Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
gab man ihr kein Zeichen? Blut rauschte in ihren Ohren, sie hatte alles auf eine Karte gesetzt und verloren.
*
Sie hatten die Pferde auf einer kleinen Lichtung im Wald zurückgelassen und hofften, dass sie noch dort sein würden, wenn sie zurückkehrten. Wenn sie zurückkehrten … Alexander hatte Peters Gesichtsausdruck gesehen, als er seinem Pferd Fußfesseln angelegt hatte, sodass dieses zwar grasen, aber nicht davonlaufen konnte. Mehr als Sorge hatte er in den Augen des alten Mannes gesehen. Furcht. Angst. Entsetzen. Er war sicher, dass Peter ihnen nicht alles erzählte, was er sah. Die eiskalte Hand, die ihm seit sie losgezogen waren, als ständiger Begleiter im Nacken lag, schien fester und fester zuzupacken. Sie durften einfach nicht zu spät kommen. Auch Noah war längst nicht so gelassen wie sonst. Stumm lief er an Alexanders Seite, folgte dem alten Mann vor ihnen. Felia saß auf Alexanders Schulter, offenbar nicht bereit, ihren Schützling allein weiterziehen zu lassen. Noch drohte keine Gefahr, die Pixie würde sie rechtzeitig warnen. Keiner sprach ein Wort, Schritt für Schritt schlugen sie sich durch den immer dichter werdenden Wald.
»Verdammt, Peter.« Alexander rieb sich die Schulter. Er war gegen Annas Freund geprallt, der abrupt stehen geblieben war. Langsam drehte sich Peter um und Alexander fuhr zusammen. Angst und Furcht waren aus Peters Augen gewichen, leer und ausdruckslos starrten sie ins Nichts.
»Was ist geschehen?«, fragte Noah leise. Peter schwankte und Alexander griff ihm blitzschnell unter die Arme. Er musste etwas gesehen haben und Alexander war nicht sicher, ob er wissen wollte, was. Seine Hand klammerte sich um den schmalen Arm des alten Mannes.
»Nun sag schon, Mann. Was ist geschehen? Sind wir«, er schluckte, »sind wir zu spät? Peter, verdammt noch mal, jetzt sprich endlich.«
»Wir haben keine Zeit mehr«, die Angst war in die alten, schreckgeweiteten Augen zurückgekehrt. »Sie hat den Phönix. Großer Gott, Kyra hat den Phönix.«
*
»Der mittlere Käfig steht schon viel zu lange leer, Anna.« Spöttisch blickte die Magierin auf sie hinunter. »Aber du beehrst mich gerade noch rechtzeitig mit deinem Besuch. Wer weiß, wie lange ich auf Neuankömmlinge warten müsste.« Sie nickte Glenn zu, der Anna am Arm packte und sie in die Höhe riss. Viel Kraft war ihr nicht mehr geblieben, nachdem Kyra ihre Schlange hatte walten lassen, doch Annas Füße trugen sie. Noch. So gut es ging, straffte sie ihren Rücken und musterte Kyra geringschätzig.
»Weißt du, Kyra, da wo ich herkomme, hat sich auch einer viel zu lange der Angst bedient, um sein Ziel zu erreichen.« Sie sah der Magierin direkt ins Gesicht, doch Kyra zuckte nicht einmal mit der Wimper. Spielend hielt sie Annas Blick stand. »Nun ist er tot«, fuhr Anna fort und überraschte sich dabei mit ihrer Entschlossenheit. »Er hat sich das Leben genommen.« Um sie herum hatte sich inzwischen eine recht ansehnliche Menschenmenge versammelt. »Was meinst du, wie viele deiner Freunde an deiner Seite stehen würden, wenn sie sich frei entscheiden könnten?« Einige Augenpaare senkten sich, blickten betreten zu Boden. »Was denkst du, Kyra, wie viele deiner Anhänger dich insgeheim verfluchen? Obwohl es natürlich immer einige gibt, die nur zu gern auf den Terrorzug aufspringen. Nicht wahr, Glenn?«
Im Gegensatz zu Kyra hatte dieser sich nicht unter Kontrolle. Mit der einen Hand packte er Anna am Arm, mit der anderen schlug er ihr mitten ins Gesicht. Anna wankte, doch Glenn hielt sie eisern fest.
»Angst und Gewalt können niemals für immer regieren«, zischte Anna. »Nicht hier, nirgendwo. Es ist nur eine Frage der Zeit, Kyra. Irgendwann setzt sich das Gute gegen das Böse durch. Töte mich, den Phönix, beraub Silvanubis seiner Magie, es wird dir nichts nützen. Am Ende wirst du allein sein. Wie viele Freunde hast du wirklich, Kyra?« Anna räusperte sich, ihr Hals schmerzte und sie fühlte sich hundeelend. Woher sie die Kraft nahm, der Magierin derart unerschrocken entgegenzutreten, wusste sie wirklich nicht. »Du tust mir leid.«
Angst, Unsicherheit. Einen winzigen Moment lang sah sie es in den kalten blauen Augen. Sie hatte sie getroffen, für den Bruchteil einer Sekunde war ihr mit Worten gelungen, wozu Kyra Gewalt benutzte. Die Magierin war nicht unverwundbar. Doch dieser Moment war ebenso schnell vorüber, wie er gekommen war. Augenblicklich hatte sich die Magierin wieder im Griff, bahnte sich den
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