriet, daß die Calgary nicht mehr im Vakuum war, sondern in einer Atmosphäre.
    Fast bewußtlos vor Schwäche wischte CP das Kondenswasser von ihrer Sichtscheibe und spähte hinaus. Es war verwirrend – eine Welt wie ein Farbnegativ, alles Licht kam von unten, seltsam gefärbte Schatten droben. Wunderschön. Nur Bäume und Büsche waren in ihrer Umgebung, eine Wildnis; CP hatte noch nie so viele Bäume auf einmal gesehen. Und sie wußte, daß sie sich bis zum Horizont erstreckten. Dahinter konnte sie gerade noch das helle Funkeln von fließendem Wasser erkennen, von freiem

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