Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
alle Schleier einige Male ablaufen.«
Nico nickte ungeduldig und Anna wurde warm ums Herz. Für ihn war das alles ein einziges, großes Abenteuer. Manchmal wünschte sie sich diese Unbekümmertheit und Sorglosigkeit zurück.
»Auch du, mein Sohn.« Richard warf einen mahnenden Blick in Nicos Richtung. »Und untersteh dich, wieder arglos umherstehende Personen zu erschrecken. Verstanden? Erst gestern hat deine Mutter vor Schreck einen Korb Eier fallen lassen, als du vor ihr aus dem Zelt gesprungen bist. Und deinem Appetit nach zu urteilen, liegt dir etwas an den Kochkünsten deiner Mutter.«
Nico senkte zerknirscht den Blick, doch ganz gelang es ihm nicht, sich zu verstellen. Seine Augen suchten Peters Blick, der schmunzelnd zur Seite sah.
»Peter«, der Herr des Hauses wandte sich ihm zu. »Vielleicht kannst du meinen Sohn heute ein wenig im Auge behalten. Auf dich scheint er im Augenblick besonders gut zu hören. Ihr zwei könnt überprüfen, ob sich die Schleier noch an Ort und Stelle befinden und vor allem, ob sie noch unbeschädigt sind.«
»Wird gemacht, Richard. Zuvor würde ich gern mit Anna und Alexander die Ars Magica studieren. Doch Nico kann uns gern auch dabei Gesellschaft leisten.«
Nun verdrehte Nico die Augen. So hatte er sich sein Abenteuer nicht vorgestellt.
»Gute Idee«, pflichtete ihm Richard bei. »Nachdem er die Pferde versorgt hat.«
Nico stöhnte laut auf, doch ein Blick seines Vaters genügte und er schloss den bereits geöffneten Mund wieder. Er hatte verstanden. Heute würde er es nicht darauf ankommen lassen, den Zorn seines Vaters auf sich zu ziehen.
»Edmund wird mich begleiten, um nach den Wachen zu sehen«, fuhr Richard bestimmt fort. »Bislang haben sie noch jeden Angriff abgewehrt, doch ich habe gehört, dass erst gestern wieder zwei zu Kyra übergelaufen sind.«
Anna zuckte zusammen und ergriff fest Alexanders Hand, die er ihr unter dem Tisch entgegenstreckte. Noch drei Wochen …
»Naomi wird Bridget helfen, unsere Freunde zu versorgen.«
Naomi nickte stumm. Wie viele von Richards Freunden sich inzwischen im und rund um das Haus aufhielten, war Anna nach wie vor ein Rätsel. Doch es schienen ständig mehr zu werden. Bridget kam in letzter Zeit kaum noch aus ihrer Küche heraus. Dass die robuste Frau immer noch guter Laune war, empfand Anna mehr als bewundernswert. Inzwischen hatte sie sich, ebenso wie Alexander, an das ständige Kommen und Gehen gewöhnt und viele der zunächst unbekannten Gesichter waren ihr mittlerweile vertraut. Trotzdem hatte sie mit den meisten kaum mehr als einige flüchtige Worte gewechselt.
»Und ich?«, meldete sich Erin zu Wort. Sie saß Anna gegenüber und schien sich in den vergangenen Tagen recht gut erholt zu haben. Dennoch war sie lange nicht so kräftig und ausdauernd wie an dem Tag, als Anna sie kennengelernt hatte.
»Du, meine Tochter«, begann Richard, »hast eine ganz wichtige Aufgabe zu erledigen.«
Erins Augen glänzten.
»Du ruhst dich heute ganz besonders aus, sodass du vielleicht morgen mit dem Schwertkampfunterricht für Anna und Alexander beginnen kannst.«
»Aber Papa«, protestierte Erin enttäuscht. »Mir geht es doch schon wieder richtig gut.«
»Nicht gut genug«, schimpfte Bridget und ihre Stimme ließ keine Widerrede zu. »Und was den Unterricht angeht …«
»Aber«, empörte sich Erin ein zweites Mal.
»Kein Aber, Erin. Ruh dich heute aus und morgen sehen wir weiter.«
Erin gab sich geschlagen und lehnte sich schmollend in ihrem Stuhl zurück.
»Anna und Alexander, ihr werdet heute das erste Mal allein den Weg zur kleinen Hütte zurücklegen«, wechselte Richard rasch das Thema. »Natürlich werden unsere Freunde an verschiedenen Stellen positioniert sein, aber diesmal wird Noah euch nicht begleiten. Er wird versuchen, noch einige seiner Freunde für unsere Sache zu gewinnen.«
Anna hörte nur noch mit halbem Ohr zu. In Gedanken war sie schon unterwegs zu dem winzigen Häuschen. Alexander und sie hatten den Weg unter ihrem Schleier schon unzählige Male zurückgelegt. Edmund und Noah hatten innerhalb kürzester Zeit eine kleine, windschiefe Hütte gezimmert. Außer einigen Decken, einem kleinen Tisch und zwei Stühlen war das Einzimmerhäuschen kahl und unmöbliert. Es wurde von dem letzten der zehn Schleier verborgen und befand sich inmitten einer Gruppe kleiner Tannen. Wie es den beiden wohl gelungen war, das Häuschen überhaupt dazwischenzuquetschen? Dort sollten sich Anna und Alexander im Notfall
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