Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
auf seinem Unterarm war Beweis dafür.
Der letzte Tropfen Wasser bahnte sich den Weg durch das Kaffeepulver, die Kanne war voll. Die süße Sommerluft, die durch das halb geöffnete Fenster strömte, mischte sich mit dem Kaffeeduft. Während Anna den rosaroten Himmel bewunderte, tastete sie nach dem Filter. Ein dumpfes Geräusch und braunes matschiges Kaffeemehl spritzte über den Boden.
»Verdammt noch mal«, entfuhr es ihr und Erin saß senkrecht im Bett.
»Guten Morgen«, murmelte sie verschlafen. Sie rieb sich die Augen und blinzelte müde in Annas Richtung. »Schon ausgeschlafen?« Erin fuhr sich durch die kurzen, strubbligen Haare, stemmte sich müde von der schmalen Matratze hoch, schob diese unter Annas Bett und ließ sich auf der Kante nieder. »Viel zu früh«, brummte sie. »Hast du schlecht geschlafen?«
Anna nickte in Richtung Bett. »Tut mir leid, Erin. Ich wollte dich nicht wecken. Leg dich noch mal hin. Ich bin auch ganz leise. Versprochen.«
Erin schnupperte und grinste. »Kommt nicht infrage, Anna, sonst ist, wenn ich aufwache, der Kaffee weg.«
Nun schmunzelte Anna. »Keine Sorge, Erin. Ich hätte euch schon genug übrig gelassen. Aber wenn du magst, würde ich mich über deine Gesellschaft freuen.«
Zwischen den Frauen hatte sich in den vergangenen Wochen eine besondere Freundschaft entwickelt. Anna musste zugeben, dass sie eine ganze Menge Wesenszüge teilten. Spontaneität, die an Unüberlegtheit grenzte, Lebensfreude, die nicht so leicht zu erschüttern war und eine gute Portion Starrsinn. Anna fand dies umso erstaunlicher, da sich ihrer und Erins Lebensweg nun wirklich nicht ähnelten. Und sie begann zu verstehen, warum Peter seit dem Tod ihrer Eltern nicht von ihrer Seite gewichen war. Es war mehr als Pflichtgefühl gewesen. Sie ist ihr ähnlich, hatte er gesagt. Erin erinnerte ihn an Ella, seine verstorbene Frau. Und wenn Erin ihr ähnlich war … Anna hielt ihrer Freundin eine Tasse vor die Nase und schenkte ein.
»Ich habe nicht nur schlecht geschlafen, Erin, ich glaube, ich habe gar kein Auge zubekommen. Bald ist die Frist abgelaufen. Nicht mehr lange und wir können zurück.« Sie schielte auf den handgeschriebenen Kalender, den sie an die Wand genagelt hatte. Jeden Morgen strich sie einen weiteren Tag ab. »Eigentlich könntest du mit Edmund schon jetzt zurückgehen. So wie es aussieht, brauche ich seine Hilfe wohl nicht mehr.« Erin hatte bereits den Mund geöffnet, um Anna zu widersprechen. »Ich weiß, ich weiß«, fuhr sie lächelnd fort, »Edmund besteht darauf, mich höchstpersönlich zurückzubringen. Und du kannst schließlich nicht ohne uns nach Hause.«
Erin trank einen Schluck des pechschwarzen Gebräus und nickte zustimmend. »Du hast recht, Anna. Ich kann nicht allein zurück. Aber um nichts in der Welt würde Edmund dich zurücklassen. Ebenso wie Peter übrigens. Ich stecke hier also fest.« Besonders viel auszumachen schien der jungen Najadin das nicht. Genussvoll nippte sie an dem heißen Kaffee. »Ed muss wirklich argen Respekt vor meinen Eltern haben. Besonders vor Mama wahrscheinlich. Er lässt dich nicht einen Moment aus den Augen. Ein Wunder eigentlich, dass er sich nicht doch hier einquartiert hat.«
»Falls ich zurückgehen sollte«, fuhr Anna zögernd fort.
Erin stellte die Tasse auf den Tisch, zog eine Braue hoch und sah ihre Freundin überrascht an. »Was soll das heißen, Anna? Falls … Ich dachte, du hättest dich längst entschieden.«
Anna holte tief Luft und zog das Amulett hervor, das sie unter ihrem Hemd um den Hals trug. »Eigentlich habe ich das auch. Ich freue mich sogar ein bisschen. Aber …« Sie sah sich um, ihr Blick blieb an den spärlich bestückten Regalen hängen. »Ich kann doch nicht alles einfach zurücklassen und so tun, als ob es …« Anna geriet ins Stocken. »… als ob es alles hier nie gegeben hätte.« Sie strich sich nachdenklich eine hellbraune Locke hinter das Ohr. Es war zum Verzweifeln. »Was soll denn nur aus dem Sonneneck werden, wenn ich nicht mehr da bin? Peter will ich das nun wirklich nicht aufhalsen. Außerdem habe ich so ein Gefühl, dass er mich nicht allein ziehen lassen wird. Es ist wirklich zum Verrücktwerden. Ich meine, ich weiß genau, dass ich drüben glücklich sein kann … war. Ach zum Teufel, glücklich werde, was auch immer, aber warum verflucht noch mal fühlt sich das dann nicht besser … richtig an? Ich kann doch dem Sonneneck nicht einfach so den Rücken kehren und hier alles
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