Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
Vom Netzwerk:
des Kreuzers und des detonierenden Geschosses. Diese Kräfte wirkten zusammen und erzeugten für ein Mikrominim eine Zone, in der die planetarische Masse für die Traum gleich Null war. In diesem winzigen Augenblick baute sie ihr Tau-Feld auf, faltete die normalen Dimensionen um sich und schoß wie ein herausgedrückter Apfelkern in die Diskontinuität des Seins, die Tau-Raum hieß.
    Das Raumzeitgefüge in der Umgebung wurde durch die Explosion erschüttert; die Wellen fuhren über die Monde und über den Planeten drunten. Der sichere Moment war so winzig, daß später ein Stück Metall vom Kreuzer und ein Stück Fels mit Erde und Kräutern tief in die Wand ihres hinteren Laderaums gedrückt gefunden wurden, zur großen Verwunderung aller Joilani.
    Inzwischen war die Freude so groß, daß sie nur auf eine Art ausgedrückt werden konnte: Im ganzen Schiff hoben die Joilani ihre Stimmen zum heiligen Lied.
    Sie waren frei! Die Traum hatte es in den Tau-Raum geschafft, wo kein Feind sie finden konnte! Sie waren sicher und unterwegs.
    Sicher und unterwegs – zu einem unbekannten Ziel, über eine unbekannte Zeitspanne, mit schrecklich begrenzten Vorräten von Wasser, Essen und Luft.
     
    * * *
     
    Hier beginnt das Logbuch der Fahrt der Traum durch den Tau-Raum, die, obwohl der Raum zeitlos ist, eine endliche Zeit dauerte.
    Jatkan rollte die kostbare alte Schriftrolle zusammen und legte sie vorsichtig beiseite, um die Hand einer Partnerin zu nehmen. Er war eins der Kinder in den Amlat-Containern gewesen; manchmal glaubte er sich an die große Nacht ihrer Flucht zu erinnern. Gewiß erinnerte er sich an die Freude, an das Gefühl, daß ein schrecklicher Alptraum zu Ende war.
    »Mir wird das Warten so lang«, sagte seine jüngste Partnerin, die kaum mehr als ein Kind war. »Erzähl uns noch einmal von den terranischen Monstern.«
    »Sie waren keine Monster, nur sehr fremd«, korrigierte er das Kind sanft. Seine Augen begegneten Salasvatis Blick, die ihre Jungpartner zum Bullauge der winzigen Archivkammer gerührt hatte. Jatkan dachte daran, daß er und Salas, wenn sie alt waren, wahrscheinlich die letzten Joilani sein würden, die je einen leibhaftigen Terraner gesehen hatten. Gewiß waren sie die letzten, die den Terror und die Macht der Terraner selbst gespürt hatten, die Entwürdigung der Sklaverei, die ihren Eltern in die Seelen gebrannt war. Das ist gewiß gut, dachte er, aber ist es nicht auch auf eine seltsame Art ein Verlust?
    »… rötlich oder manchmal auch bräunlich oder gelb, fast haarlos, mit kleinen, hellen Augen«, erklärte er dem Kind. »Und groß, etwa von hier bis zu der Luke da. Und eines Tages, als die drei, die auf der Traum waren, sich bewegen durften, rannten sie in den Kontrollraum und stellten das … das Gyroskop schneller, damit das Schiff sich schneller drehte und alle stürzten und fest gegen die Wände gepreßt wurden. Sie zählten auf ihre größere Kraft.«
    »Weil sie die Traum erobern und aus dem Tau-Raum zu den terranischen Sternen wollten!« Seine beiden Partnerinnen rezitierten unisono: »Aber der alte Jivadh hat uns gerettet.«
    »Ja. Aber damals war er noch der junge Jivadh. Durch einen sehr glücklichen Zufall war er gerade an der Mittelsäule, wo die alten Waffen aufbewahrt wurden, die seit Hunderten von Tagen niemand mehr angerührt hatte.«
    Eine Partnerin lächelte. »Ein Glück für die Joilani.«
    »Nein«, erwiderte Jatkan. »Wir dürfen nicht abergläubisch werden. Es war reiner Zufall.«
    »Und er hat sie alle getötet!« platzte das Kind aufgeregt heraus.
    Es wurde still.
    »Benutze das Wort nie wieder so leichtfertig«, sagte Jatkan streng. »Überlege dir, was du da sagst, Kleine.
    Jailasanatha …«
    Während er das Kind ermahnte, dachte er wieder daran, wie unpassend seine Worte waren: Die ›Kleine‹ war fast so groß wie er, und er selbst war größer und stärker als seine Eltern. Das konnte nur daran liegen, daß die Kinder das gemischte Terraneressen aus dem Wiederaufbereiter aßen, so knapp es auch war. Als die Älteren sahen, wie die Jungen wuchsen, bestätigte sich ein weiterer Mythos: Ihre Ahnen waren Giganten gewesen, die durch einen Mangel in der Erde des Planeten geschrumpft waren. Wurden denn alle alten Mythen auf einmal wahr?
    Unterdessen versuchte er, zum wiederholten Male dem Kind und den anderen die schreckliche Entscheidung zu beschreiben, vor der Jivadh stand, und seinen brennenden Schmerz, als er davon abgehalten wurde, sich als Buße selbst zu

Weitere Kostenlose Bücher