Aus der Hölle zurück
hatten sie angefangen – bereits fünf Opfer an der Mauer des Blocks lagen.
Dreimal umrundeten wir den Platz zwischen den Blocks 9 und 10 , aber den SS -Leuten und Skrzypek war das noch zu wenig. »Schneller, schneller, ihr verfluchten Hundesöhne! Diese verfurzte Intelligenz! Schneller, ihr verlausten Scheißer!« rief der Blockälteste. Der Lauf ging weiter. Erneut zwei Runden. Und noch mal zwei. An der Wand lagen jetzt schon zehn. Plötzlich rief Skrzypek: »Halt! Zu zehnt aufstellen zum Appell, aber rasch!« Im Lager mußte alles hastig erfolgen. Am Ende formierten wir uns, reichlich bedacht von den Knüppeln der Sadisten. Wir atmeten heftig. Trotz der dünnen Drillichkluft waren unsere Rücken schweißnaß. Mühsam schnappten wir nach Luft. Und obendrein quälte uns der strenge Frost.
Indessen eilte Skrzypek kurz in den Block. Es sah aus, als hänge noch etwas in der Luft. Und so war es dann auch. Dem Block näherten sich sechs Häftlinge der Effektenkammer mit Tragen, auf denen sie »frische« Wäsche herbeischleppten. Skrzypek stand wieder vor dem Block und ordnete an: »Alle die Kleidung ausziehen und fünf Schritte vor!« Nach dem teuflischen Lauf war noch niemand abgekühlt, und nun sollten wir uns ausziehen. Doch was half es? Als wir den Befehl ausgeführt hatten, kam der nächste: »Hemden und Unterhosen aus, alle! Ihr dürft nur Schuhe oder Pantinen anbehalten. Die Hemden zusammenlegen und antreten auf der Lagerstraße! Aber dalli!«
Darum also ging es! Nach dem Lauf verschwitzt und vor Kälte zitternd, zogen wir uns hastig ganz aus, um nur den Blockältesten nicht zu reizen. Der trieb alle mit dem Knüppel an, und wer von uns dem Befehl nicht schnell genug nachkam, bezog zusätzlich Prügel. Aufgeregt, vor Kälte zitternd, stellten wir uns in Zehnerreihen auf der Lagerstraße auf. Der Blockführer suchte sich unterdessen ein Opfer heraus und erstickte mit dem Knüppel den letzten Funken Leben in ihm. Schließlich sackte er zu Boden. Skrzypek rief sofort zwei nackte Häftlinge herbei, die die Leiche zur Mauer des Blocks tragen sollten. Dort lagen bereits ungefähr fünfzehn Menschen.
Einer der Stubenältesten jagte mehrere Häftlinge los, damit sie die Kleidung auf die Tragen zum Entlausen luden. Unterdessen sammelten andere die Unterwäsche ein. Die Entlausungsaktion ging weiter. Skrzypek gab den nächsten Befehl: »Rund um den Platz, im Laufschritt marsch!« Wir waren verblüfft, aber zum Nachdenken war keine Zeit. Die erste Reihe begann im gemächlichen Trott zu laufen. Ihr folgte die zweite Reihe. Den Peinigern war der Lauf zu langsam. Sie stürzten sich auf die Schwächeren am Ende und ließen ihre Knüppel tanzen. »Schneller, schneller!« wiederholten die SS -Leute den Befehl des Blockältesten.
Splitternackt umrundeten wir fünfmal den Platz zwischen den Blocks. Dann ließ uns der Blockälteste kurz anhalten, zählte unter den vorne Befindlichen die ersten Dreißig ab und schickte sie zum Block. Den Rest der Häftlinge trieb er zum Weiterlaufen an. Vor mir befanden sich noch sechs Zehnerreihen. Die SS -Leute feixten vor Vergnügen über das gelungene »Spiel«, während wir nach wie vor liefen.
Schon jetzt spürte man trotz des Frostes einfach nichts mehr, höchstens ein Stechen in der Lunge. Das Ganze dauerte über drei Stunden. Wie ich es ausgehalten habe, weiß ich selber nicht. Nur nicht hinfallen! Nur nicht auffallen! Wer hinfiel, der war verloren. Einer der Häscher stürzte sofort auf ihn zu. Die Fertiggemachten wurden sogleich zum Block geschleift, wo der Stoß der zu Tode Gequälten ständig größer wurde. Der Blockälteste gab das Zeichen für die nächsten, die zum Block gehen sollten. Der Rest lief weiter. Von einer Dreißigergruppe bis zur nächsten dauerte es etwa 20 Minuten – überschlug ich. Mit der nächsten Gruppe würde ich zum Block gehen. O Gott, warum dauerte das nur so lange! Warum kann man nicht schneller alle zum Block treiben und dort die frische Wäsche ausgeben? Noch zwei Runden, noch eine! Ich war fix und fertig. Mein Kopf war wie eingefroren, mein Körper nicht mehr der meine. Ich konnte nur noch röcheln, aber als ich den Befehl hörte »Die nächsten zum Block!« war ich der erste an der Tür des Blocks.
Am Eingang zum Waschraum standen zwei SS -Leute, und Skrzypek begrüßte uns mit den Worten: »Nur nicht so drängeln, ihr Hurensöhne! Euch ist wohl kalt, was? Vielleicht noch ein paar Runden?« drohte er. Rasch stellten wir uns einigermaßen
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