Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
niemand mehr begegnet und so kamen sie zügig voran. Peter war sich ganz sicher, es war nicht mehr weit. Doch mit jedem Meter, der sie Anna näher brachte, wuchs die Angst, dass sie zu spät kamen. Hin und wieder warf er einen kurzen Blick in Alexanders Richtung. Es wäre ein fürchterlicher Fehler gewesen, zu warten.
Anna hatte schon jetzt viel zu viel aushalten müssen. Schwindel und Übelkeit quälten Peter, er wusste, die Magie forderte ihren Tribut. Doch Anna ging es momentan sehr viel schlechter. Natürlich musste sich Kyra davon überzeugen, dass Anna allein unterwegs war, doch dass sie zu derartigen Mitteln greifen würde, erschreckte ihn. Weder Alexander noch Noah gegenüber hatte er die Schlange erwähnt.
Wozu auch? Sie konnten Anna ebenso wenig helfen wie er. Wichtig war, dass sie sich beeilten. Und so waren sie schweigend übereingekommen, sich vorerst nur aufs schnelle Vorankommen zu konzentrieren. Die Pixie war nicht wieder aufgetaucht, ein gutes Zeichen. Trotzdem sah sich Peter häufig um, spähte ins Unterholz, suchte den Boden nach Spuren ab. Immer wieder tauchte Annas erschöpftes Gesicht vor ihm auf. Hin- und hergerissen zwischen Mitleid und Zorn gab er seinem Pferd die Sporen. Dieses dumme Kind, warum nur musste sie so verdammt selbstlos sein? Niemand hätte ihr irgendwelche Vorwürfe gemacht, wenn sie sich die restliche Zeit versteckt und den Ablauf der Frist einfach abgewartet hätte. Aber nein, sie ließ sich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen, angetrieben von ihrem viel zu stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Um andere zu retten, um Silvanubis zu retten … Der Preis, den sie für ihre Selbstlosigkeit zahlte, war jetzt schon viel zu hoch. Peter war so in Gedanken, dass er erschrak, als Alexander sich herüberlehnte und nach seinen Zügeln griff.
»Verflucht, Peter. Bist du taub? Oder blind?« Er wies auf die kleine Pixie, die direkt vor seiner Nase auf und ab flog.
»Tut mir leid, ich war in Gedanken.«
Alexander schnaubte. »Ach was? Alles in Ordnung?« Er betrachtete Peter skeptisch. »Du bist kreideweiß.«
»Es geht schon.« Peter winkte ab. »Ist wohl die Hitze. Oder die Magie.«
Alexander sah ihn durchdringend an und schien sich dann mit seiner Antwort zufriedenzugeben. »Wenn ich Felia richtig verstehe, möchte sie, dass wir unsere Pferde hier zurücklassen.« Er streckte seine Hand aus, auf der sich seine winzige Freundin augenblicklich niederließ »Kann es sein, dass wir in Annas Nähe sind, Peter?«
Peter schloss die Augen und suchte nach Annas Gesicht. Langsam nickte er. »Kann schon sein, sie sind wieder in Bewegung, haben die Hütte verlassen. Anna, die Magierin und der andere Mann, Glenn.« Er schwang sich aus dem Sattel. »Nico … er ist nicht mehr in der Höhle, auch er ist unterwegs, begleitet von einer Handvoll Zwerge.« Peter runzelte die Stirn und musterte Noah, der ebenfalls von seinem Pferd sprang. »Dein Bruder scheint sich ebenfalls in unsere Richtung zu bewegen. Es geht ihm gut, Noah. Er hat Angst, aber es geht ihm gut … den Umständen entsprechend. Aber Anna braucht uns, dringend.«
*
Noch ein drittes Mal hatte sich die Magierin Ticianas bedient, bevor sie sich schließlich mit Annas Antworten zufriedengab. Danach hatte sie es plötzlich sehr eilig gehabt. Glenn hatte Anna vom Stuhl losgebunden, doch kaum machte sie einen Schritt nach vorn, brach sie zusammen. Als sie wieder zu sich kam, fand sich Anna auf dem Rücken eines Pferdes wieder. Sie hörte das Rascheln des Laubes unter den Hufen, die raue Mähne kitzelte ihre Wange. War es bereits dunkel? Sie konnte nichts sehen. Man hatte ihr die Augen verbunden. Der Pferdehals war weich und warm, ein behagliches Kissen. Vergeblich versuchte Anna sich aufzurichten. Jegliche Kraft schien aus ihrem Körper gewichen zu sein. Sie schüttelte den Kopf, um den Nebel zu vertreiben, doch in ihr herrschte nichts als gähnende Leere. Außerdem war ihr übel, sie hatte Hunger und vor allem Durst. Diese verfluchte Augenbinde. Instinktiv bewegten sich ihre Hände und sie stieß einen Seufzer aus. Sie waren festgebunden, vermutlich am Sattelknauf.
»Da bist du ja wieder, Anna«, hörte sie eine männliche Stimme hinter ihr. Sie saß nicht allein auf dem Pferd. Der Mann hinter ihr hatte seine Hand unangenehm fest um ihre Taille geschlungen.
»Wo … wo bin ich?« Anna erschrak, ihre Stimme war rau und heiser.
»Nicht mehr lange und wir sind da.« Nun kam die Erinnerung zurück. Schmerzhaft und heftig
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