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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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Wunder, dass Vern in einer Art innerem Exil lebte. Wenn sich das Leben so gegen einen verschworen hat und man endlich etwas findet, das einem den Glauben an ein Wunder zurückgibt, muss man es um jeden Preis verteidigen. Denn man ist von bösen Zungen umgeben, und Güte ist nicht so allgegenwärtig, wie wir gerne glauben.
    Vern. Eine Woche verging, und noch immer bekam ich nicht mehr als einen einsilbigen Gruß zu hören. Sei’s drum. Eine zweite Woche verging, als ich per E-Mail eine Anfrage von ihm bekam. Es ging um die Anschaffung der vollständigen Mozart-Edition von Philips, die hundertachtzig CD s umfasst. Er schrieb:
    Wenn es nach mir ginge, würde ich jedes Werk einzeln kaufen – aber das wäre eine Verschwendung von Steuermitteln. Die Edition ist für 400 Dollar im Angebot. Ich halte sie für äußerst bedeutend und für eine wichtige Ergänzung unserer Sammlung. Es handelt sich durchweg um sehr überzeugende Interpretationen von Mozarts Werken.
    Ich hoffe, Du wirst die Anschaffung genehmigen.
    Vernon.
    Ich schrieb zurück:
    Genehmigt. Gibt es nicht auch vollständige Bach-, Beethoven- und Schubert-Editionen? Bei dem von Dir genannten Preis scheint mir das ein echtes Schnäppchen zu sein. Bitte erkundige Dich und gib mir Bescheid.
    Sonst alles gut?
    Er schrieb zurück:
    Die Bach-, Beethoven- und Schubert-Editionen kosten ebenfalls je 400 Dollar und wären eine hervorragende Anschaffung. Die Beethoven- und Schubert-Klaviersonaten wurden beispielsweise von Brendel, Kovacevich, Lupu und Uchida eingespielt … also von den größten zeitgenössischen Pianisten. So gesehen wären es die idealen Aufnahmen für uns.
    PS: Ich habe zwei Karten für das Angela-Hewitt-Konzert am nächsten Donnerstag. Hättest Du Zeit?
    Meine Güte, Vernon Byrne wollte mit mir ausgehen! Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich wusste nur, dass Angela Hewitt die größte kanadische Pianistin seit Glenn Gould ist. Und sie würde hier in Calgary auftreten, Vern hatte noch eine Karte übrig, also warum nicht?
    Ich schrieb zurück:
    Die Anschaffung der vollständigen Editionen von Bach, Beethoven und Schubert ist genehmigt. Und ja, ich würde mich riesig freuen, wenn ich Dich auf das Hewitt-Konzert begleiten darf. Aber nur unter einer Bedingung: Ich lade Dich zum Abendessen ein!
    Er schrieb zurück:
    Nein, das Abendessen geht auf mich. Ich habe einen Tisch im Teatro reserviert. Bis dann!
    Ich muss Vern zwischen der Einladung und dem Abendessen bestimmt ein halbes Dutzend Mal über den Weg gelaufen sein. Jedes Mal, wenn ich ihn sah, versteifte er sich und nickte mir nur zur Begrüßung zu. Am liebsten hätte ich ihm gesagt: Es ist nur ein Abendessen und ein Konzert. Hör auf, so zu tun, als hätten wir eine Affäre und ich wäre mit einem schießwütigen Alkoholiker und extrem eifersüchtigen Marinesoldaten verheiratet …
    »Wissen Sie, ich glaube, Vern ist richtig eingeschüchtert von Ihnen«, sagte mir Ruth am Tag vor dem Konzert.
    »Wie kommen Sie darauf?«, fragte ich.
    »Weil er jedes Mal die Augen niederschlägt, wenn Sie auftauchen.«
    »Vielleicht gibt es interessantere Dinge zu sehen.«
    »Vielleicht ist er verknallt in Sie.«
    »Vielleicht sollten Sie aufhören, sich so zu benehmen, als gingen wir noch zur Highschool. Er ist eben schüchtern, mehr nicht.«
    Und nervös. Er spielte bereits mit einem vollen Whiskeyglas, als ich das Teatro betrat. Es war eines der schicksten Lokale von ganz Calgary, lag nur einen Block weit von der Bibliothek entfernt – und direkt gegenüber der Jack Singer Concert Hall, in der Miss Hewitt heute Abend auftreten würde. Ich war ein paarmal vorbeigegangen und hatte nie einen Blick hineingeworfen, geschweige denn auf die Speisekarte. Schicke Restaurants hatten noch nie zu meinem Leben gehört, nicht einmal in der kurzen Zeit, als ich bei Freedom Mutual gearbeitet und wie blöd verdient hatte. Aber ich hatte mich für diesen Abend schön gemacht, trug einen längeren schwarzen Rock, einen schwarzen Rolli und schwarze Stiefel. Als ich in dieser Aufmachung zur Arbeit erschienen war, hatten mich Babs und Ruth sofort gefragt, ob ich heute ein Date hätte.
    Ich lächelte nur und schwieg. Aber als mich der Maître des Restaurants an der todschicken Bar vorbeiführte und in einen Speisesaal begleitete, der auf dem Titelblatt einer Designerzeitschrift abgebildet sein könnte, fiel mir auf, dass Vern locker als mein Vater durchgehen könnte. Er trug sein übliches Tweedjackett zum karierten Hemd mit

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