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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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Ordnung. Und White Trash gibt es überall – nur dass bei uns jetzt sensationshungrige Journalisten wie Sie im Dreck rumstochern … Letzteres war natürlich nicht persönlich gemeint.«
    Ich war begeistert, auf Missy Schulder gestoßen zu sein, die sich mit ihrem Sarkasmus spürbar wohlfühlte.
    »Könnten wir uns vielleicht doch irgendwo auf einen Kaffee treffen, wenn ich in Townsend bin?«
    »Auf keinen Fall«, sagte sie. »Ich möchte hier schließlich wohnen bleiben. Wenn ich mit einem elenden Schnüffler gesehen werde, bin ich erledigt. Dafür gebe ich Ihnen noch zwei Tipps: Da Sie aus Vancouver sind, könnten Sie sich vielleicht in den heruntergekommenen Häusern unweit der East Hastings umhören. Angeblich sollen dort sowohl Hildy als auch Mimi untergetaucht sein. Junkies. Und mein zweiter Hinweis ist der von vorhin: Behalten Sie die Frau im Auge. Sie ist die Böse in dieser Geschichte. Aber wenn Sie mich damit zitieren …«
    »Keine Angst, das wird nicht passieren«, beruhigte ich sie.
    Nach dem Anruf ging ich ins nächste Internetcafé und recherchierte alles, was ich zu Hildy Krebs und Mimi Pullinger finden konnte. Sämtliche Informationen, die mir Missy Schulder gegeben hatte, waren korrekt. Das galt für die Probleme, die sich die Mädchen eingehandelt hatten, für ihre dämlichen Freunde und dafür, dass sie im Abstand von drei Jahren verschwunden waren, ohne dass es einen erkennbaren Zusammenhang gegeben hätte. Erst jetzt waren diese Vermisstenfälle durch Ivy MacIntyre wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangt.
    Ich druckte alles über die beiden vermissten Mädchen aus und überlegte, ob ihre Eltern wohl eine angebliche Journalistin der Vancouver Sun empfangen würden. Dann googelte ich alles, was ich zu Michael MacIntyre finden konnte. Nichts davon war in irgendeiner Weise interessant. Er gab an, seinen Vater zu hassen, war sich jedoch sicher, dass er Ivy niemals etwas antun würde … Aber was änderte das schon? Nicht das Geringste. In so einem Fall wollen alle, dass der Bösewicht schnellstmöglich gefunden und bestraft wird. Deshalb erzählen sie alles Mögliche – Hauptsache, es erfüllt seinen Zweck. Und ihrer Meinung nach war George MacIntyre eindeutig der Mörder.
    Auf der Fahrt nach Townsend berichtete CBC , der Lokalsender Calgarys, dass die Ermittlungen in Calgary, wo Mr MacIntyre nach wie vor festgehalten wurde, und in Townsend fortgesetzt würden. Bestimmt untersuchte gerade ein Team aus Forensikspezialisten jede Faser in jedem Winkel von Georges Werkstatt.
    Jawohl, nehmt jedes Detail genau unter die Lupe! Und wenn ihr schon dabei seid, könnt ihr auch gleich auf Missy Schulder hören und euch die Frau ansehen.
    Und genau das hatte ich vor, falls Brenda MacIntyre bereit wäre, mich zu treffen.
    Die Straße wand sich durch Calgarys endlose Vororte. Dann machte sie plötzlich eine Kurve, und ich fand mich inmitten von Feldern wieder. Obwohl ich gern aufgeschaut und mir die Landschaft angesehen hätte, wusste ich, dass mich das bestenfalls verstört hätte. Es ist schon erstaunlich, wie sehr man sein Blickfeld einschränken und sich einfach nur auf das Asphaltband vor sich konzentrieren kann, wenn es unbedingt sein muss.
    Als ich Townsend erreichte, sah ich endlich auf. Es war einer der Orte, die man bereits verpasst hat, wenn man zweimal blinzelt: eine Reihe von Tankstellen, die üblichen Fastfoodrestaurants; eine kurze Hauptstraße mit gesichtslosen Betonbauten und ein paar übrig gebliebene Ziegelhäuser aus den 1950er-Jahren; eine Bank; ein Supermarkt; ein Laden für Outdoor-Equipment; ein altmodisches Mom-and-Pop-Restaurant; eine mitleiderregende Buchhandlung, die sich hauptsächlich auf Taschenbuch-Bestseller spezialisiert hatte (aber immerhin eine Buchhandlung); eine Kneipe. Ich erwog, den alten Reportertrick anzuwenden, hineinzugehen und dem Besitzer in einem Gespräch mehrere nützliche Informationen zu entlocken. Aber Kleinstädte haben ihre eigenen Buschtrommeln, und ich wollte nicht, dass sich meine Anwesenheit zu schnell herumsprach. Besser, ich verhielt mich unauffällig.
    Dwane Poole wohnte in einer Seitenstraße unweit des hässlichen Highschool-Betonblocks, den auch Ivy besuchte. Er besaß ein schlichtes Haus mit kleinem Garten, der größtenteils von einer separaten Garage eingenommen wurde. Aus der Garage kam das Kreischen einer Kreissäge, also ging ich zur Tür. Sie war offen. Poole war in der Garage, trug eine Schutzbrille und schob gerade ein großes

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