Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
Gesicht und stellte den Rucksack auf den Boden. Alexander schloss leise die Tür und ließ sich stöhnend auf einem Stuhl nieder.
»Sieh mich bloß nicht so an. Ich weiß selbst, dass ich noch lange nicht wieder ganz der Alte bin. Gleich geht es wieder.« Er zog sich sein schweißgetränktes Hemd über den Kopf und hängte es über die Stuhllehne. »Was für eine Hitze!«
Anna fuhr sich durch die Haare. Beinah schüchtern legte sie ihre Hand auf seine Schulter. »Natürlich geht es gleich wieder.« Seine kräftige Nackenmuskulatur erzitterte unter ihren Fingerspitzen.
Rasch trat sie einen Schritt zurück, wuchtete den Rucksack auf den Tisch, löste die schmalen Lederriemen und grinste. Unglaublich, was Bridget alles in die kleine, schmale Tasche gepackt hatte. Brot und Käse, Äpfel, kleine Nussküchlein und ein großes Stück Schinken. Außerdem drei hölzerne bauchförmige Behälter mit Korken. Anna reihte sie nebeneinander auf, entkorkte sie und schnüffelte daran. Ihr Blick wanderte zwischen den Flaschen und Alexander hin und her.
»Wein und Wasser sparen wir uns für später auf. Ich glaube, ein Schluck Violabeersaft ist jetzt das Beste für dich.«
Alexander nahm einen ordentlichen Zug, wischte sich über die Lippen und reichte Anna die Flasche. »Dir kann das auch nicht schaden.« Er ließ seinen Blick über den Tisch gleiten. »Du meine Güte, Anna. Das hast du alles geschleppt? Was denkt Bridget, dass wir hier übernachten?«
Warum eigentlich nicht? Anna sehnte sich nach ein wenig Abgeschiedenheit. Zu sehr hatte sie sich an das Alleinsein gewöhnt in den vergangenen Jahren. Vielleicht hatte man sie ja absichtlich heute allein losgeschickt. Ihr Blick glitt über Alexanders nackten Oberkörper. Die Verrichtung körperlicher Arbeit schien er gewohnt zu sein. Ausgeprägte Muskelstränge zogen sich vom Hals bis zu den kräftigen Schultern.
»Du hast sicher viel gearbeitet in eurer Werkstatt.« Anna hätte sich ohrfeigen können. Erst denken, dann sprechen. Wieder einmal hatte ihr Mund das Rennen mit dem Verstand gewonnen. Rasch senkte sie den Blick, der so hemmungslos auf seinen Schultern hängen geblieben war. Und tatsächlich, Alexander betrachtete sie mit hochgezogenen Brauen und lächelte amüsiert.
»Nicht zu übersehen?«
Anna nickte mit zusammengepressten Augen. Einfach nicht hinsehen …
»Ich dachte nur. Ich meine, weil ich ja die Werkstatt auch kenne.« Um Himmels willen, Anna, halt den Mund. Vorsichtig öffnete sie ein Auge.
Nun grinste Alexander. »Mein Vater hat begonnen, mich in die Geheimnisse des Schreinerhandwerks einzuweihen, als ich jünger als Nico war, nicht einmal dreizehn …« Alexander strich mit der Hand über den Tisch. »Wenn …« Er kam ins Stocken, räusperte sich und fuhr dann fort. »Wenn das alles hier vorüber ist, würde ich gern eine kleine Werkstatt eröffnen. Hier meine ich. Jeder braucht schließlich Möbel. Und ich habe Spaß daran. Ich glaube, es würde mir fehlen.«
Anna setzte sich zu ihm und betrachtete ihn nachdenklich. Er faltete die Hände und stützte die Ellbogen auf die Tischkante. »Sie fehlen dir, nicht wahr?« Sie rückte ihren Stuhl ein wenig näher.
»Sie werden sich sorgen. Wenn es nur einen Weg gäbe, ihnen Bescheid zu geben, dass es mir gut geht.« Alexander lehnte sich zur Seite und kramte in seiner Hosentasche. Er hatte das Stück Papier von Eva dabei, so wie immer, und Anna war nicht erstaunt, als er den inzwischen recht zerknitterten Fetzen entfaltete und vor ihr auf den Tisch legte. »Ich denke oft an meine Mutter und Lisa. Und ich fühle mich …« Er hielt inne, schloss die Augen. »… irgendwie schuldig. Sie haben sich schon viel zu oft gesorgt, um meinen Vater, um Max und um mich.«
Anna griff nach seiner Hand. »Du kannst es nicht ändern, Alex.«
Seine Hand verspannte sich unter ihrer. Schließlich holte er tief Luft und sah sie an. »Als ich in Kyras Gewalt war, musste ich an die Zeit denken, als … als ich schon einmal in Gefangenschaft war.« Er schluckte.
Anna sah, wie seine Gesichtsfarbe eine Spur blasser wurde.
»Nichts ist schlimmer, als jemandem völlig ausgeliefert zu sein. Dagegen sind all die Qualen und Schmerzen nichts. Doch mindestens genauso schlimm ist die Sorge um die Menschen, die dir etwas bedeuten. So wie die Sorge um meine Mutter, Lisa oder dich. Ich habe an dich gedacht, Anna, als es mir ganz schlecht ging und Kyra keinen Zweifel daran gelassen hat, dass mein Schicksal in ihrer Hand lag. Ich war
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