Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
Weg durch die gaffende Menge und deutete Glenn, ihr zu folgen. Seine Hand umklammerte Annas Arm immer noch wie ein Schraubstock, als er sie grob vor sich her schubste.
»Du irrst dich, Anna.« Frostklirrend und beißend bohrten sich die stahlblauen Augen in ihr Gesicht. »In wenigen Minuten werde ich allein die Macht über die Magie in Silvanubis haben und sie mit denen teilen, die mich unterstützten. Doch weil ich deinen Mut durchaus schätze, werde ich dich einweihen. Sieh genau hin.«
Vor ihr stand ein Korb, aus dem Kyra drei Messer hervorzog. Die Klingen waren jeweils mit einem spitz zulaufenden länglichen Blatt umwickelt.
»Das, Anna, sind Dolchpalmblätter. Eine deiner neuen Freundinnen ist damit schon mal in Berührung gekommen, wenn ich mich nicht irre. Wie du weißt, muss ich mich der Magie bedienen, um euch zu vernichten. Die Palmenblätter erschienen mir für diesen Zweck am besten geeignet. Und jetzt pass gut auf.«
Sie nahm ein Messer in die linke und fasste die beiden anderen mit der rechten Hand. Ihnen gegenüber standen drei Sandsäcke von unterschiedlicher Größe: klein, mittelgroß, riesig. Kyra hob langsam ihre Arme, zielte und schleuderte alle drei Messer gleichzeitig nach vorn. Nicht eines der Geschosse verfehlte sein Ziel. Bis zum Schaft steckte ein jedes in dem dazugehörigen Sack.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Anna. Ich habe viel geübt. Ich werde dein Herz ebenso treffen wie das des Phönixes oder die Wurzel der Silberblüte. Sollte ich mein Ziel doch um den einen oder anderen Zentimeter verfehlen, wird das Gift der Dolchpalme den Rest erledigen. Normalerweise sticht die Palme nur kurz und heftig zu, doch lässt man das Blatt in der Wunde …«
Hatte Kyra ihr Angst einjagen wollen, war ihr das gründlich gelungen. Annas Beine drohten unter ihr nachzugeben, ein milchiger Film trübte ihren Blick . Du bist stärker, Anna. Das Gesicht ihres Vaters schob sich vor den milchigen Schleier. Seine Stimme war warm und zuversichtlich. Du bist viel stärker … Sie war nicht allein, würde niemals allein sein. Das eingenähte Medaillon hatte niemand gefunden. Es strömte Liebe aus, die wärmend ihr Herz umschloss. Sie besaß etwas, das Kyra wahrscheinlich nie ihr Eigen nennen würde.
Anna holte tief Luft und betrachtete Kyra verächtlich. »Wie gesagt, du tust mir leid.« Sie drehte sich um, sah den wunderschönen, prächtigen Vogel hinter dem hölzernen Gitter, die winzige Silberblüte auf der anderen Seite. »Bringen wir es hinter uns.«
Ein letzter Blick wanderte zum Tunnel, durch den sie gekommen waren. Sie würden zu spät kommen. Peter würde sein Wort halten und warten, bis er wusste, dass Kyra sie gefunden hatte. Niemand war davon ausgegangen, dass es so schnell gehen würde, dass Kyra den Phönix bereits in ihrer Gewalt hatte, dass keine Zeit bliebe. Trotzdem würde sie jederzeit wieder so handeln. Selbst, wenn sich in Silvanubis vieles veränderte, irgendwann würde jemand der Magierin die Stirn bieten. Aller Voraussicht nach eher früher als später. Dennoch, vieles würde verloren sein, die Passagen würden verschwinden, die Grenzen zwischen hier und der alten Welt unüberwindbar sein. Alexander könnte Mutter und Schwester nicht mehr wiedersehen. Alexander. Anna spürte, wie etwas in ihr zerbrach.
»Wollen wir?« Plötzlich hatte Anna es eilig. Sie wollte nicht zuletzt doch noch den Mut verlieren.
Kyra lächelte kalt. »Einen Moment musst du dich noch gedulden. Wir warten auf einen wichtigen Zuschauer. Noahs Brüderchen müsste jeden Augenblick hier sein. Es muss doch jemanden geben, der deinen neuen Freunden die gute Nachricht überbringt.«
Nun gaben Annas Beine nach. Nico. Ausgerechnet Nico sollte Zeuge des Verbrechens werden. Sollte mit ansehen, wie Kyra sie töten und die Magie vernichten würde, wie sich die wunderbaren Kreaturen der Magierin beugen mussten. Er war der Bote, der seinen Eltern und allen anderen die Nachricht überbringen sollte. Deshalb hatte sie ihn entführt und in ihre Gewalt gebracht. Natürlich brauchte sie einen Zeugen und wer eignete sich dafür besser als ein unschuldiger Junge? Glenns kräftige Hand bohrte sich schmerzhaft in ihren Oberarm, riss sie zum wiederholten Mal heute wieder hoch. Kyra hatte sich vor ihr aufgebaut, ihr Gesicht kaum einen Zentimeter von Annas entfernt.
»Du musst mich nicht bedauern, Anna. Ich brauche niemanden, um glücklich zu sein«, flüsterte sie ihr ins Ohr, drehte sich zu Glenn um und wies auf den leeren
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