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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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Bann einer beinahe unnatürlichen Ruhe.
    »Leg dich hin!«
    »Warte noch einen Augenblick …« Sie entglitt seinen Händen wie ein Fisch und huschte durch die Kabine, bis sie neben der Toten im Dunkel stand. Jakko sah, daß sie versuchte, die erstarrten Augen zu schließen, die immer noch aus den Schatten leuchteten. Er konnte warten; er hatte nie geglaubt, daß sich solche Dinge in seinem Körper abspielten. Pfirsichdiebin verhüllte das Gesicht der Fremden mit dem Tuch und kam zu ihm zurück. Sie breitete schüchtern die Arme aus und ließ sich mit weit gespreizten Schenkeln auf die schimmernde Bank sinken. Das Mondlicht war so hell, daß er das rosige Fleisch tief im Innern ihrer Scheide erkennen konnte.
    Er schob sich sanft über sie, beherrscht, atmete den erregenden animalischen Duft ihres Körpers ein. Diesmal drang sein Penis leicht ein, mit dem Gefühl, daß alles sein mußte, wie es war, und daß es so richtig war.
    Aber einen Moment später loderten die Flammen des Entsetzens, des Mitleids und der Herausforderung zu einem heißen, leidenschaftlichen Feuer in seinen Lenden auf. Der zierliche Körper unter ihm schien nicht länger verwundbar, sondern hungrig. Er umklammerte sie, stieß in die Tiefe, vergrub sich lachend in ihr. Der Tod starb nicht allein, dachte er vage, als die alten Menschentriebe, die in ihm gelauert hatten, erwachten. Der Tod flog mit ihnen, flog unter ihnen vorbei, aber er entfachte Leben im Leib dieser Frau, eingefangen in einem gewaltigen Crescendo fremdartiger Gefühle, bis ihn der Höhepunkt der Lust wie ein Schmerz durchzuckte und in sie überströmte. Die Spannung wich von ihm.
    Als er wieder sprechen konnte, fragte er, zögernd um die richtigen Worte ringend: »Hast du … war es bei dir auch wie … wie eine Explosion?«
    »Nein, das nicht.« Ihre Lippen waren nahe an seinem Ohr. »Die weibliche Lust ist – anders. Vielleicht zeige ich es dir. Später … Aber ich glaube, es war gut so für das Baby.«
    Er spürte nur einen winzigen Stachel bei ihren Worten und ließ sich langsam in den Schlaf gleiten, das Gesicht in ihr warm duftendes Haar gedrückt. Verschwommen begriff er, daß die große Bestie seiner Träume, die vielleicht die Menschheit selbst war, ihn aufgepeitscht und ausgenutzt hatte. Es störte ihn nicht mehr.
    Etwas Kaltes stieß gegen sein Ohr, und eine heisere Stimme knurrte: »Hung-ger!« Es waren die Mondhunde.
    »Ach, du liebe Güte, ich habe vergessen, sie zu füttern.« Pfirsichdiebin löste sich geschmeidig von ihm.
    Jakko merkte, daß er ebenfalls gewaltigen Hunger hatte. Der Mond war höhergestiegen, und die Kabine lag jetzt im Dunkel. Pfirsichdiebin machte die Schalter ausfindig und sorgte für eine gedämpfte Helligkeit auf ihrer Seite der Kabine. Sie aßen und tranken mit großem Appetit. Unter ihnen breitete sich die mondhelle Erde aus. Die Gräberfelder waren verschwunden, und sie flogen über dunkel bewaldete Vorberge. Später, als sie sich wieder schlafen legten, neigte sich die Kabine ein wenig. Das Schiff stieg allem Anschein nach höher.
    Jakko erwachte mitten in der Nacht von einem weichen Körper, der sich gegen ihn preßte. Pfirsichdiebin massierte ihn sanft.
    »Gib mir deine Hand!« wisperte sie atemlos. Sie führte seine Finger, ihr Körper spannte sich an, wand sich unter seinen Händen. Ihre Haut war schweißnaß. Neue Kraft durchströmte seine Lenden, und seine Erregung wuchs. »Jetzt, jetzt!« drängte sie, und als er gehorchte, spürte er, wie ihr Inneres vibrierte. Sie schien gegen ihn anzukämpfen und ihn zugleich zu verschlingen. Freude durchpulste ihn, diesmal völlig frei von Entsetzen. Er preßte gegen ihr warmes, lebendiges Fleisch. »Ja – so!« keuchte sie. Gemeinsam steigerten sie sich zur berauschenden Explosion und fanden in der völligen Erschöpfung Frieden.
    Er blieb in ihr, bis ihr Körper völlig entspannt war und ihr Atem leichter ging. Sex war allem Anschein nach mehr, als er geahnt hatte. Seine Familie hatte ihm keine einzige dieser Erfahrungen mit auf den Weg gegeben. Vielleicht wußten sie selbst nicht Bescheid. Vielleicht lag das alles aber auch außerhalb ihrer stillen, philosophischen Lebensweise.
    »Woher weißt du diese Dinge?« fragte er Pfirsichdiebin schläfrig.
    »Eine meiner Tanten hat sich auch mit Literatur beschäftigt.« Sie lachte leise. »Mit einem Nebenzweig der Literatur, nehme ich an.«
    Sie schliefen fast so reglos wie die Tote, die am anderen Ende der Kabine lag und eine Welt von ihnen

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