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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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mit Kies beladen sollten.
    Das Wetter war scheußlich. Es fiel ein leichter Schauerregen. Die SS -Leute hatten sich entlang des Flußufers aufgestellt, so daß sie die Gruppe von oben her beobachten konnten. Gleichzeitig waren wir durch den Flußlauf eingeschlossen. Die SS -Leute hatten Regenmäntel oder Umhänge an und rauchten von Zeit zu Zeit eine Zigarette. Wir aber hatten in dem Regen, in unserer dünnen Kluft und den »mit Wind gefütterten« Mänteln nach drei Stunden Arbeit keinen trockenen Faden mehr am Leibe. Die Häftlinge arbeiteten im Schneckentempo, hin und wieder angefeuert vom Kapo oder von den beiden Vorarbeitern, die ihr übliches »Los, los! Bewegt euch!« brüllten. Aber das machte weder auf die Häftlinge noch auf die SS -Leute irgendwelchen Eindruck. Das Wetter nahm den Häftlingen die Lust zur Arbeit und den Aufsehern die Lust zum Antreiben.
    Mehr Erregung kam auf, als mit einem Lastwagen die Suppenkessel gebracht wurden. Der Kapo pfiff zur Mittagspause, und das Essen wurde verteilt. Es regnete weiterhin, und die unangenehme Kälte durchdrang den Körper bis aufs Knochenmark. Wie rasch sich doch das Schicksal des Menschen wendet! – dachte ich mir. Gestern noch hatte ich im Magazin auf dem Bauhof Rübenstückchen von meinen Kollegen bekommen und unter einem Dach gearbeitet. Das war ein Augenblick der Entspannung gewesen, gleichsam um wieder zu Atem zu kommen. Leider war dies ein sehr kurzer Augenblick.
    Nachmittags, während der Arbeit am Fluß, fielen irgendwo seitlich plötzlich zwei Schüsse und gleich darauf noch einer. Irgendein Häftling hatte die Postenkette übertreten und war erschossen worden. Er hatte offensichtlich genug von der eintönigen, hoffnungslosen Arbeit gehabt. In den nächsten Tagen kam das noch dreimal vor. Die ausgemergelten Häftlinge wählten freiwillig den Tod. Sie bereiteten ihrer Qual ein Ende.
    Die Rückkehr ins Lager erfolgte gegen vier. Wir gingen in der langsam einbrechenden Dämmerung zurück. Am Ende der Kolonne wurden – wie immer – die von den SS -Leuten und Kapos erschossenen oder erschlagenen Leidensgefährten mitgeschleppt.
    Nachdem man den ganzen Tag im Regen gearbeitet hatte, bedeutete das Warten auf den Abendappell eine zusätzliche Pein. Der Abendappell dauerte gewöhnlich sehr lange. Sein Ende war eine riesige Erleichterung. Nun mußte man daran denken, wie man bis zum Morgen die Kleidung trocknen und sich selbst halbwegs in Ordnung bringen konnte.
    Als ich mich zur Entgegennahme des Brotes in meiner Stube meldete, erfuhr ich, daß ich in einen anderen Block verlegt worden sei. Der Diensthabende sagte mir, daß ich mich nach dem »Tee«-Fassen beim Blockschreiber melden sollte. Zusammen mit mehreren »Neuen« wurde ich zum Block 8 geschickt. Blockältester war dort der Häftling E. Bednarek, ein Volksdeutscher. Zur Begrüßung brüllte er uns an, warum wir so spät gekommen seien. Seine vollkommen sinnlose Wut ließ er an dem Schreiber aus, der uns hergebracht hatte. Am Ende befahl er uns, in einen der Räume hineinzugehen. Der Stubenälteste eröffnete uns, daß in diesem Block Gruppen schwer arbeitender Häftlinge wohnten und daß hier strenge Disziplin, Sauberkeit und Ordnung herrschten. Er teilte uns mit, daß wir am nächsten Tag ordentliche, besohlte Schuhe bekommen und endlich die Holzpantinen loswürden, durch die wir Wunden an den Hacken bekommen hatten.
    In dem Raum, in dem wir schliefen, gab es Strohsäcke. Diese Veränderung nahmen wir ohne Begeisterung auf. Die feuchte, restlos durchnäßte Kleidung mußten wir entsprechend der Lagerordnung vorschriftsmäßig zusammenfalten und unter den Kopf legen. In Hemd und Unterhose deckten wir uns für die Nacht mit Decken zu. Die von der Körperwärme zum Dampfen gebrachte Kleidung rief eine abscheuliche, ungesunde Feuchtigkeit hervor. Darüber hinaus entdeckte ich morgens Läuse unter dem Hemd. Ein Tag und eine Nacht genügten, und am nächsten Morgen war ich erkältet. Außerdem merkte ich, daß ich immer öfter austreten mußte. Ich versuchte, mich sauberzuhalten, aber nach zwei, drei Tagen verspürte ich den von mir selbst ausgehenden gefährlichen Gestank, den man bei den heruntergekommenen, schlecht aussehenden und entkräfteten Häftlingen wahrnehmen konnte. Mein Entsetzen war um so größer, als ich mich in der zum Morgenappell angetretenen Häftlingskolonne nicht beherrschen konnte und mir in die Hosen machte. Ich konnte es beim besten Willen nicht verhindern.
     
    Es kostete

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