Aus dem Überall
Terraner gesehen. Sie zeigte ganz am Rand die gesegneten, unglaublichen Symbole ihres Volkes. Irgendwo da draußen, ganz weit entfernt, war die Heimatwelt der Joilani – vielleicht sogar, dachte sie wild, während ihr Körper seine schmerzliche, qualvolle Arbeit verrichtete, vielleicht sogar ein Joilani-Reich!
Jetzt wollte er in sie eindringen. Sie war an diese Qual gewöhnt; ihr verletzter Körper war zu einer Form verheilt, der diesem Terraner angenehm war. Sie war erst das vierte ›Mädchen‹ des Commanders. Es hatte andere Commander gegeben – manche besser, manche schlimmer – und zahllose ›Mädchen‹, soweit die Aufzeichnungen der Joilani zurückreichten. Es waren ›Mädchen‹ wie sie selbst und ›Jungen‹ wie Bislat gewesen, die im Privatzimmer des Commanders die gewaltigen, dreidimensionalen leuchtenden Sternenschwärme gesehen hatten – und sie hatten zu ihrem Volk die unglaublichen Nachrichten gebracht: Irgendwo gab es eine Heimat weit der Joilani!
Mit großem Wagemut hatte einmal ein ›Mädchen‹ nach diesen Joilani-Symbolen gefragt. Ihr Commander hatte die Achseln gezuckt. »Ach, dieses Zeug! Das ist die Hölle, liegt auf der anderen Seite des Systems, man braucht ein halbes Leben, um hinzukommen. Ich weiß nichts darüber. Vielleicht hat sie einfach jemand dahin gesteckt. Das sind aber keine Juloos, das ist sicher.«
Aber die Symbole funkelten, winzige Nachbildungen der alten Strahlenden Sonne der Joilani. Es konnte nur eins bedeuten: Die alten Mythen waren wahr. Sie waren keine Eingeborenen dieser Welt, sondern Nachkommen einer Kolonie von Joilani, die wie die Terraner durch den Raum reisten. Und daß diese großen Joilani noch lebten!
Wenn man sie nur erreichen konnte. Aber wie? Wie?
Konnten sie irgendwie eine Botschaft schicken? – So gut wie ausgeschlossen. Und selbst wenn, wie konnten ihre Brüder sie aus der terranischen Macht befreien?
Nein. So hoffnungslos es auch schien, sie mußten selbst fortkommen und das Joilani-Reich aus eigener Kraft erreichen.
Und so war ihr großer Plan geboren worden und gewachsen, jahrelang, generationenlang. Schmerzvoll, verstohlen, Stück für Stück hatten Joilani-Diener, Barkeeper und Putzkolonnen die Zauberzahlen und ihre Bedeutung entdeckt und Informationen gesammelt: die Tau-Raum-Koordinaten, die sie zu diesen Sternen bringen würden. Aus weggeworfenen Handbüchern, aus Gesprächen von Raumfahrern hatten sie sich das phantastische Konzept vom Tau-Raum zusammengestückelt. Manchmal fand ein allmächtiger Terraner eine naive Joilani-Frage amüsant genug, um sie zu beantworten. Alle, die die Schiffe betreten durften, brachten winzige Bruchstücke über das Wirken des terranischen Zaubers mit. Joilani, die bei Tag demütige ›Jungs‹ und nachts willige ›Mädchen‹ waren, stückelten die Geheimnisse ihrer Herren zusammen und verwandelten Zauberei in Verstehen. Sie bereiteten sich vor und planten alle Details, aufrecht gehalten nur von der substanzlosen Hoffnung, und machten sich für den entscheidenden, unglaublichen Flug bereit.
Und nun war der langerwartete Augenblick gekommen.
Oder doch nicht? Warum dauerte es so lange? Sie litt, wie sie schon so oft lächelnd gelitten hatte. Sosalal verzweifelte. Gewiß würde sich nichts verändern, es war unmöglich. Es war alles nur ein Traum; alles würde weitergehen wie immer, die Entwürdigung und die Schmerzen … der Commander entwickelte neue Gelüste, und Sosalal gehorchte ihm, gefühllos vor Kummer.
»Paß auf!« Er schlug sie so fest vor den Kopf, daß ihr Blick trübe wurde.
»Entschuldigung, Sir.«
»Du hast etwas lange Zähne bekommen, Sosi.« Er meinte es wörtlich; erwachsene Joilani hatten große Zähne. »Bilde lieber bald eine junge Moolie aus. Oder laß dir die Zähne ziehen.«
»Ja, Sir.«
»Wenn du mich noch mal kratzt, zieh ich sie dir selbst – heiliger Jebulibar, was ist das?«
Ein Blitz vor dem Fenster erhellte den Raum, dann kam ein Rumpeln, das die Wände zittern ließ. Der Commander löste sich aus ihr, stieß sie weg und rannte zum Fenster.
Es war soweit! Es geschah wirklich! Schnell. Sie krabbelte zum Stuhl.
»Allmächtiger Gott, das sieht aus, als wäre der Sender in die Luft geflogen. Was …?«
Er war zu seinem Sprechgerät herumgefahren, neben dem seine Kleider lagen, und plötzlich sah er sich der Mündung seiner eigenen Waffe gegenüber, die Sosalal in den zitternden Händen hielt. Er war zu verblüfft, um zu reagieren. Als sie auf den Feuerknopf
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