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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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Gott sei Dank wird es kühler, aber die Luft stinkt. Dämpfe. Man stelle sich das vor, hier draußen Smog, denkt er angewidert, während er die Patiotüren zuschiebt. Das letzte, was er bemerkt, ist die plötzliche Stille im Patio der Bannermans …
     
    … unter seiner Wange ist etwas Glattes, Hartes. Er verdrängt es und will, daß es weiche Bettlaken werden. Zu hart – also doch der Boden, zum Beispiel die Kacheln im Patio. Bitte, Gott, mach, daß es Kacheln sind, sogar ein Herzanfall darf es sein. Es tut weh. Es ist ein kleiner Herzanfall, weiter nichts.
    Aber der Schmerz ist nicht in seiner Brust, sondern im Bein. Und im Arm. Und ja, im Kiefer, den er gerade bewegen wollte. Schlimm! Er beschließt, sich nicht mehr zu bewegen und bleibt mit geschlossenen Augen liegen. Ich hab mich gewehrt …
    Er unterdrückt die Gedanken und versucht, sich in die Bewußtlosigkeit zu verkriechen. Aber die Droge, das Gas, was es auch war, löst sich auf. Der gräßliche harte Boden unter seinem Gesicht summt jetzt, vibriert durch seine Knochen wie ein wütendes Insekt. Ich hab mich gewehrt …
    Und in diesem Augenblick sieht er alles wieder vor sich, den schrecklichen Anblick aus dem Aufzug, oder was es war, als er erwachte und flach auf dem Metallgitter lag, das ihn immer höher und höher in die Dämmerung über der Gegend hinaufzog. Motoren jaulten schrill … er erinnert sich, daß er benommen den Kopf hob und hinter sich undeutlich andere bewußtlose Körper aufsteigen sah. Und dann, als das Ding hundert oder hundertfünfzig Meter hoch im Nichts stehenblieb, hat er sich umgedreht und die Metallklippe gesehen. Die dunkle Klippe, die noch dunklere, klaffende Luke und SIE. Sie kamen zu ihm, streckten Dinger aus …
    In diesem Augenblick erkannte er mit völliger Klarheit, daß er hier war, während Jenny und sein Kind zweitausend Meilen entfernt in Kalifornien saßen. Er wird die beiden nie wiedersehen, wenn er nicht sofort was tut. Er springt, wirft sich trotz der Schmerzen gegen die fremden Maschinen, versucht fortzukriechen, hinunterzugleiten. Er würde sich sogar hinabstürzen, wenn es nötig wäre –, alles, nur nicht von IHNEN gefangen werden und in DIESES – aber es ist zu spät. Dinge haben ihn gepackt und eingewickelt, während er sich wehrte. Er tritt, schlägt, beißt auf Metall, bis der übelriechende Nebel ihn alles vergessen läßt.
    Ja, ich habe mich gewehrt, sagt er mit den Lippen auf dem harten Boden. Er weigert sich, die Augen zu öffnen und die Realität anzuerkennen. Aber er kann das Summen nicht ausblenden und das Schnaufen anderer atmender Wesen um ihn. Jemand oder etwas macht ein hohes, dünnes, kratzendes Geräusch, Ekkk-hnhnhnn, Ekkk-hnhnhnn, wie ein betrunkenes Küken.
    Das Pochen unter seinem Kopf wird lauter, bis sein Kiefer unerträglich schmerzt. Zähne sind von den Bissen auf Metall oder metallähnlichem Fleisch abgebrochen. Er hat eine schmerzhafte Erinnerung an empfindungsfähige Schlangen, die sich um seinen Körper legten, und plötzlich schießt Erbrochenes seinen Hals herauf, springt buchstäblich gegen seine Zähne an. Explosives Erbrechen heißt das, erinnert er sich. Ohne sich zu bewegen, läßt er es herausrinnen und schmeckt den halb zersetzten Whisky.
    Gegen seinen Willen dringt Licht zwischen die Lider seines unverletzten Auges. Ein trübes graues Licht, das anscheinend aus dem Boden selbst kommt. Direkt vor sich sieht er eine nackte gebräunte Fessel. Unfreiwillig folgt er dem jungen Bein in den alten Jeans mit den Blicken. Hinter den Jeans ist ein malvenfarbenes T-Shirt und eine schwere Mähne aus rotgoldenem Haar. Nicht Jenny. Das Mädchen liegt mit dem Gesicht nach unten, Atmung in Ordnung. Das kratzende Wimmern kommt von weiter hinten.
    Ganz langsam öffnet er die Augen. Er kann eine Ecke der Zelle oder des Abteils sehen. Die Wand glänzt genauso wie der Boden. Ein Frachtraum. Wahrscheinlich auf einem Frachtschiff.
    An der Wand hockt eine Frau in einer unbequemen, seltsamen Stellung. Im trüben Licht sieht ihr Gesicht wie ein Frosch aus. Dann erkennt er sie: Joan Bannerman. Sie ist es, die wimmert.
    Kurz darauf erkennt er, daß in der anderen Ecke seines Blickfeldes noch jemand liegt. Er schielt über die Schulter, ohne den Kopf zu bewegen, und sieht ein Gesicht auf dem Boden liegen. Es blickt zu Joan Bannerman, ein rundes braunes Gesicht, das zu einer starren Maske mit großen Zähnen verzerrt ist. Eine Erinnerung aus einer anderen Welt meldet sich: die Biber im Fernsehen.

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