Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
dem ein Gericht glaubte, dass nicht er, sondern eine seiner abgespaltenen Persönlichkeiten eine Verbrechensserie begangen hatte. Deshalb wurde er für schuldunfähig erklärt und in eine Psychiatrie eingewiesen.
1955 kam er als Sohn von Dorothy Sands und John Morrison zur Welt. Er wurde William Stanley Morrison genannt und Billy gerufen. Dorothy war nach einer Scheidung von Ohio nach Miami gezogen. Dort lernte sie den bereits verheirateten John Morrison kennen. Morrison war Unterhaltungskünstler auf kleinen Bühnen. Sie zogen zusammen – wobei sich Morrison nicht scheiden ließ – und bekamen innerhalb von vier Jahren drei Kinder: Jim, William und Kathy.
John war schwer depressiv und alkoholabhängig. Er lieh sich größere Geldsummen und verspielte sie schnell wieder beim Glücksspiel. 1958 versuchte er sich mit einer Überdosis Schlaftabletten, die er mit Whisky herunterspülte, umzubringen. Dorothy fand ihn noch rechtzeitig und er kam in eine Psychiatrie. Einige Monate später starb er bei einem zweiten Selbstmordversuch. Billy war zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alt.
Dorothy zog mit ihren Kindern zurück nach Ohio, wo sie ihren geschiedenen Exmann nochmals heiratete. Nach einem Jahr ließ sie sich wieder scheiden und begann eine Beziehung mit dem ebenfalls geschiedenen Chalmer Milligan. Die beiden heirateten 1963, als Billy, der nun den Nachnamen Milligan erhielt, acht Jahre alt war.
Später behauptete Billy Milligan, sein Stiefvater hätte ihn mehrfach sexuell missbraucht und angedroht, ihn bei lebendigem Leib zu begraben, wenn er es jemandem erzählen würde. Der Stiefvater,der Billys Aussagen noch miterlebte, bestritt das und wurde nie verurteilt. Billys Bruder deutete als Zeuge vor Gericht allerdings an, auch vom Stiefvater missbraucht worden zu sein. Billy sagte später, dass der sexuelle Missbrauch in ihm die Persönlichkeitsspaltung ausgelöst hätte.
Schon als Kind verhielt sich Billy Milligan auffällig. Er schwänzte die Schule, hatte Wutausbrüche und verfiel in Tagträume, während derer er nicht ansprechbar war. Wegen des auffälligen Verhaltens durfte er vorübergehend die Schule nicht mehr betreten. Seine Mutter und der Stiefvater brachten ihn daraufhin in eine Psychiatrie. Nach drei Monaten wurde er entlassen, weil er Wutausbrüche hatte und die Behandlung der anderen Patienten störte.
Mit siebzehn verließ er ohne Abschluss die Schule und ging zur Marine. Dort wurde er nach einem Monat entlassen, weil er sich nicht an die Regeln halten wollte. Kurz darauf wurden er und ein Freund von ihm zum ersten Mal wegen Vergewaltigung angezeigt. Zwei Frauen sagten, die beiden jungen Männer hätten sie mit dem Auto mitgenommen und vergewaltigt.
Milligan und sein Freund sahen die Geschichte anders. Sie behaupteten, die beiden Frauen hätten an der Straße gestanden und ihnen käuflichen Sex angeboten. Dazu wären sie gemeinsam weitergefahren. Milligan fühlte sich von den Frauen aber nicht körperlich erregt und konnte nicht mit ihnen schlafen. Deshalb wollte er auch nicht bezahlen. Die Frauen wären deshalb wütend geworden und hätten ihn wegen Vergewaltigung angezeigt.
Das Gericht glaubte den Frauen und schickte Milligan für sechs Monate in ein Jugendgefängnis. Außerdem wurden seine Personendaten samt Foto in ein Verzeichnis für Sexualstraftäter aufgenommen. Nach der Entlassung begann er als Wachmann für einen Drogen- und Waffenhändler zu arbeiten. Mit zwanzig überfiel er einen Laden, wurde verurteilt und kam für zwei Jahre ins Gefängnis.
Sechs Monate nach seiner Entlassung begann er eine Reihe von Vergewaltigungen auf dem Gelände der Ohio State University. Im Oktober 1977 bedrohte Milligan eine Studentin auf dem Universitätsparkplatzmit einer Waffe und zwang sie in ein Wäldchen. Dort vergewaltigte er sie. Acht und zwölf Tage später tat er dasselbe mit zwei anderen Studentinnen. Eine der Frauen erkannte sein Gesicht in dem Sexualstraftäterverzeichnis, das ihr die Polizei zur Durchsicht gab. Außerdem hatte Milligan seine Fingerabdrücke am Auto eines anderen Opfers hinterlassen.
Der Polizist, der Milligan bei der Verhaftung seine Rechte vorlas und ihn zur Wache fuhr, sagte später, der Verdächtige habe auf ihn gestört gewirkt. Dem Polizisten kam es vor, als würde er mit mehreren verschiedenen Personen sprechen und nicht mit einer. Wegen seines merkwürdigen Verhaltens wurde Milligan von mehreren Psychiatern untersucht. Dabei zeigte er verschiedene Persönlichkeiten, die
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