Aus der Tiefe: Odyssey 2 (German Edition)

– doch nach einem Monat unter Sonneneinstrahlung hätte die lichtempfindliche Struktur der adaptiven Tarnkappen-Panzerung schon die Hälfte ihres Wirkungsgrads verloren.
    Stephen konnte einfach nicht anders, als hin und wieder einen finsteren Blick auf die Techniker und die geduldig wartenden Brennstofftanks zu werfen. Er war sich bewusst, dass er etwas desillusioniert war, und er wusste auch, dass es den anderen Angels ähnlich ging. Sie hätten eigentlich auf der Odyssey bei ihrem Kapitän sein müssen. Stattdessen saßen sie auf dieser fremden Welt fest und warteten darauf, dass irgendwelche Desktop-Drucker eine verdammte Düse für eine Kraftstoffpumpe ausspuckten.
    Er kannte den Grund für Erics Verschwinden, aber das hieß noch nicht, dass er ihm auch gefiel.
    »Überprüfen Sie gerade Ihren Vogel?«
    Steph drehte sich halb um und verdrehte die Augen angesichts des suggestiven Tonfalls in Jennifer »Cardsharp« Samuels Stimme. »Klar doch.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Klar doch«, wiederholte er, ohne sich aus der Reserve locken zu lassen. »Aber was machen Sie denn hier unten, Jen?«
    »Ich kontrolliere meinen Vogel«, erwiderte sie und zuckte lächelnd die Achseln. »Das ist so ein Tick von mir.«
    »Ich weiß. Ich könnte mir vorstellen, dass wir alle heute ein paarmal herkommen werden – zumindest, bis sie wieder betankt sind.«
    Er wusste, dass Jennifer, auch wenn das von der Logik her gar keinen Sinn ergab, sich besser fühlen würde, wenn ihr Jäger nicht länger am Boden festsaß. Mit dem Bewusstsein, dass sie jederzeit mit einem Alarmstart abheben konnte, würde ihre Stimmung rapide steigen. Nicht dass die Tatsache, dass die Maschinen hier sozusagen auf Eis lagen, sich dadurch grundlegend geändert hätte. Bisher hatten die örtlichen Behörden sich bei der Versorgung mit Brennstoff und Proviant durchaus kooperativ gezeigt. Jedoch war den meisten Leuten, die eigentlich zur Odyssey abkommandiert waren, nicht sehr wohl dabei, sich auf ein fremdes Frühwarn-Netzwerk verlassen zu müssen, während sie im Zentrum eines Kriegsgebiets saßen. Nicht, dass sie der Technologie der Priminae grundsätzlich misstrauten. Aber es war von Anfang an klar gewesen, dass der Feind alle Tricks der Primmies kannte. Sein Waffenarsenal, seine Panzerung und Taktik waren allein gegen die Primmies ausgelegt. Genau deshalb hatte die Odyssey so leichtes Spiel mit den Drasins gehabt.
    Sie saßen also auf einer Welt fest, von der Michaels wusste, dass sie eine einzige Zielscheibe war. Aus diesem Grund waren sie alle heilfroh, dass die Odyssey da draußen unterwegs war und aufpasste.
    Tanner betrat die Kommandozentrale des Systemverteidigungs-Netzwerks, nachdem er durch ein Alarmsignal der Nachtschicht dorthin bestellt worden war. Eigentlich hatte er nach den jüngsten Ereignissen endlich auf eine ungestörte Nachtruhe gehofft; doch er wunderte sich nicht groß darüber, dass sie ihm wieder nicht vergönnt war. Trotz allem war er ziemlich zufrieden, wie die Dinge sich entwickelt hatten, und hätte fast ein Glücksgefühl verspürt. Doch gerade weil es so gut lief, befürchtete er, dass sich wieder eine Katastrophe anbahnte und bald über ihn hereinbrechen würde.
    »Was gibt’s denn?«, fragte er schroff, als er den Raum betrat.
    »Kontakt an der ersten Systemverteidigungslinie, Admiral.«
    Tanner sah zu der Projektion hinüber, und dann fiel sein Blick auf das Signal, von dem der junge Offizier sprach. Die Lichter zeigten ein antriebsloses Objekt, das die äußere Linie kreuzte. Er verfolgte aufmerksam seine Bahn und erkannte schließlich, dass dieses Objekt sich auf einem ballistischen Kurs direkt in Richtung Ranqil befand.
    »Ein natürlicher Himmelskörper?«, fragte er, wobei deutliche Skepsis in seiner Stimme mitschwang.
    »Nein, Sir. Kein Objekt dieser Größe könnte sich Ranqil nähern, ohne schon viele Orbits zuvor entdeckt worden zu sein.«
    Tanner nickte. Das war ihm eigentlich schon bewusst gewesen. »Dann wollen sie uns also durch einen Kometeneinschlag zerstören?«
    »Scheint so, Admiral.«
    »Arme Irre«, sagte Tanner. »Schicken Sie einen Lastenschlepper los, um das Objekt vom Kollisionskurs abzubringen.«
    »Gewiss, Admiral.«
    »Veranlassen Sie auch, dass die Cerekus als Schutz für den Schlepper abgestellt wird«, befahl Tanner nach kurzer Überlegung. »Es könnte sich um eine Falle handeln.«
    Nachdem Tanner die Befehle erteilt hatte, trat er zurück und nahm an seiner persönlichen Station Platz. Er griff