Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
das Geschoss zu gelangen. Ihre Fingerkuppen zerschlug ich da auch, um sicherzugehen, dass keine Fingerabdrücke genommen werden könnten, falls man die Hände doch finden sollte. Dann verpackte ich die Körperteile wieder sicher und verstaute sie im Wagen, dass man sie nicht sehen konnte.
Inzwischen war es schon früh und bald müsste ich ganz ›normal‹ zur Arbeit gehen, damit eben auch da nichts auffällt. So fuhr ich nach Hause, wechselte die Kleidung, da ich befürchtete, dass an der, die ich nachts trug, ein ›seltsamer‹ Geruch und/oder ggf. von mir übersehene Blutspuren sein könnten. Ich meine (bin mir da aber auch nicht ganz sicher), auf dem Weg zur Arbeit noch an eine diensthabende Apotheke gefahren zu sein, um da Koffeintabs zu kaufen, um tagsüber in der Fa. nicht wegen des fehlenden Schlafes aufzufallen. Ansonsten verbrachte ich einen ›normalen‹ Arbeitstag. Dachte dabei kaum an das, was ich in der Nacht zuvor getan hatte, und erst am Abend befasste ich mich wieder damit, als ich ihre Hände in eine Stofftasche verpackte und diese in Bremen von einer Brücke in die Weser warf.
Ihr Kopf blieb noch im Wagen, da ich ihn vor der ›Entsorgung‹ noch so weit zerkleinern wollte, dass auch ein zufälliges Auffinden den imaginären Finder an Splitter von Tierknochen, aber nicht an den Kopf eines Menschen denken lassen würde. Das aber konnte ich nicht bei meiner Oma im Keller erledigen, sodass ich mir vornahm, das in Dörverden zu erledigen. In Dörverden war damals das sich noch im Ausbau befindende Haus meiner ›Eltern‹, die mich für das kommende Wochenende darum gebeten hatten, noch Material dorthin zu fahren. Sie selbst wollten aber nicht hinkommen, sodass feststand, dass ich alleine dort wäre.
Warum, weiß ich bis heute nicht, aber statt am nächsten Tag alleine loszufahren, nahm ich auf diese Fahrt die Claudia, meine da schon Ex-(Ex-)Freundin, mit und zerkleinerte den Kopf, während die nichts ahnende Claudia für eine Zeit spazieren gegangen war. Ob ich ihr da oder später etwas über das, was ich der Marianne angetan hatte, gesagt habe, das weiß ich einfach nicht mehr. Selbst wo genau ich die Reste des Kopfes losgeworden bin, kann ich heute nicht mehr sagen, weil ich es einfach nicht mehr weiß. Generell ist die Zeit direkt nach diesem Wochenende ziemlich lückenhaft. Was davon nun verdrängt war und was nicht, vermag ich nicht zu sagen.
Das Gewissen meldet sich
Fakt ist aber, dass sich, nun aber um ein Vielfaches verstärkt, dasselbe Aufflackern von Gewissen (oder dessen Resten) breitmachte. Mir wurde klar, was ich getan bzw. Marianne angetan hatte, und irgendwie auch klar, dass das erst der Anfang sein würde, wenn ich jetzt keinen sicheren Riegel finden würde, mit dem ich verhindern kann, dass es so weitergeht, wie es nun absehbar war. Nur … wie? Wie das bewerkstelligen und auch wie das abwürgen, was zwischendurch immer wieder hochkam?
Denn auch wenn ich mir da sicher war, einen weiteren und dann wohl noch schlimmeren Mord durch mich verhindern zu wollen, so war es auch so, dass eben jenes pervertierte Denken und Fühlen immer wieder aufkam.
Auch hatte ich nicht den nötigen ›Mut‹ oder eher die Konsequenz im Handeln, um zur Polizei zu gehen und mich zu stellen.«
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Nekrophilie: Interview mit Petra Klages
Mark Benecke: Wie halten Sie es aus, mit einem nekrophilen, sadistischen Serienmörder Briefe zu schreiben? Haben Sie da keine Albträume? Oder falls doch: welche?
Petra Klages: Da es zu meinen »üblichen« Arbeiten gehört, neben Interviews mit unterschiedlich motivierten Tätern wie Mördern, Kannibalen, Pädosexuellen und Serienmördern, auch Briefe zu schreiben, habe ich keine Albträume. Schriftliche Nachrichten bieten den Tätern in der Regel die Möglichkeit, ihre Handlungen, die Lebens- und Täterkarriere – häufig auch ihre eigenen Opfererfahrungen – ausgiebig, gründlich und auch unpersönlich distanziert zu reflektieren. Extreme Opfererfahrungen gehören ja meist zur Biografie von Intensivtätern. In persönlichen Gesprächen wirken andere Faktoren, es schwingen auch oft Irritationen mit, das erschwert eine distanzierte und auch möglichst objektive Herangehensweise. Schriftliche Daten sind generell besser auswertbar, eine Kombination aus persönlichen Interviews und Korrespondenz ist eigentlich ideal.
M.B.: War Ihnen von Anfang an klar, dass der Täter nekrophile Handlungen begangen hat?
P.K.: Ich informiere mich generell möglichst umfassend
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